Vor und hinter der Chinesischen Mauer

Metaversum, von Marcel Altherr (Bild) zusammen mit Netcetera gegründet, soll gleichzeitig Beratungsarm des Software-Entwicklers und ein eigenständiges Unternehmen sein.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/12

     

Im Ablauf eines Softwareprojekts von der Planung über den Bau bis zum Betrieb erhebe sich aus unternehmerischer Sicht eine «Chinesische Mauer» zwischen Planung und Bau, erklärt Netcetera-CEO Andrej Vckovski
gegenüber IT Reseller die Überlegungen, die hinter der Gründung von Metaversum stehen. Das Zürcher Software-Unternehmen Netcetera selbst ist traditionell hauptsächlich beim Bau und Betrieb involviert. «Aber es ist eigentlich sinnvoll, die ganze Kette aus einer Hand anbieten zu können», so Vckovski. Ein Berater für die Planungsphase brauche jedoch ganz andere Skills als ein Softwareingenieur, vor allem viel Business-Know-how. Man kann also eine Beratungsabteilung nicht einfach aus vorhandenem Personal bilden. Und: Während manche Kunden ganz zufrieden damit sind, alles aus einer Hand angeboten zu erhalten, fordern andere vom Consulter Unabhängigkeit, was eine Unternehmensabteilung schwerer
glaubhaft machen kann.
Wie - könnte sich nun also der chinesische Weise die rhetorische Frage stellen - überquere ich die Mauer und bleibe gleichzeitig vor ihr? Um sich dann zu antworten: Mach’s wie ein Baum, pflanze dich fort. Netcetera tut das in der Form eines Schwesterunternehmens. Der Softwarespezialist hat sich mit Brancheninsider Marcel Altherr zusammengetan und das Beratungsunternehmen Metaversum gegründet. Altherr, Gründer und CEO von Softwired und danach unter anderem bis Anfang 2004 CEO von Pixelpark Schweiz ist nun CEO und auch Mitbesitzer des neugegründeten Unternehmens. Dieses soll, mit Schwerpunkten in den Bereichen Business- und Process-Engineering, als eigenständiges Unternehmen funktionieren und gleichzeitig als Beratungsarm Netcetera Vorteile bringen. «Wir wollten den Fünfer und das Weggli», sagt dazu Vckovski, und fügt selbstbewusst an: «Ich glaube, mit Metaversum haben wir beides.» Das erste Ziel ist, dass Metaversum eigenständig funktionieren soll. «Wir hätten das nicht gemacht, wenn wir den Markt nicht gesehen hätten», erklärt Marcel Altherr. Sein Unternehmen wird aber auch unabhängig agieren. «Es wird Projekte geben, bei denen Metaversum involviert ist, wir von Netcetera aber den Auftrag nicht übernehmen können», so Vckovski.

Annäherung zwischen Business und IT

Trotzdem, das «Sahnehäubchen», wie es Vckovski ausdrückt, sei natürlich die Kombination von Metaversum und Netcetera. «Software-Unternehmen müssen heute mehr als je zuvor die Trennung zwischenBusiness und IT überwinden und eine nachvollziehbare Wertschöpfung für ihre Kunden erbringen können», findet Altherr. Netcetera bringt dabei das IT-, Metaversum das Business-Know-how mit ein.
Die Annäherung von Business und IT soll einerseits den Kunden zu gute kommen. Sie soll aber auch intern stattfinden. Die beiden Firmen - notabene in den gleichen Räumlichkeiten zu Hause - sollen sich darum «extrem nahe» stehen und der Dialog zwischen ihnen gefördert werden.

Auch Aseantic im Partnergeflecht

Sozusagen als erste Amtshandlung verkündete Metaversum eine Kooperation mit Aseantic. Im Zusammenhang damit wird Günter Bader, mit dem Altherr schon bei Pixelpark zusammenarbeitete, von Aseantic zu Metaversum wechseln. Altherr «Diese Kooperation ist etwas, das wir vor allem für Metaversum gemacht haben. Aber ich glaube auch aus der Sicht von Netcetera ergänzt Aseantic Metaversum ideal. Wenn man sich die bestehenden Kundestrukturen ansieht, sind Aseantic und Netcetera komplementär.» Und Vckovski doppelt nach: «Auch wenn vordringlich Metaversum profitieren soll, sehen auch wir Vorteile. Aseantic hat zum Beispiel grosse Kompetenzen bei Microsoft-Umgebungen, Netcetera eher in den Bereichen Java und Integration. Bei Partnerschaften gibt es natürlich immer Punkte, bei denen sich Spannungen ergeben können. Aber wenn man die Partnerschaft intelligent ausspielt, können alle gewinnen. (hjm)

Unter der Commodity bleibt die Komplexität

Im Gespräch mit IT Reseller äusserten sich Marcel Altherr und Andrej Vckovski auch über aktuelle Trends in der IT. Beide stellen fest, dass IT zunehmend als Commodity wahrgenommen wird, also als Gebrauchsgut, das einfach sein und sich den Bedürfnissen des Kunden anpassen sollte und nicht umgekehrt.

Altherr: «Wir stellen einen Shift zu einer vermehrt kundengetriebenen IT fest. Früher brachten eher die IT-Industrie bzw. IT-Abteilungen von Grossunternehmen ihrerseits Lösungs- und Projektvorschläge. Heute sagen die Kunden aus dem Business viel öfter selber, was sie wollen.»


Vckovski: «Das ist eine äusserst spannende Entwicklung. Nicholas Carr spricht in seinem Buch «Does IT matter?» genau von dieser Entwicklung der IT zur Commodity. Davon bin auch ich absolut überzeugt. Jedoch ist Carrs Schlussfolgerung: 'IT Doesn’t matter'. Daran hingegen glaube ich nicht.»

Altherr: «IT als Selbstzweck ist tatsächlich vorbei. Aber andererseits wird IT immer allgegenwärtiger. Die Entwicklung geht in Richtung von ‘virtuellen’ Unternehmen».

Vckovski: «Genau. Computer sind heute überall und in jedem Gerät. Um nur ein Beispiel zu nennen: Sogar den Computer in der Kamera eines Reporters sollte man heute als Teil der Unternehmens-IT wahrnehmen und entsprechend integrieren. Unter dem Deckel der ‘Commodity’ verbirgt sich nach wie vor eine hohe Komplexität. Darum haben wir auch keine Angst, dass uns als Integratoren die Arbeit ausgehen könnte.»


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