Die diesjährige PC Expo in New York vom 26. bis zum 30. Juni trug ihren Namen wohl nicht ganz zu Recht. Im Mittelpunkt standen nicht die beigen Kisten, sondern jede Menge drahtloser Handheld-Geräte. In den Ausstellungshallen suchte man namhafte Hersteller wie Compaq,
Dell oder Micron vergebens. Sie hatten sich in die umliegenden Hotels zurückgezogen und zeigten ihre Produkte den Medien im Rahmen von Begleitshows. Dies nicht zuletzt aus Kostengründen: Ein Stand kostet unterdessen gut und gern eine Million Dollar. Wegen der exorbitanten Kosten musste bereits auch die weltweit grösste Computermesse, die Comdex, eine Abwanderung wichtiger Hersteller hinnehmen.
Dennoch war die Branche in New York vertreten. In der Halle zeigten
Intel,
AMD,
IBM, Gateway,
Cisco und andere ihre Produkte, während Compaq dieses Jahr nicht selber ausstellte, aber an den Ständen vieler Dritthersteller präsent war.
Mittelpunkt vieler Diskussionen war Transmeta mit den Crusoe-Prozessoren. Verschiedene Hersteller zeigten Crusoe-basierte Notebooks, IBM etwa einen Thinkpad mit «Crusoe inside». Leo Suarez, IBMs PM Mobile Systems Worldwide, versprach: «Wenn die Kunden positiv reagieren, werden wir im Herbst ein Crusoe-basiertes Modell einführen.» Auch Compaq und Gateway zeigten Crusoe-Produkte. Ein Erfolg von Transmeta in diesem Markt wäre ein echter Meilenstein, war doch bisher niemand in der Lage, Intel im Businessmarkt ernsthaft herauszufordern.
Dell wireless
Auch Michael Dell versicherte, dass er die Transmetaprozessoren «sehr, sehr genau» anschauen werde. Er mochte sich aber noch nicht auf konkrete Pläne und Produkte festlegen: «Der geringe Energieverbrauch macht Crusoe interessant. Anderseits arbeitet er mit einer (Windows-)Emulation, und Emulationen brachten bisher nie die erhoffte Leistung.»
Lieber befasste sich Dell mit dem drahtlosen Internetzugang, den er als die Zukunft des Portable Computing bezeichnete. Breitbandfunk werde die Übertragung über Kabel bald überall ersetzen. Um die Ernsthaftigkeit seiner Aussage zu betonen, wies er darauf hin, dass er soeben eine neue «Wireless Group» geschaffen habe, die vom früheren Motorola-Mann Moe Grzelakowski präsidiert werde und direkt an ihn rapportiere. Im Dell Hauptquartier in Texas werde Breitbandfunk überdies bereits versuchsweise eingesetzt. «Wenn Sie das erst einmal benutzt haben, wollen Sie nichts mehr anderes», begeisterte sich
Dell, «erst so ist ein Notebook wirklich unabhängig.»
IBM am Handgelenk
Auch
IBM sieht die Zukunft bei Geräten, die möglichst unabhängig machen. Etwa im Prototyp einer «Uhr», die in der Lage ist, Daten und Bilder mit einem Portable oder einem PC zu synchronisieren. Da die Watchpad aus der gleichen Abteilung stammt, die auch das Microdrive produziert, dürfte Speicherkapazität selbst bei dieser extremen Miniaturisierung kein Problem sein. Erst eine Woche zuvor hatte IBM ein 1GB-Microdrive gezeigt. Der Prototyp der Watchpad ist noch über Kabel mit dem PC verbunden, doch bereits die nächste Version soll mit Bluetooth arbeiten und keine Drahtverbindungen mehr benötigen.
IBM zeigte zudem ein kabelloses Gerät für das Check-In, das bereits in Zusammenarbeit mit der Swissair getestet wurde: Statt sich in die Schlange am Schalter zu stellen, ist es mit dem Gerätchen möglich, gleich beim Betreten des Flughafens über die Aironet-Stationen im Terminal mit dem Mainframe Kontakt aufzunehmen und das Ticket zu buchen. Ein Boarding-Pass wird ebenfalls nicht benötigt, das Gerät identifiziert den Passagier für den Boarding-Computer.
Keine PC-Dämmerung
Ralph Martino, Vice President of Strategy and Marketing für IBMs Personal Systems Group, glaubt aber nicht, dass der PC nun verschwinden werde. Er ist im Gegenteil überzeugt, dass die Informationsstruktur auch weiterhin um den PC kreisen wird: «Anders ist es gar nicht möglich, mit allen möglichen Geräten auf die Information zuzugreifen. Der PC wird in drahtlosen Netzwerken und bei Breitbandzugriffen auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.»
Die Untersuchungen der Marktforscher geben ihm recht. eT-Forecasts etwa sagt voraus, dass bis 2005 zwar 55 Prozent der Internetnutzer Appliances benutzen werden, dass aber auch die PC-Verkäufe wegen der Unterstützung für die neuen Geräte ansteigen werden. Um die beigen Kisten endgültig abzuschreiben, dürfte es – entgegen dem Eindruck auf der Messe – noch etwas zu früh sein. (fis)