Wird Java Open Source?

Open Source oder Open Standards – die Haltung von Sun bleibt zwiespältig.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/21

     

Die Veröffentlichung von Java als Open Source beschäftigt die Gemüter in der Entwickler-Community, seit IBM das Thema aufs Tapet brachte. Die freie Verfügbarkeit der Quellcodes, sagen die Befürworter, würde zu schnellerer Innovation und Verbreitung führen. Unternehmen und Systemhäuser würden davon profitieren, dass sie den Code an die Erfordernisse der Firmennetzwerke anpassen könnten.
Andere, darunter Sun, sehen bei Offenlegung des Sourcecodes die Gefahr einer Aufsplitterung in verschiedene, nur noch beschränkt kompatible Java-Dialekte. Wir unterhielten uns darüber mit Aaron Williams (Bild), Process Programm Manager des Java Community Process (JCP).

Erfahrungen mit Microsoft

Die Sorge um die Einheitlichkeit von Java kommt nicht von ungefähr. Vor dem Schulterschluss mit Microsoft Anfang April hatte Sun jahrelang mit den Redmondern um die Reinheit der Java-Lehre gestritten. Microsoft hatte Java mit Erweiterungen ausgestattet, die ausschliesslich auf der Windows-Plattform liefen und damit den Anspruch «write once – run anywhere» in Frage gestellt. Schliesslich unterlag Microsoft und stellte die Java-Unterstützung ein.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Sun auf der Weiterentwicklung von Java durch den von ihr initiierten Java Community Process (JCP) besteht. Der JCP gilt zwar nicht gerade als besonders flexibel, aber notwendig, um die Einheitlichkeit von Java zu wahren. Immerhin attestiert Forrester JCP, alles in allem effizient zu arbeiten, auch wenn bei der Vielzahl von Projekten nicht immer klar sei, welche Entwicklungen für die Zukunft der Plattform ausschlaggebend seien.

JCP wird transparenter

Im JCP durchläuft ein sogenannter Java Specification Request (JSR) drei Phasen: Exposé, Test und, anders als bei anderen Standardisierungsprozessen, eine Modell-Implementierung. Dafür werden zurzeit, wie Williams gegenüber IT Reseller sagt, durchschnittlich 450 Tage benötigt.
In diesem Jahr ist der Java Community Process mit der «Version 2.6» etwas offener und dynamischer geworden. Bereits die ersten Entwürfe («first draw review») sind nun öffentlich zugänglich. Über Fortführung oder Ende eines JSR wurde bisher nach der ersten Präsentation entschieden. Heute fällt diese Entscheidung erst nach dem zweiten «Public Review». Damit soll, wie Williams sagt, vermieden werden, dass Veröffentlichungen verzögert werden aus Angst vor Fehlern in einer frühern Projektphase. «Wir glauben, dass Probleme mit dem neuen Vorgehen besser als bisher erkannt und gelöst werden, da die Gruppen früher Input aus der Community bekommen», meint Williams.

«Software liest keine Lizenzen»

William widerspricht auch vehement der Behauptung, dass Sun den Prozess dominiere: «Neben Sun sind Industriegrössen wie IBM, Nokia und Bea, aber auch Opensource-Organisationen wie Apache und verschiedene Einzelpersonen vertreten. Gesamthaft sind es über 800 Mitglieder. Jeder kann seine Ideen präsentieren. Die Gremien werden regelmässig im Internet gewählt und jedes Mitglied hat eine Stimme. Das alles läuft sehr demokratisch.»
Zudem stehe es den JSRs frei, unter welcher Lizenz sie ihr Projekt verbreiten wollen.
Im Gespräch weist er auch darauf hin, dass der Code mancher Java-Teile offengelegt worden sei, etwa für das GUI «Looking Glass» und die darunter liegende Java-3D-Software. Veröffentlicht wurden zudem der Quellcode von JDesktop-Komponenten für die Entwicklung von Anwendungen mit grafischen Darstellungen, Formularen und Tabellen sowie für die Verknüpfung der Java-Desktop-Software mit bestehenden Applikationen. Der Code von Java 2 Standard Edition ist unter der Sun Community- und der Sun Research-Lizenz ebenfalls öffentlich zugänglich. «Aber», betont er, «Software liest nun mal keine Lizenzen, sondern will implementiert werden. Darum ist uns die Einhaltung der Standards wichtig. Nur so ist gewährleistet, dass alle alles nutzen können.»
Und dann wird er deutlicher: «Sun hat viel in Java investiert und sieht sich als dessen Steward. Wir wollen sicher nichts verhindern, aber IBM und andere, die eine Offenlegung fordern, müssen sich fragen lassen, was sie damit eigentlich bezwecken. Wir stehen ja durchaus hinter Sachen wie dem Tomcat-Server. Doch Java ist auch Teil unseres Geschäfts, und unsere Kunden legen nun einmal Wert auf Standards.»

Suns Open-Source-Lizenzen

Wer was mit Open-Source-Software tun darf, hängt von der Lizenz ab. Sun benutzt – etwa bei der Java 2 Standard Edition (J2SE) – die Sun Community Source License (SCSL). Diese gliedert sich in drei Ebenen: Die erste regelt Veränderungen für Evaluationen und Prototypen. Die zweite deckt die Verbreitung innerhalb eines Unternehmens ab, und die dritte betrifft den kommerziellen Einsatz. Dabei müssen Modifikationen am Code nicht wie bei der GNU General Public License an die Community zurückgegeben werden.
Die Java Research License, unter der J2SE ebenfalls zur Verfügung steht, richtet sich an Forscher und Universitäten. Hier darf der Code nach Belieben verwendet, Veränderungen aber nicht weiter verbreitet werden. (fis)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER