Schweizer PPS-Markt im Umbruch

Abacus und Rotron gehen eigene Wege im PPS-Markt, während die Baarer CP CIM-Pool auf die Partnerschaft mit SAP setzt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2004/10

     

Genau wie der Markt für Finanz- und Warenwirtschaftslösungen ist der Schweizer Markt für PPS-Systeme (Produktions-Planung und -Steuerung) extrem zersplittert. Da sich PPS-Systeme leichter an lokale Gegebenheiten anpassen lassen, spielen deutsche Anbieter wie etwa Pro Alpha (Codex) eine eher stärkere Rolle.
Nun will Fibu-Lokalmatador Abacus im Industriesegment seinen noch relativ geringen Marktanteil ausweiten. «Dieser Markt ist für uns klar strategisch», sagt Abacus-Marketingchef Thomas Köberl. Pikant daran ist, dass Abacus vor etwa einem Jahr beschlossen hat, die Zusammenarbeit mit der Baarer CP CIM-Pool aufzugeben und das eigene, ältere Fertigungsmodul zu modernisieren.
CP CIM-Pool seinerseits, setzt voll auf die Partnerschaft mit SAP und hat mit «PPS One» ein PPS-Modul für das KMU-Paket «Business One» auf den Markt gebracht. Das Modul ist bereits seit Januar 2004 in der Schweiz produktiv im Einsatz.
Auch die 1. Version des neuen Produktionsplanungs-Moduls von Abacus ist unterdessen fertiggestellt und wird gemäss Köberl bei ersten Kunden eingeführt.

Wer verliess da wen?

Mit Rotron (Europa3000) hat ein weiterer Ex-Partner von CIM-Pool bereits Anfang 2002 entschieden, ein eigenes PPS zu entwickeln. Ralph Stucki von Rotron sagt, man habe sich durch die Baarer nicht mehr genügend unterstützt gefühlt, sich deshalb nach einer neuen Lösung umgeschaut und diese in der Partnerschaft mit einer slowenischen Firma gefunden. Im zweiten Quartal wird Rotron mit einer neuen, kostengünstigen Werkstattplanung aufwarten, per Ende Jahr soll ein neues PPS mit stark erweiterten Funktionalitäten auf den Markt kommen.
Sowohl Köberl wie auch Stucki betonen heute, dass sie eine Core-Applikation, wie es ein PPS eben ist, nicht mehr in Partnerschaften entwickeln wollten, in denen der Partner in Besitz des Quellcodes bleibt.
Emil Bertschi, Geschäftsführer des Baarer PPS-Spezialisten CIM-Pool, sieht das naturgemäss anders. Für sein Unternehmen sei es nicht akzeptabel gewesen, dass Abacus sowie Rotron ein eigenes PPS-Modul zu entwickeln begonnen hätten. Er betont allerdings, dass seine Firma nun alle Rotron- und Abacus-Kunden im PPS-Bereich direkt oder über autorisierte Vertriebspartner weiterhin unterstützt. «Man muss eine Partnerschaft eben auch leben», sagt Bertschi mit einem leicht kritischen Unterton gegenüber den früheren Partnern.
Tatsächlich waren die Verkaufserfolge sowohl von Rotrons wie auch von Abacus’ Fertigungsmodul in der Vergangenheit nicht überwältigend. Abacus konnte 32 PPS-Kunden gewinnen, Rotron deren 35, darunter aber auch sehr grosse Installationen.

Gewohnt hohe Ziele von SAP

Bertschi ist überzeugt, mit der Partnerschaft mit SAP nun auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Entscheidend für ihn ist dabei die technologische Basis von Business One, die es erlaube, das PPS-Modul («PPS One») nahtlos und ohne Schnittstellen zu integrieren. «Es gibt bei uns keine Aktualisierungsläufe oder Batch-Prozesse. Wir schreiben und lesen Daten direkt in und aus
Business One», sagt Bertschi.
Für CIM-Pool bietet die Partnerschaft mit SAP die Chance, die eigene Software international zu vermarkten. So gibt es bereits Versionen in holländisch, französisch, deutsch, englisch und italienisch. Ein holländischer Kunde ist gemäss Bertschi auch schon produktiv. Und die Ziele sind SAP-mässig unbescheiden: Innert fünf Jahren soll die Gesamtlösung SAP Business One mit PPS One in der Schweiz einen Marktanteil von 15% erreichen.

«Wir werden brutal sein»

Bertschi führt eine Reihe von Argumenten für die Gesamtlösung SAP Business One mit PPS One ins Feld, so die direkte Kommunikationsmöglichkeit mit SAP R/3 (viele Schweizer Fertiger müssen sich immer mehr in die Lieferketten ihrer wesentlich grösseren Kunden einklinken), die moderne technologische Basis und dass die Business One-Gesamtlösung ein wirklich sehr offenes System sei.
Doch auch Rotron-Mann Ralph Stucki (Bild) hat grosse Pläne. Mit der neuesten Version des PPS, die Ende Jahr fertig sein soll, will er neue Massstäbe bezüglich Funktionalitäten aber auch dem Preis setzen. «Wir streben ganz klar die Kostenführerschaft an. Wir werden brutal sein», sagt Stucki.
Vom eindeutigen Marktführer im KMU-Business-Software-Geschäft, Abacus, sind eher bescheidenere Töne zu hören. Doch die St. Galler haben mit ihrer riesigen, installierten Basis der Finanzlösungen einen klaren Startvorteil. (hc)

KOMMENTAR


Preise unter Druck

SAP hat seit dem Eintritt in den KMU-ERP-Markt einiges ins Rollen gebracht. Zwar musste man im Hause SAP die ursprünglichen Absatzpläne schon einige Male revidieren und hat zu Beginn wohl die Komplexität des KMU-Geschäfts unterschätzt. Doch die Deutschen gehen nach Aussage ihrer Partner konsequent den eingeschlagenen Weg weiter und halten Versprechungen ein. Mit PPS One erschliesst sich SAP zudem einen interessanten Markt, in dem viel zu holen ist.
Ein zweiter Umstand wird den unabhängigen Software-Herstellern das Leben schwer machen: Die Lizenzpreise für Geschäftssoftware kommen gehörig ins Rutschen. Wie die Anwenderstudie zeigt, die wir in ‹IT Report› letzten Herbst publizierten, sind die User heutzutage mit der Funktionalität ihrer Software recht zufrieden, erachten aber die Preise für Lizenzen und Wartung als zu hoch. Immer mehr Schweizer ISVs reagieren mit Kampfpreisen – die Zeiten werden eindeutig härter.

Christoph Hugenschmidt

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Christoph Hugenschmidt


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