MARKTFORSCHUNG Wer CMS sagt, muss Prozess denken

Ein Content Management System ist nicht einfach «Nice To Have». Die Aberdeen Group rät, vor einem Kaufentscheid die richtigen Fragen zu stellen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/08

     

Die Erkenntnis setzt sich durch, dass der kontinuierliche Content-Flow für ein Unternehmen schon beinahe so wichtig ist wie der Cash-flow. Die Site-Besucher, an die hoch dynamischen, interaktiven Angebote von Amzon oder eBay gewöhnt, erwarten schnelle und fundierte Antworten. Bekommen sie sie nicht, reagieren sie verärgert und blicken weiter.
Content Management Systeme (CMS) müssen unterschiedlichste Informationen kombinieren, dem Vebraucher individuell zur Verfügung stellen und die Inhalte für verschiedenste Geräte vom PC bis zum PDA aufbereiten. CMS müssen Technologien wie Server-Side-Caching, Netzwerk-Caching oder Content-zentrisches Routing beherrschen und mit anderen Systemen kommunizieren können. Vor allem aber sollte man sich vor Augen halten. dass Content Management letztlich Prozess-Management bedeutet. Erfolgreiches E-Business ist ohne CMS kaum mehr denkbar.

Zwei Gruppen von Anbietern

Der Markt der CMS-Anbieter unterteilt sich grundsätzlich in zwei Gruppen: Einerseits gibt es Best-of-Breed-Angebote und anderseits integrierte Lösungen. Während der Best-of-Breed-Ansatz meist vielfältigere Funktionen für das Content Management bietet und bessere Kommunikation mit bestehenden Systemen ermöglicht, stehen bei den integrierten Lösungen erweiterte E-Business-Funktionen auf der Habenseite, sowie der Vorteil, alles aus einer Hand zu beziehen.
Best-of-Breed-Anbieter sind gemäss Aberdeen etwa Eprise, Interwoven, Intranet Solutions, Mediasurface, nCompass (mittlerweile von Microsoft übernommen) oder Tridion.
Diese Unternehmen konzentrieren sich auf CMS-Software und sehen diese als den zentralen Part, um den sich das E-Business gruppiert. Andere betrachten CMS vorwiegend als Teil einer umfassenderen E-Business-Lösung und integrieren es in ihr Gesamtangebot. Zu dieser Gruppe gehören Blue Martini (Personalisierung und Analyse), Broadvision (E-Commerce), Documentum (Dokumentenverwaltung), Filenet (Bildbearbeitung und Dokumentenverwaltung) Rational Software (Sourcecode Control) sowie Vignette (Personalisierung, Inhaltsbearbeitung und B2B).

Prozess-orientierte Sicht nötig

CMS-Anbieter neigen dazu, die Welt durch ihre eigenen Augen zu sehen. Wenn sie ihre Software beschreiben, kaprizieren sie sich auf detaillierte Listen von Features. Unternehmen evaluieren oft ähnlich, insbesondere wenn sie dabei von einem Anbieter beraten werden. So sinnvoll diese Sichtweise auch sein kann, sollte sie doch den Blick nicht verstellen auf die Rolle, welche das Prozess Management in einer Organisation spielt.
Ein CMS ist nie eine punktuelle Lösung, sondern muss mit den übrigen Systemen zusammenarbeiten. Technologie-Einsatz im E-Business-Kontext ist ein ständiger Prozess. Jede Entscheidung beeinflusst die weitere Entwicklung. Damit stehen die Unternehmen an einem wichtigen Punkt: CMS muss man nicht «einfach haben», sondern es kommt darauf an, die Weichen richtig zu stellen. Nur eine Prozess-orientierte Sicht auf die gesamten Content-Strategien, meint die Aberdeen Group, wird zum richtigen System und damit zum erfolgreichen E-Business führen. (fis)

Neun Fragen für die Evaluation eines CMS

Die Berater der Aberdeen Group haben eine Liste der Fragen zusammengestellt, die ein Unternehmen vor der Evaluation eines CMS beantworten muss.
Wieviel Anpassungen sind nötig? Oder umgekehrt: Ist das CMS mit
den Abläufen, Geschäftsmodellen und Systemen des Unternehmens einigermassen kompatibel? Der Weg zur Antwort auf diese Frage ist, wie Aberdeen festellt, langwierig und nicht so einfach wie erwartet.
Wie weit soll die Kontrolle gehen? Genügt eine Seitenvorlage oder sollen auch Teilbereiche der Seite gestaltet und kontrolliert werden? Lassen sich Texte, Bilder und Code gemeinsam verwalten? Die Antworten beeinflusssen nicht nur die Möglichkeiten, sondern auch dessen Komplexität des Systems und den Aufwand für den Unterhalt.
Haben sämtliche Inhaltsanbieter Zugriff auf das System? Mit einem Browser-basierenden Interface können Mitarbeiter und Partner mit dem System arbeiten, egal wo sie sich befinden. Die Frage ist nur: Wollen sie es auch? Stimmen Benutzeroberfläche und Workflow mit ihrer Arbeit überein, oder müssen sie sich in ein neues System einarbeiten?
Wie ist der Arbeitsfluss? Der Workflow sollte den Arbeitsabläufen im Unternehmen entsprechen. Neben seriellen und parallelen Abläufen spielen vor allem auch die Entscheidungsmechanismen eine Rolle. Dabei sollte sich das CMS dem Geschäft anpassen, nicht umgekehrt.
Lässt sich das CMS in die bestehende Infrastruktur integrieren? Als Bestandteil der E-Business-Struktur muss es mit ERP, CRM und anderen Systemen zusammenarbeiten. In diesen Problemkreis gehören APIs, XML und die Möglichkeit, Jobs abzustimmen.
Wie aufwendig ist das Sicherheits-Management? Bei vielen Anwendern und Systemen sind Sicherheitsvorkehrungen und deren Verwaltung entscheidend. State of the Art sind Ligthweight Directory Access Protocol-Systeme, welche das Security Management vereinfachen.
Kann problemlos zu früheren Versionen zurückgekehrt werden? Da immer einmal Fehler vorkommen, sollte das CMS die Wiederherstellung früherer Site-Versionen erlauben.
Lässt sich das System skalieren? Einerseits: Wie viele Inhaltsanbieter haben gleichzeitig Zugriff? Anderseits: Wie viele Endanwender unterstützt das System? Ein E-Commerce-Anbieter hat andere Ansprüche als ein Unternehmen, dessen Site täglich nur gerade 1000 Hits aufweist.
Wie einfach lässt sich das System internationalisieren? Lässt sich ein ganzes Netzwerk von Sites verwalten. Können diese an sprachliche und kulturelle Gegebenheiten und an individuelle Bedürfnisse angepasst werden?


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