«Wir wollen keine Kolosse mehr»

Trotz dem Verkauf der geldbringenden Infrastruktursparte und der globalen Krise erwartet Magirus Schweiz 2009 ein Wachstum von 30 Prozent. Wie man das schaffen will, erzählt Länderchef Beat Bitzi im IT-Reseller-Interview.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2009/06

     

Im vergangenen Jahr verkaufte Magirus seine Infrastruktursparte. IT Reseller sprach mit dem Schweizer Länderchef Beat Bitzi über das veränderte Geschäft und die Auswirkungen der weltweiten Wirtschaftskrise.

Wie hat 2009 für Magirus in der Schweiz angefangen?

Bitzi: Erfreulich. Wir verzeichnen im Vergleich zum Vorjahr noch immer ein Wachstum. In diesem Jahr gehen wir von einem Wachstum im grösseren zweistelligen Bereich aus, anvisiert sind mindestens 30 Prozent.

Also spüren Sie die Krise nicht?
Doch, wir spüren die Krise auch. Da wir aber relativ breit aufgestellt sind, ein interessantes Produktportfolio haben und einen lösungsorientierten Ansatz verfolgen, glaube ich, dass wir den Mitbewerbern Marktanteile abjagen konnten. Hinzu kommt, dass wir als Magirus immer wieder neue Produkte aufnehmen, wie beispielsweise Data Domain. Wir wachsen nicht, weil der Markt wächst, sondern weil wir neue Produkte aufnehmen und diese gut positionieren.

Hat sich der Verkauf der Infrastruktursparte an Avnet ausbezahlt?

Das kann man nicht mit ja oder nein beantworten. Wir haben dadurch relativ wenig Kunden verloren. Typische Fachhändler, die bei uns HP und Virtualisierung gekauft haben, sind bei uns geblieben.

Magirus hatte angekündigt, als Ersatz für IBM und HP neue Produkte aufnehmen zu wollen. Welche sind neu hinzugekommen?
Wir wollen in den vier Kernsegmenten Virtualisierung, Open Source, Storage-ILM sowie Secure Networking neue Produkte aufnehmen.
Wir wollen keine Kolosse mehr, die etwa 80 bis 90 Prozent des Umsatzes ausgemacht haben. So sind wir am Markt besser positioniert und können auch schneller auf technologische und wirtschaftliche Veränderungen reagieren.


Herr von Kuenheim hat der Schweizer Ländergesellschaft vorgeworfen, sich manchmal hinter den leichten Geschäften zu verstecken. Das ist mit dem Verkauf der geldbringenden Infrastruktursparte nicht mehr möglich.
Es ist klar einfacher pro Quartal bei einem Partner einen Deal abzuholen, der 1 Million gross ist. Heute muss ich zehn oder zwanzig Deals haben, um 1 Million Umsatz zu erreichen. Wir haben die Umstellung aber gut geschafft, auch ohne diese Sparte. Wir gehören noch immer zu den drei besten Ländern der Gruppe. Wir sind vielleicht etwas langsamer gestartet mit gewissen Produkten.

Wieso hat Magirus das Management umgebaut und eine Hierarchiestufe rausgenommen?

Zum einen braucht die heutige Unternehmensstruktur keine so breite ­oberste Managementstruktur mehr. Wir sind durch den Verkauf der Infrastruktursparte von knapp 600 auf rund 300 Mitarbeiter heruntergegangen. Zum zweiten braucht man im heutigen Geschäftsumfeld mit vielen kleineren Lieferanten eine flachere Hierarchie, um schneller reagieren zu können.
Sicher ist auch die wirtschaftliche Entwicklung ein Grund. Wir sind von einem zweistelligen Wachstum in allen Ländern ausgegangen. Weil man nicht mehr so schnell gewachsen ist, musste man auch die Kosten anpassen.

Durch den Verkauf der Infrastruktur-Sparte ist eine Hülle entstanden, die für eine grössere Firma gemacht ist. Magirus wollte diese aber füllen, anstatt sie zu verkleinern. Damit ist man nun also gescheitert?
Nein, wir sind nicht gescheitert. Das Marktumfeld hat sich anders entwickelt als erwartet. Hätte man das dazumal schon gewusst, hätten wir bereits da mit der Hüllenveränderung angefangen.


Welche weiteren personellen Konsequenzen hat die Umstrukturierung?
Aus heutiger Sicht ist in der Schweiz kein Personalabbau geplant. Das jetzige Quartal läuft gut. Wenn es aber einen weiteren Einbruch gibt, ist auch Magirus nicht verschont. Wir versuchen aber möglichst keine Leute zu entlassen, sondern durch natürliche Abgänge zu regulieren. Zudem sind in einer solchen wirtschaftlichen Situation Replacements eine wichtige Massnahme. Low- oder Non-Performer kann man sich momentan nicht leis­ten. Dadurch hat der Mitarbeiter mehr Druck. Aber wir hatten es lange Jahre schön in dieser Branche, nun muss man die Ärmel nach hinten krempeln und mehr Verantwortung übernehmen. (Interview Alina Huber)


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