Die Pläne von PCP.com mit Prime Computer
Quelle: PCP.com

Die Pläne von PCP.com mit Prime Computer

Seit dem 1. November ist die Marke Prime Computer im Besitz der PCP.com-Gruppe. Deren CEO Marcel Weber erklärt im Interview, wie es zur Übernahme gekommen ist und wie es mit der Marke, den Produkten und dem Vertrieb nun weitergeht.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2022/12

     

«Swiss IT Reseller»: PCP.com hatte per 1. November verkündet, dass die Marke Prime Computer übernommen wird. Wie lange zuvor hat sich der Deal abgezeichnet?
Marcel Weber:
Nicht sehr lange. Die erste Kontaktaufnahme erfolgte, nachdem die ersten Presseberichte zur Einstellung der Geschäftstätigkeit von Prime Computer erschienen sind. Das war Ende September. Ich habe kurz darauf den Kontakt gesucht, primär um zu erfahren, wo die Hintergründe der Schwierigkeiten lagen. Im Gespräch ist dann rasch klar geworden, dass Prime Computer auf der Suche nach Lösungen für die Marke und nicht zuletzt auch für die Garantieabwicklung ist und dass wir diese Lösung sein könnten. Diese Gespräche haben Anfang bis Mitte Oktober stattgefunden, waren sehr pragmatisch und offen und haben den Deal letztlich ermöglicht.

Offenheit ist ein gutes Stichwort. Die letzten ­Wochen und Monate waren für Prime Computer kommunikativ alles andere als optimal. Man hatte den Eindruck, die ehemalige Führung verkriecht sich, entsprechend verunsichert blieben die Partner zurück. Wie gross ist der Vertrauensverlust in die Marke Prime Computer?
Das zu beziffern, ist sehr schwierig. Wie die Kommunikation genau abgelaufen ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Daher kann ich auf diesen Punkt auch nicht weiter eingehen. Unsere ersten Gespräche mit Partnern haben aber gezeigt, dass das Vertrauen grundsätzlich weiter besteht. Die Situation war für Prime Computer nicht einfach, zudem war die Einstellung der Geschäftstätigkeiten meines Wissens nicht von langer Hand geplant. Mir ist es wichtig, dass wir transparent und offen mit den Partnern und Stakeholdern kommunizieren. Das ist die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.


Was genau übernimmt PCP.com alles?
Wir übernehmen im Rahmen eines Asset Deals die Marke Prime Computer, nicht aber die Firma dahinter. Diese bleibt im Besitz der bisherigen ­Eigentümer bestehen und wird umfirmiert.

Und bezüglich Produkten respektive Produktlinien: Was wird übernommen, was weitergeführt und was eingestellt?
Hier haben wir einen Lagerbestand mit fertigen und halbfertigen Produkten aus den aktuellen Produktlinien von Prime Computer übernommen. Diese werden wir fertigstellen und weiter vertreiben. Wie das Produktportfolio in Zukunft ausschaut, kann ich Stand heute noch nicht sagen. Den lüfterlosen Ansatz werden wir sicher weiterverfolgen, genauso wie auch den Ansatz der besonders kompakten Geräte. Auch den Nachhaltigkeitsansatz finde ich spannend, wobei noch nicht klar ist, ob wir diesen in derselben Konsequenz weiterverfolgen werden. Wir erarbeiten derzeit das zukünftige Angebot von Prime Computer. Wie umfangreich die Produktlinie sein wird, steht zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht fest. Sicher aber ist, dass es die Marke Prime Computer weiterhin geben wird.

Ich möchte das Thema Nachhaltigkeit aufgreifen. Offenbar hat es sich für Prime Computer nicht gerechnet, auf Nachhaltigkeit zu setzen. Wurden die Produkte schlicht zu günstig verkauft? Müssen Sie die Preise nun anheben? Oder ist es gar nicht möglich, in der Schweiz nachhaltig Hardware zu bauen?
Die Preise, die Prime Computer verlangt hat, waren aus meiner Sicht zu tief, das ist richtig. Mit der Marge respektive dem Bruttogewinn, der erwirtschaftet wurde, konnte der entstandene Aufwand letztendlich nicht gedeckt werden. Gleichzeitig frage ich mich inzwischen, ob das Modell mit den Barebones respektive den austauschbaren Komponenten von Intel, das Prime Computer verfolgt hat, wirklich sinnvoll war. Die Grundidee, nur das Innenleben eines Notebooks zu ersetzen anstatt des ganzen Gerätes, finde ich eigentlich spannend. Doch wenn die Austauschmodule mehr kosten als ein neues Notebook einer Drittmarke, dann wird es schwierig mit der Argumentation. Ich persönlich bin klar der Meinung, Nachhaltigkeit rechtfertigt einen gewissen Aufpreis, doch dieser Aufpreis muss im Rahmen bleiben. Ein nachhaltiges Produkt mit einem Aufpreis von 30 Prozent und mehr zu verkaufen, ist schwierig.


