Interview mit Daniel Waldvogel: AMD und Linux als Alternative für Assemblierer

Die Jet Computer in Ramsen macht manches anders als andere. Zum einen setzt Inhaber Daniel Waldvogel stark auf Notebooks, zum anderen auf AMD.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/08

   

Während die Teilnehmer am IT Reseller Assemblierer-Roundtable – und mit ihnen eine grosse Mehrheit der Schweizer Assemblierer – sich auf Intel-Produkte konzentrieren, setzt Daniel Waldvogel von der Jet Computer AG stark auf AMD. Wir haben uns mit Waldvogel über die etwas andere Strategie von Jet – einem der grössten Schweizer Assemblierer – unterhalten.
IT Reseller: Sie erwarten für das Jahr 2000 weniger Umsatz mit PCs, aber dafür mehr mit Notebooks und Servern. Was sind die Gründe für diese Umsatzverlagerung?
Daniel Waldvogel: Jet macht wesentlich mehr Umsatz mit Highend-Systemen und Athlon-Power-Workstations, aber einige unserer Kunden (u.a. Mega-Shop) haben die Assemblierung selbst übernommen und deshalb liefern wir dort die gesamten Bauteile, welche wir ja aus unserer Assemblierer-Tätigkeit bestens kennen. Notebooks laufen immer noch sehr gut, aber auch dort liegt der Schwerpunkt im Highend-Bereich.
Bei Servern wirkt sich positiv aus, dass Jet mit der AMD Athlon-Partnerschaft die schnellsten CPUs zu äusserst attraktiven Preisen anbieten kann. Vor allem Exchange-Server-Lösungen mit Linux möchten wir forcieren. Hier sehen hier noch grosse Entwicklungsmöglichkeiten.
ITR: Muss man daraus schliessen, dass das reine PC-Geschäft nicht mehr profitabel ist?
DW: Doch, wir sind zufrieden und die langfristige Partnerschaft mit AMD wird sich dieses Jahr – dank kontinuierlichem Intel-Rückstand und Pentium-III-Shortage – besonders auszahlen.
Wenn wir nicht profitabel und auch finanziell erfolgreich wären, hätten wir es kaum gewagt, dieses Jahr für über zwei Millionen Franken einen grossen Anbau an unser bestehendes Gebäude zu realisieren, wo wir Ende Sommer ein sinnvolles und sehr produktives Service- und Logistik-Zentrum von über 3000 Quadratmetern Fläche haben werden.

Starker Fokus auf Service im Notebook-Geschäft

ITR: Bei den Notebooks fällt auf, dass immer mehr (auch grosse) Players, wie Gericom oder NEC in den Schweizer Markt drängen. Stimmt diese Behauptung?
DW: Von NEC spüren wir wenig, dagegen haben Sie insofern recht, dass Gericom es versucht. Doch wir sehen für uns beim Service- und der Garantieabwicklung klare Vorteile – gerade auch für Retail-Kunden. Man muss einfach wissen, dass ein Notebook ein äusserst service-intensives Produkt ist, wo der Kunde letztlich von den Leistungen der Generalvertretung abhängig ist.
Dank unserem neuen Notebook Service-Center können wir im Herbst eine Service-Lösung anbieten, bei welcher wir unseren Vertriebspartnern den gesamten After-Sales-Service für Notebooks abnehmen können. Ähnlich wie wir es bei den Monitoren mit On-Site-Garantie machen. Damit können wir unsere Produkte noch servicebetonter anbieten und diesen Service bis zu den Endkunden durchziehen. Wir haben mit über 12 Notebook-Spezialisten und -Technikern eine sehr hohe technische Kompetenz, welche uns erlaubt, die innovativsten Entwicklungen aus Taiwan als erste auf dem Schweizer Markt zu präsentieren.

K7-Launch-Partner


ITR: Sie setzen stark auf AMD. Warum?

