«New HP» – das sagt die Romandie


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/16

     

Die 25 Milliarden Dollar Übernahme von Compaq durch Hewlett-Packard schlägt in der Informatikwelt hohe Wellen. «Die HP-Leute sind genauso überrascht wie wir», bekennt Oliver Bortolotti von der Genfer Darest & Sunset Informatique.
Durch die Akquisition von Digital Equipment wäre Compaq zwar gut für den Sprung in die Services vorbereitet gewesen, dem einzigen sich nach wie vor sehr gut entwickelnden Sektor seitdem sich der Vormarsch der PCs dem Ende zuneigt. Allerdings konnte Compaq die vom Erfinder der Minicomputer geerbten Ressourcen nicht voll ausnutzen. Hewlett-Packard seinerseits blieb seit dem Verschwinden von Data General, Norsk Data, Philips und Digital Equipment der letzte Hersteller von Minicomputern, der den Siegeszug der PCs und Wintel-Server überstand.
Auch wenn noch nicht alle Details der Übereinkunft bekannt sind, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Position Genfs gestärkt wird, denn die Stadt ist europäischer Sitz vieler internationaler Firmen. Das neue Unternehmen wird sich wohl im Hauptsitz von Hewlett-Packard in den Aussenbezirken von Genf niederlassen. Die europäischen Manager von Compaq könnten also von Zürich-Kloten in die Calvin-Stadt ziehen müssen.

Skepsis auch in der Romandie

«Man könnte vermuten, sie würden versuchen ihre Produktlinien zu rationalisieren und zu vereinheitlichen»; unterstreicht Bortolotti. Doch wer annimmt, die Fusion ziele gegen die Vorherrschaft von Dell im PC-Markt, könnte sich täuschen. Es sind vor allem die Services – bei Servern, der Entwicklung von Lösungen unter Windows 2000, Audit und Beratung – in denen die beiden fusionierten Gesellschaften gut plaziert sind. «IBM steht bei den Services in der Schusslinie», so Bortolotti weiter.
Die Absorption Compaqs durch Hewlett-Packard wird zeigen, dass nicht alle Fusionen und Akquisitionen die erhofften Resultate bringen. Denn man wäre nicht auf die Fusion mit HP gekommen, wenn die Vereinigung von Compaq und Digital Equipment wirklich zufriedenstellend verlaufen wäre. Die einzige Ausnahme war die Schweiz, wo Compaq beispielsweise 50% des Marktes der Intel-Server besetzte, wesentlich mehr als sonst weltweit. «Compaq konnte nicht genügend Synergien mit DEC bilden», bestätigt Claude Buob, ehemals Verantwortlicher bei Microsoft für die französchsprachige Schweiz und jetzt Marketing-Leiter bei GIT in Genf.
Man müsse sagen, dass zum Zeitpunkt des Aufkaufs die Einstellung der Verantwortlichen und Angestellten bei Compaq gegenüber dem Personal von DEC recht arrogant war. «Sie hatten auch keine besonders korrekte Einstellung gegenüber ihren Partnern mehr und das beeinflusste entsprechend die Ergebnisse. Im Gegensatz dazu hatte Hewlett-Packard stets eine sehr respektvolle Einstellung zu seinen Partnern», hebt Claude Buob hervor.

Wenn zwei fusionieren, freut sich der Dritte...

Um die erhofften Einsparungen von 2,5 Milliarden Dollar/Jahr zu erzielen, müssten HP und Compaq nicht nur 10% der Angestellten entlassen sondern auch das Produktportfolio umbauen, das grösserer Kohärenz bedarf. Nicht zu vergessen die Services: «Wenn man im PC-Markt keine Services verkauft, ist man verloren», schliesst Claude Buob.
Allerdings hat eine reine Fusion der Produkte, auch wenn sie logisch scheint, nicht nur positive Seiten. «Das Verschwinden eines Konkurrenten kann zu Preiserhöhungen und Margenrückgängen führen», meint Stéphane Demaurex von der Genfer Info Logo, der Produkte beider Unternehmen verkauft und wartet. «Die Unternehmen haben nun weniger Auswahl. Wir wollen unabhängig bleiben und unseren Kunden die Wahl zwischen verschiedenen Modellen bieten. Das zwingt uns nun dazu, uns an andere Hersteller zu wenden.»
Pierre-Henri Badel


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Was für Schuhe trug der gestiefelte Kater?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER