Nachfolgeregelung im Channel
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Nachfolgeregelung im Channel

Viele Schweizer KMU scheitern, weil beim Ausscheiden der Firmeninhaber aus dem Unternehmen deren Nachfolge nicht geregelt werden kann. Das Problem hat vielerlei Gründe, deshalb ist eine frühzeitige und eingehende Auseinandersetzung mit dem Thema unverzichtbar.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2019/09

     

Jeder Unternehmer weiss vom ersten Tag seiner Tätigkeit an, dass er dereinst – auf welche Weise auch immer – die eigene Firma wird verlassen müssen. Die Regelung der eigenen Nachfolge ist somit ein wichtiges Thema, mit dem sich Inhaber von Unternehmen schon früh auseinandersetzen sollten. Dennoch scheitern viele KMU bei der Firmenübertragung. Der Bund präsentiert auf seinem KMU-Portal nüchterne Zahlen und zitiert dabei eine Studie des Vereins KMU Next, nach der nahezu jedes dritte KMU in der Schweiz aufhört zu existieren, weil keine geeignete Nachfolgelösung gefunden werden kann. Es ist dies ein Problem mit oftmals weitreichenden Folgen: Zum einen sind davon unmittelbar die Mitarbeiter betroffen, aber auch die Partner und nicht zuletzt die Kunden. Ebenso schwer wiegt der Verlust von Know-how, der damit einhergehen kann.

Unternehmer in der Pflicht

Jörg Sennrich, Geschäftsführer des Vereins KMU Next, nimmt die Unternehmer in die Pflicht: "Die Regelung der Nachfolge muss jede Unternehmerin und jeder Unternehmer als unternehmerische und strategische Aufgabe verstehen. Das bedeutet, dass nur, wer an sein Geschäftsmodell glaubt, echtes Zukunftspotenzial erkennt und den festen Willen hat, seine Firma mit aller zur Verfügung stehenden Kraft weiterzuentwickeln, eine echte Chance hat, eine zukunftsfähige und nachhaltige Lösung für sein KMU zu finden. Es mangelt nach wie vor an handfesten Lösungsansätzen für den KMU-Unternehmer."


Eine Studie von Bisnode D&B untersuchte im April 2018 insgesamt 549’402 Schweizer KMU. Davon mussten 73’786 in den darauffolgenden fünf Jahren ihre Nachfolge regeln. Dies entspricht 13,4 Prozent aller untersuchten Firmen, die somit unmittelbar vor der Übergabe an neue Besitzer standen. Dabei zeigte sich auch, dass Klein­betriebe mit bis zu neun Beschäftigten den höchsten Anteil an potenziell offenen Nachfolgen aufwiesen (13,6%). Dieser Anteil sank mit der wachsenden Grösse der Unternehmen. So lag er bei Firmen mit zehn bis 49 Beschäftigten bei 12,9 Prozent und bei solchen mit 50 bis 249 Beschäftigten noch bei 6,9 Prozent. Der Anteil potenziell offener Nachfolgen ist auch abhängig von der Branche, wie die Studie zeigen konnte. So lag er bei Firmen aus dem Bereich der Informatikdienstleistungen mit 9,2 Prozent relativ tief, während das Druck- und Verlagsgewerbe mit 20,2 Prozent an der Spitze zu finden war.

