Thin Clients und CRM

Bei CRM-Systemen spielen Web-Technologie und Thin Clients eine immer wichtigere Rolle. Der Trend zeigt weg von klassischen Client-/Server-Architekturen hin zu «Standard»-Application-Servern. Als User-Interface dient der Browser.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/09

     

Die CRM-Szene ist momentan geprägt von Strategiewechseln, was sie nicht gerade übersichtlicher macht. Immerhin ist festzustellen, dass bei Anbietern, die eher vom Sales- und Contact-Management her kommen, Microsoft-Produkte und -Strategien im Vordergrund stehen, während die Anbieter von Callcenter- und Marketinglösungen eher zu J2EE und Application-Servern tendieren.
Die Frage ist, ob ein System web-basierend ist oder einfach nur web-fähig. Webfähig meint, dass die herkömmliche Client-/Server-Architektur mit einem Web-Frontend erweitert wurde. Webbasierend dagegen bedeutet, dass die Anwendung vollständig auf dem Application-Server läuft und ausschliesslich über einen Browser genutzt wird.
Gegenüber browserbasierenden Thin Clients gelten Windows-Clients als schneller. Doch dem widersprechen die Anbieter zusehends. Zudem verweisen sie auf die Vorteile der Thin-Client-Architektur: Die Software müsse nur noch auf dem Server gewartet werden, und der Hardware-Aufwand sinke deutlich.
Dem kommt der Trend in grossen Unternehmen wie Banken und Telekommunikationsfirmen entgegen, vermehrt IBM Websphere, BEA Weblogic oder I-Planet einzusetzen. Entsprechend zeichnet sich bei den CRM-Marktführern ein Trend zu Application-Server-Strategien ab. Ed Thompson, Research Director CRM bei Gartner Europe, vermutet, dass selbst Siebel, das noch auf den eigenen Application-Server vertraut, in der nächsten Version wohl Websphere unterstützen wird. Zu erwarten ist auch, dass die Anbieter, die bisher parallele Client-Technologien einsetzten, auf längere Sicht nur noch ein einziges Frontend anbieten werden, das dann wohl ein Browser sein dürfte.

Flucht aus der Client-/Server-Architektur

Peoplesoft, die nach der Übernahme von Vantive ihre CRM-Software als «People Tools» umschrieb, setzt klar auf die Webtechnologien. Die Architektur sieht vor, dass vom Application-Server dynamisch JSP-Seiten auf dem Web-Server erzeugt werden und sie dieser gegenüber dem Client als HTML-Seiten interpretiert. Der Application-Server ist ein um Peoplesoft-Business-Prozesse erweiterter Transaktions-Server von BEA, der auf Kunden-, Produkt- und Metadaten über eine SQL-Schnittstelle zugreift.
Seit der im November erschienenen Version 7 setzt auch Siebel voll auf Web-Technologie und Java. Mit der «Smart Web Architecture» soll die nur noch über Browser bedienbare Software genau so einfach zu handhaben sein wie die bisherige Desktop-Anwendung. Der Web-Client baut zwei Kanäle zur Server-Umgebung auf. Über den einen wird die Benutzeroberfläche übertragen, über den anderen die Daten.
Im Gegensatz zu traditionellen HTML-Umgebungen lassen sich auf diese Weise in einem Formular die Daten aktualisieren, ohne dass der Rest neu geladen werden muss. Siebels «Smart Web Client» soll gegenüber anderen Interaktionsmodellen wie Amazon nur 16 bis 18 Prozent der Bandbreite beanspruchen.
Beim ersten Zugriff wird ein etwa 150 KB grosses Java-Script-Paket heruntergeladen. Dieses steuert dann die Interaktion mit der Server-Umgebung. Ansonsten bleibt es beim Drei-Schichten-Modell aus User Interface, Anwendungs-Server-Schicht und Datenbank. Bei der Migration auf Siebel 7 stehen automatisierte Prozesse zur Verfügung für die Übernahme der alten Windows-Masken in die Web-Umgebung.

Die Java-Fraktion

SAP setzt bei MySAP CRM vor allem beim Frontend verstärkt auf Java. Andere Bereiche sind jedoch nach wie vor in der SAP-eigenen Sprache ABAP geschrieben. Laut SAP stehen alle wichtigen CRM-Funktionen über den Browser zur Verfügung.
MySAP CRM erlaubt, für verschiedene Benutzer unterschiedliche Funktionen und Daten anzuzeigen. Die Anpassung der Oberfläche an die Anforderungen des Web-Users ist nicht abgeschlossen und soll im Laufe des Jahres noch verbessert werden. Nach Herstellerangaben lässt sich ein Grossteil der früheren, individuell angepassten Oberflächen automatisch übertragen.
Auch Datenbankspezialist Oracle hat eine Java-basierende CRM-Suite im Programm.
Die HTML-Benutzeroberfläche wurde für Call-Center-User mit Java-Applets erweitert. Grundlage bilden das Datenbanksystem 9i Real Application Cluster sowie der Application-Server 9iAS mit J2EE-Unterstützung. Als Web-Server dient Apache.
Kleinere Hersteller bieten oft zumindest einen Teil der Funktionen ihrer Anwendungen über den Browser an und ermöglichen den Online-Zugriff auf CRM-Daten. Zu diesen Anwendungen gehört etwa Wincard Thin Client von Team Brendel. Der Thin Client setzt auf dem CRM-Server auf und erlaubt, online Informationen abzurufen und neue Daten zu erfassen. (fis)


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