Milliardenpoker um UMTS-Lizenzen

Nach der atemberaubenden Versteigerung der WLL-Lizenzen folgt diesen Sommer der Poker um die UMTS-Lizenzen. Die eidgenössische Bundeskasse wird auch diesmal gefüllt werden.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/08

   

In London ist ein Pokerspiel mit Milliardeneinsätzen im Gange, das beim Erscheinen dieses Heftes möglicherweise noch andauert: Seit dem 6. März versteigert die englische Regierung Lizenzen für den Mobilfunk der dritten Generation (siehe Kasten). Von den ursprünglich 13 Bewerbern sind noch sechs im Rennen. Bis zum 25. April boten sie für die fünf zu vergebenden Lizenzen die sagenhafte Summe von 22’211’500’000 Pfund. Die Regeln sind einfach: Fünf Lizenzen sind zu vergeben, von denen diejenige mit der grössten Reichweite für einen Neuling auf dem britischen Markt reserviert ist. Für diese Lizenz bietet die kanadische Gesellschaft TIW im Augenblick etwas über 4,38 Milliarden Pfund.

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Jeden Tag schicken die Bieter ihre Gebote zur gleichen Zeit an eine zentrale Stelle. Anschliessend werden alle Beteiligten über die höchsten Gebote informiert. Die Teilnehmer können sich dann entscheiden, ob sie das Höchstgebot überbieten wollen. Zu Ende ist die Versteigerung, wenn nur noch fünf Käufer übrig bleiben. Die britische Regierung hat, wie sie sagt, erkannt, dass auf diese Weise mit den Lizenzen sehr viel Geld zu machen ist. Wieviel genau, kann Schatzkanzler Gordon Brown (und mit ihm alle anderen Interessierten) täglich im Internet mitverfolgen (www.spectrumauctions.gov.uk/auction/auction_main.htm).
Bei Redaktionsschluss waren nach 145 Runden neben TIW noch BT, Cellnet, Vodafone, NTL, One2One und Orange im Rennen. Nicht mehr mithalten konnten 3G, Crescent Wireless, Epsilon, OneTel, Spectrum, Telefonica und Worldcom, die allesamt auch nicht gerade als finanzielle Leichtgewichte gelten. Die englische Regierung vertritt die Meinung, die Konkurrenz (daher die Reservation einer Lizenz für einen Neukömmling) werde das Geschäft beleben. Wie sich die horrenden, gebotenen Summen auf die Preise niederschlagen, und wie weit die Begehrlichkeiten der Lizenznehmer gehen werden, bleibt abzuwarten.

Und die nächste folgt sogleich

Von der Privatisierung der Telefonnetze möchten natürlich auch andere Staaten profitieren. Bereits im Frühsommer dieses Jahres soll die Lizenz-Vergabe für UMTS in Deutschland erfolgen. Die Kosten werden auf mehrere Milliard Mark pro Lizenz geschätzt. In Deutschland wird auch die Swisscom mit dabei sein. Gemeinsam mit ihrer 74-Prozent-Tochter Debitel hat die Swisscom eine Firma gegründet, die sich um eine Lizenz bewerben soll. Debitel-Chef Joachim Dreyer gab anlässlich der Bilanz-Präsentation bekannt, dass sein Unternehmen im abgelaufenen Gechäftsjahr den Umsatz um 34 und das Ergebnis um 13 Prozent steigern konnte.
Den grössten Teil dazu trug der Mobilfunk bei. Die Kundenzahl wuchs in dieser Zeit von drei auf annähernd fünf Millionen. Doch Dreyer stellte fest: «Für den Mobilfunk gehen die Goldgräberzeiten zu Ende.» Bis zum Jahresende wolle sich Debitel noch möglichst viele Kunden sichern, da spätere Zuwächse nur noch durch Abwerbung von der Konkurrenz möglich seien. Die deutsche Swisscom-Tochter, die sich als «drittgrösste deutsche Telefongesellschaft» sieht, will sich daher im laufenden Jahr noch einmal stärker auf das Wachstum als den Gewinn konzentrieren. Bis Ende 2000 strebt Debitel sechs bis sieben Millionen Kunden an. (fis)

«Dritte Generation» und «UMTS»


Als erste Generation gilt in der Telekommunikation das analoge Telefon, als zweite die Kombination von Gesprächsübertragung mit Dienstleistungen wie Fax und
E-mail. Mit der dritte Generation werden Übertragungsraten in der mobilen Telefonie von bis zu zwei Megabits pro Sekunde und damit hochauflösende Video- und Multimedia-Übertragungen möglich, auf denen Dienste wie mobiles, virtuelles Banking und Online-Abrechnungen aber auch Online-Einkäufe, Video-Konferenzen und schnelle Internet-Zugänge aufbauen.
UMTS (Universal Mobile Telecommunication System) ist ein weitgehend in Europa entwickelter Standard für die Telekommunikation der dritten Gerneration. Wann UMTS-Übertragungen möglich werden, hängt von der Industrie ab. Die EU rechnet damit, dass die Dienste ab 2002 zur Verfügung stehen werden.


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