Familiennachfolge ist schwierig

Haben Unternehmer Nachkommen, dann liegt es nahe, ihnen den Betrieb zu übergeben. Oft haben diese aber andere Zukunftspläne. Das KMU-Portal des Bundes zitiert in diesem Zusammenhang eine Studie der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2015, die besagt, dass Studierende aus Familien mit eigenem Betrieb kaum Interesse daran haben, diesen zu übernehmen. Gerade einmal 3,5 Prozent planen nach dem Abschluss eine Nachfolge im Familienunternehmen. Fünf Jahre später sind es zwar mehr, mit 4,9 Prozent aber noch immer sehr wenige. Diesen stehen fünf Jahre nach dem Abschluss 35,5 Prozent gegenüber, die eine Beschäftigung in einem anderen Unternehmen oder im öffentlichen Dienst anstreben, 34,7 Prozent, die ein neues Unternehmen gründen und 24,8 Prozent, die einer anderen, nicht näher definierten Beschäftigung nachgehen.
Sennrich kennt die Problematik gut: "Viele Unternehmerkinder lehnen es ab, die Firma der Eltern zu übernehmen. Sie haben erlebt, wie das Familienleben den Firmeninteressen hintenanstehen musste und wollen das nicht für ihre eigenen Kinder. Wir sehen aber auch, welche Innovationen und welches Wachstum hervorgehen können, wenn Eltern loslassen und den Kindern im Unternehmen Raum lassen. Neue Geschäftsfelder entwickeln sich, neue Produkte entstehen, Prozesse und Organisationsstrukturen werden überdacht und optimiert. Die familieninterne Unternehmensnachfolge wird so zur strategischen Chance für das Unternehmen."


Nichtsdestotrotz gehen laut einer Statistik der Credit Suisse mit dem Titel "Unternehmensnachfolge in der Praxis" aus dem Jahr 2016 rund 45 Prozent der KMU bei einer Übertragung in den Besitz von Personen im Kreis der Familie über. Somit ist dies in der Schweiz die häufigste Art der Firmenübertragung. Auf das sogenannte Family Buy-out folgt mit 30 Prozent das Management Buy-out, wobei das Unternehmen an Mitarbeitende übertragen wird, die nicht zur Familie gehören. In Rund 25 Prozent der Fälle findet ein Management Buy-in statt, bei welchem das Unternehmen an Personen ausserhalb der Firma geht.

Ein mehrschichtiger Prozess

Die Übergabe eines Unternehmens in neue Hände ist ein langwieriger und vielschichtiger Prozess, der keinesfalls unterschätzt werden sollte. Jörg Sennrich hat deshalb eine klare Empfehlung für Unternehmer: "Die Unternehmensnachfolge ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen des Unternehmens. Es empfiehlt sich, sieben bis zehn Jahre im Voraus das Thema in Szenarien anzudenken und Fachpersonen beizuziehen. Ein geeignetes Gefäss für erste Diskussionen ist auch der Verwaltungsrat im Unternehmen. Die Nachfolge lässt sich nicht vermeiden, doch sie lässt sich planen." Wichtig ist laut dem Geschäftsführer von KMU Next auch zu verstehen, dass der Prozess auf mehreren Ebenen stattfindet: "Die Regelung der Unternehmensnachfolge gestaltet sich sowohl als emotionaler als auch als wirtschaftlicher Prozess. Zahlreiche Einflussfaktoren gilt es zu bedenken und im Prozess zu berücksichtigen. Da es kein Patentrezept für die Nachfolge gibt, muss jeder Generationenwechsel individuell betrachtet werden. Grundsätzlich ist feststellbar, dass die Nachfolge nicht oder zu spät geplant und kaum in Szenarien gedacht wird. Vor allem aber können viele Inhaber nicht loslassen."
Jörg Sennrich ist deshalb überzeugt, dass es Institutionen wie KMU Next braucht, um das Bewusstsein für die Thematik zu fördern: "Der unabhängige und neutrale Verein KMU Next bringt Übergeber und Übernehmer zum Nachfolgethema zusammen. Eine erfolgreiche Firmenübergabe bedingt sowohl auf Inhaber- als auch auf Nachfolgerseite eine sorgfältige Vorbereitung. Diesen Prozess kann KMU Next mit seinem Netzwerk unterstützen. Die Regelung der Nachfolge ist ein Prozess und kein punktuelles Ereignis. In Institutionen wie dem Verein KMU Next können sich Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Kaufinteressierte in einer geschützten Umgebung informieren und den Nachfolgeprozess angehen."


"Swiss IT Reseller" hat bei einem Spezialisten für Mergers & Acquisitions nachgefragt sowie bei vier Unternehmern, die ihre Nachfolge bereits geregelt haben. Sie erzählen auf den nachfolgenden Seiten von ihren persönlichen Erfahrungen, zeigen auf, wo die wichtigsten Hürden liegen und geben Handlungsempfehlungen für den erfolgreichen Abschluss der Unternehmensnachfolge. (luc)


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