DW: Viele Endkunden oder gar Fachhändler wissen nicht, wie Mediamarkt oder Vobis ihre teure Werbung finanzieren. Wenn Sie die «Intel Inside»-Logos zählen, so können Sie erraten, wer bis zu 65% dieser Werbekampagnen bezahlt. Diese Unterstützung haben primär die grossen internationalen Abnehmer und da ist die Schweiz eine Nummer zu klein, so dass alle Schweizer PC-Assemblierer oder PC-Retailer eigentlich zu hohe Preise an Intel zahlen. Die können nicht diese gigantische Werbeunterstützung geltend machen und haben damit keine Kompensationsmöglichkeit für die zu hohen CPU-Preise von Intel. Und wenn Sie einmal die Angebote von Dell, HP oder auch Compaq speziell im Highend-Bereich anschauen, so können Sie sich vorstellen, dass diese Preise für Power-Intel-Systeme, welche zum Teil sogar unter den offiziellen Fachhandels-Einzelpreisen für die Komponenten liegen, nur möglich sind, weil Intel dort halt schätzungsweise 30-40 Prozent bessere Preise für schnelle Prozessoren macht uns kleinen Schweizer PC-Assemblierern. Bei AMD haben wir Fairness erlebt und können diese auch unseren PC- und Komponenten-Kunden weitergeben. Damit können wir auch weiterhin in der Schweiz PC-Systeme fertigen und unsere Händler und Vertriebspartner haben Margen, mit denen sie überleben können. Jet war letztes Jahr der einzige Anbieter, welcher die Athlon K7 Launch-Partnerschaft in der Schweiz gewagt hat, und wir würden es jederzeit wieder tun. Ich empfehle allen Schweizer PC-Anbietern, raschmöglichst AMD als leiststungsstarke Alternative zu Intel aufzubauen!
ITR: Intel hat, so hören wir, laufend Lieferprobleme. Wie sieht die Liefersituation bei AMD aus?
DW: Momentan können beide sehr schlecht liefern. Nachdem immer mehr Kunden von Intel Pentium-III auf die schnelleren AMD Athlon umsteigen, bekundet plötzlich auch AMD Mühe damit, noch alle Bestellungen auszuliefern. Wir haben für uns wie auch für die grösseren Kunden rechtzeitig bestellt und können genügend AMD Athlon CPUs bis hin zu 950 MHz ab Lager liefern, obwohl die offizielle Lieferfrist direkt von AMD jetzt bereits sechs bis acht Wochen beträgt.

Gute Motherboards und Netzteile Voraussetzung

ITR: Wir hören von AMD-Nachteilen (Temperaturprobleme, neue Motherboards und Chipsets werden zuerst für Intel entwickelt). Wie stellen Sie sich dazu?
DW: Von gewissen Integratoren haben wir von Schwierigkeiten gehört. Wir selbst haben die System-Komponenten gut aufeinander abgestimmt und hatten dank guten Netzteilen und hervorragenden K7 Mainboards nie gravierende Probleme. Auch von unseren Kunden ist uns nichts derartiges bekannt. Sehr wichtig ist neben einem guten Mainboard (z.B. MSI, Giga-Byte, Asus oder FIC) ein hervorragendes Netzteil.
ITR: Glauben Sie, dass Linux in absehbarer Zeit zur Alternative im Consumer und/oder KMU-Bereich wird?
DW: Wir hoffen es sehnlichst, obwohl die Schweiz wie üblich kaum Pionier sein wird. Wir bilden bereits über zehn PC-Techniker aus. Allen unseren 15 Geräte-Informatiker Lehrlingen haben wir ein komplettes Linux-Paket geschenkt, damit sie sich bereits jetzt mit dieser wichtigen und chancenreichen Software auseinandersetzen!
ITR: Microsoft liefert ab April nur noch Windows mit Recovery-CDs aus (ausser OEM-PCs). Man kann also «sein» Windows nicht mehr auf einem anderen PC installieren. Wie beurteilen Sie diesen Schritt?
DW: Nachdem Microsoft jetzt ja offiziell sogar durch ein amerikanisches Gericht als Monopolist verurteilt worden ist, erübrigt sich jeder Kommentar. Es ist bekannt, dass grosse OEMs die Lizenzen für Windows 98 für unter 50 Dollar bekommen und auch das ist für eine fünfjährige Software immer noch viel zu viel Geld. Dass Microsoft die CD-Version immer noch für fast 80 Dollar anbietet, zeigt doch klar, wozu diese Massnahme dient: Um Monopol-Renditen im kleinen Schweizer Markt durchzusetzen! Der Preisüberwacher ist ja bereits hinter Microsoft her und die Microsoft Monopol- und Kartellpreise in der Schweizer PC-Branche sind ein Skandal!
(Interview: hc)


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