Gateway und AOL haben sich entschieden, ihre schon im April als Prototyp gezeigte gemeinsame Internet-Appliance (IA) mit den neuartigen Crusoe-Prozessoren von Transmeta auszurüsten. Als Betriebssystem ist «Mobile Linux» vorgesehen, eine ebenfalls von Transmeta unter Federführung von Linux-Vater Torvalds entwickelte, «leichte» und stromsparende Linux-Variante.
Gateway betont jedoch, dass die IA keinesfalls ein Ersatz für einen vollwertigen PC sei. Sie soll dem Benutzer in erster Linie – ganz im Sinne der «AOL Anywhere»-Strategie – die verschiedenen Internet-Zugriffe erleichtern, die er laut AOL im täglichen Leben benötigt. Das Gerät wird automatisch «Instant AOL» laden, eine vereinfachte Version der AOL-Software. Damit werden populäre AOL-Inhalte angeboten sowie Features wie E-Mail, News und personalisierte Dienstleistungen für Heimanwender.
Die IAs benutzen den Gecko-Browser von Netscape. Gecko ist nur halb so gross wie der Netscape Communicator, dafür schneller und einfacher zu benutzen. Die Gecko-Technologie gilt als Schlüsselkomponente von «AOL Anywhere». Die Geräte werden nicht vor 2001 erhältlich sein. Gateway und AOL wollen sie dann über ihre verschiedenen Distributionskanäle vertreiben: Der Internetdienst AOL an seine Mitglieder, Gateway über ihren Internet-Direktverkauf und über Retailer.
Wintel Duopol gebrochen?
Transmeta hatte ihre neuartigen Prozessoren Crusoe 3120 und 5400 nach fünf Jahren Geheimnistuerei vor allem im Hinblick auf die kommenden Internet Apliances lanciert. Preise, Grösse und wenig Wärmeabstrahlung machen Crusoe für mobile Geräte besonders geeignet.
In den Reaktionen auf die Ankündigung wurde vor allem der Entscheid gegen
Intel betont. Da für viele Benutzer das Internet der einzige Grund für einen PC-Kauf darstellt, seien einfachere Geräte wie die AOL-Appliance ein vielversprechender Weg, das Wintel Duopol zu brechen. Transmeta-Chef David Ditzel bläst natürlich ins gleiche Horn und verkündet: «Der Begriff Internet Appliance ist zu einem Codewort für ‘no Windows’ geworden».
Gartner: Wintel-PCs sterben nicht aus
Die Marktforscher der Gartner Group argumentieren da differenzierter: «Der Entscheid von Gateway für Transmeta und Linux bedeutet nicht das Ende von Wintel. Allerdings zeigt er, dass ein wachsender Markt mit unterschiedlichen Kundenansprüchen entsteht. Dabei erweisen sich PCs als noch immer zu kompliziert und zu teuer, um mit Heimgeräten wie Fernsehapparaten oder HiFi-Anlagen mithalten zu können.»
Da «Mobile Linux» die Komplexität vor dem Anwender versteckt, wird es in Geräten, die den Desktop-PC ergänzen, wie Webtops, Webpads, Handys und PDAs zu einer valablen Alternative. Mit dem Transmeta Chip und Linux als Betriebssystem können Gateway und AOL von tieferen Komponenten- und Lizenzkosten profitieren, was zu attraktiveren Preisen für die Endanwender führt. Ausserdem ist anzunehmen, dass Gateway die wenig Wärme abstrahlenden Transmeta-Prozessoren dazu benutzen wird, auch ausserhalb des engeren IA-Bereichs kleinere und schlankere Geräte zu bauen, was diese Produkte für manche Kunden interessant machen könnte. Das bedeutet jedoch, wie Gartner betont, keineswegs, dass sich nun auch bei den Desktop-Maschinen und Notebooks die Dominanz von Windows von heute auf morgen verringert. (fis)