Sie haben es angetönt, bei der Übernahme handelt es sich um einen Asset Deal. Daraus schlies­se ich, dass keine Mitarbeitenden von Prime Computer übernommen wurden. Warum nicht? Können Sie den zusätzlichen Aufwand in der Produktion mit dem bestehenden Personal stemmen?
Vielleicht müssen wir punktuell nachjustieren, aber grundsätzlich ja, wir haben die Infrastruktur sowie das Personal und können die zusätzliche Produktion stemmen. Die Übernahme von Mitarbeitenden war allein schon dadurch kein Thema, weil Prime Computer in der Ostschweiz produziert hat, unsere Produktion aber mehrheitlich in Kriens passiert. Hinzu kommt, dass es in der Produktion entscheidend ist, die Stückzahlen hochzuhalten. Wir können also durch die Übernahme und die zu erwartenden zusätzlichen Geräte, die wir nun unter der Marke Prime Computer bauen werden, unsere Produktion besser auslasten.

Nun ist es so, dass Prime Computer seit rund zwei Jahren ausschliesslich via Channel verkauft und entsprechend ein Partnerprogramm etabliert hat. Wollen Sie an diesem Channel-­Modell festhalten und wurden die entsprechenden Verträge mit übernommen?
Wir planen, in Zukunft zweigleisig zu fahren – sprich die Produkte sowohl direkt als auch indirekt zu vertreiben. Die Verträge mit den Distributoren und Resellern wurden nicht übernommen, wir befinden uns mit den Partnern von Prime Computer aber im Gespräch, und wir wollen am Channel-Vertrieb festhalten. Dabei werden wir uns auf den Schweizer Markt konzentrieren, denn beispielsweise in Deutschland ist es enorm schwierig, mit Produkten, die in der Schweiz gefertigt werden, kompetitiv zu sein. Zusätzlich wollen wir mit Prime Computer aber auch den Endkunden wieder vermehrt direkt ansprechen, was auch mit dem Thema Marge zu tun hat, die im Direktverkauf mehr Potenzial verspricht.

Wenn Sie den indirekten Vertrieb von Prime Computer weiterführen, ist es auch denkbar, dass Sie Ihre bestehenden Marken Steg PC und Beck PC künftig via Channel vertreiben?
Das ist durchaus denkbar. Die Tatsache, dass Prime Computer bereits etablierte Partner vorweisen kann, war mit ein Grund, warum die Marke spannend für uns war. Denn die bestehenden Partnerschaften können auch ein Türöffner für unsere weiteren Marken sein. Unser Start im Channel wird mit Prime Computer erfolgen, doch wenn ein Reseller Interesse an Steg-PCs hat, werden wir das sicher gerne anschauen.


In der Schweiz arbeitete Prime Computer in der Distribution zuletzt mit Alltron und BCD-Sintrag zusammen. Führen Sie hier ebenfalls Gespräche?
Ja, auch mit den Distributoren führen wir Gespräche, und auch seitens der Distribution wurde Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit signalisiert. Wobei wir klar gemacht haben, dass wir noch etwas Zeit brauchen, uns hier aufzustellen.

Abschliessend noch: Welches Versprechen können Sie ehemaligen Prime-Resellern bezüglich Garantiefällen, Support und Ersatzteillieferungen abgeben?
Wir haben uns dazu verpflichtet, dass wir die Garantieabwicklung von der Firma Prime Computer übernehmen. Das ist Teil des Deals. Wir geben somit fünf Jahre Garantie für alle bereits verkauften Desktop-Produkte und drei Jahre für die Notebooks – jeweils ab Kaufdatum. Das umfasst auch Support und Ersatzteile. (mw)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Wie hiess im Märchen die Schwester von Hänsel?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER