Komplex, komplexer, Swisscom Mobile-Logistik

Im Dezember 2000 wurde bekannt, dass Also ABC den Logistik-Grossauftrag von Swisscom Mobile gewonnen hat. Seitdem wird in Emmen an allen Fronten gebaut. Der Auftrag erreicht neue Dimensionen der Komplexität.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/17

     

Also ABC hat nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass die Abwicklung von komplexen Logistik-Prozessen ein zukünftiges Kerngeschäft des Luzerner Distis neben der Distribution sein soll. «Wir sind vor drei Jahren zusammengesessen und fragten uns, wie wir in Zukunft auf eine Sättigung des IT-Marktes reagieren sollen», erzählt Also ABC-Chef Marc Schnyder. Damals wurde beschlossen, den Verkauf von Logistik-Dienstleistungen zu einem weiteren Standbein von Also auszubauen. Bereits seit 1997 betreiben die Luzerner Logistik-Outsourcing für Sunrise – im Gegensatz zum Geschäft mit Swisscom Mobile aber ohne die komplexen Prozesse für Invoicing und Bestellungs-Handling.

Aufwendige Offerte

Die Ausschreibung von Swisscom für die Übernahme der Logistik im Mobile-Bereich umfasste volle 60 Seiten. Entsprechend gross war der Aufwand bereits schon für die Offertstellung. Die Bewerber für den Auftrag hatten gerade mal 30 Tage Zeit, um eine erste, grobe Offerte zu erstellen. Schliesslich investierte Also über 300 Mann-Tage in ein Offertpaket, das IT, Logistik, Finanzierung, Kreditmanagement und «Operation-Management» umfasste.
Acht Mitbewerber beteiligten sich an der ersten Offertrunde – in der Schlussausmarchung standen sich dann noch Also ABC und Setz/Yellowworld gegenüber. Swisscom verhandelte mit beiden Mitbewerbern separat weiter und entwickelte die ersten Prozesse. Am 1.12.2000 fiel dann der Entscheid für die Luzerner.

Drei Kanäle, x Prozesse

Swisscom Mobile verkauft Abonnemente, Prepaid-Karten und Handys über drei verschiedene Kanäle, die unterschiedliche Prozesse voraussetzen. Die Belieferung des ersten Kanals, des Handelskanals, wurde durch Also ABC Ende Januar 2001 aufgenommen. Es folgten im April der «SBU»-Kanal (Swisscom Business-Kunden) und Ende August der Endkunden-Kanal. Jede dieser drei Kundengruppen kennt verschiedene Bestellwege (Telefon, Fax, E-Mail, Webbestellsystem, etc.), Verrechnungsarten (Rechnung, Nachnahme), Lieferwege und natürlich auch Produkte, wie die Kombination von Handys mit Verträgen.
Entsprechend komplex gestaltet sich schon nur die Abgrenzung der Prozesse, die bei Swisscom ihren Anfang nehmen (z.B. Disposition) und denjenen, die über Also «hereinkommen». Prinzipiell übernimmt Also die kundenseitigen Vorgänge von der Bestellungsannahme bis zu Verrechnung und Bezahlung, während Disposition und Inkasso Swisscom Mobile zugeordnet sind.

Erstes grosses Schweizer Biztalk-Projekt

«Das Swisscom-Projekt ist kein reines Logistik-Projekt, spielt die IT dabei doch eine zentrale Rolle. Die Herausforderung lag klar bei der Integration der Prozesse in die IT von uns und von Swisscom», so Schnyder. Ein «Logismatik»-Projekt Also. Man wird sich an diesen relativ neuen Begriff gewöhnen müssen. Auf Seiten der Also werden die Daten im ERP-System «OneWorld» von J.D. Edwards abgebildet, wo man – vereinfacht ausgedrückt – einen Swisscom-Mandanten führt. Die Swisscom-Gruppe arbeitet ihrerseits mit verschiedenen ERP- und Finanzsystemen. Folglich setzt man Microsofts Biztalk-Server für die Schnittstellen zwischen Also und Swisscom ein.

Was kostet ein Prozess?

Da seit August sämtliche Verkaufskanäle von Swisscom Mobile zu Also ABC ausgelagert sind, geht es nun um die Überprüfung der Prozesse. Schnyder: «Wir müssen jetzt die Prozess-Sicherheit gewinnen.» Äusserst komplex ist auch die Verrechnung der Abläufe. Während in der klassischen Distribution ein Produkt ein- und verkauft wird und die Marge Lagerrisiko und Handling decken sollte, bleiben alle Produkte im Swisscom-Deal im Besitz des Telekommunikationsanbieters.
Also ABC verrechnet der Swisscom geleisteten die Arbeitsschritte von der Bestellungs-Entgegennahme bis zur Bezahlung. Doch welche Prozesse kosten wieviel? Wohl jeder Distributor und Logistiker wäre um die genaue Antwort dankbar. Marc Schnyder zieht bei der Diskussion dieses Punktes eine riesige, geplottete Matrix hervor. Man hat – mit Unterstützung der Universität Regensburg – sämtliche Arbeitsschritte neu bemessen und dann kalkuliert.

Erst der Anfang

Also ABC hat ihr Know-how im Bereich Logistik-Outsourcing-Projekte entscheidend ausgebaut und wird diesen Geschäftszweig weiter verstärken. Der Einstieg ins Logistik-Outsourcing-Geschäft bedeutet allerdings keineswegs den Beginn des Ausstiegs aus der Distribution. Die Distribution wird auch nächstes Jahr mit den drei Standbeinen Client-Server / Technology / Retail-Consumer etwa drei Viertel der Beschäftigten in Emmen umfassen.
Aufbauend auf dem heutigen Erfolg der Distribution will man sich in Emmen mit dem neuen Geschäftsfeld die Potentiale der Zukunft erschliessen. Angesichts der jüngsten Konjunkturprognosen für das PC-Geschäft zweifellos ein weitsichtiger Entscheid. (hc)


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