Reseller sollten die Cloud als Chance nutzen
Quelle: istock

Reseller sollten die Cloud als Chance nutzen

Text: Leonard Bodmer

Die Vorteile der Cloud für Unternehmen sind nicht von der Hand zu weisen – entsprechend wird sich der Cloud-Trend auch nicht abschwächen. Für Reseller bedeutet das, sich diesem Trend stellen zu müssen und ihn nicht als Gefahr zu sehen, sondern als Chance zu begreifen. Innovativen Channel-Partnern und Systemintegratoren bietet das Thema Cloud Computing nämlich neue und zusätzliche Umsatzchancen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2015/01

     

Viele Reseller betrachten die Cloud nach wie vor primär als Gefahr für ihr Geschäft. Die Gründe liegen auf der Hand: Noch vor kurzem war die Rolle des Channels klar definiert. Reseller oder Distributoren hatten eine feste Aufgabe wie den Vertrieb von Hardwareboxen oder Lizenzen. Durch die Cloud hat sich dies allerdings gravierend geändert. So sehen etliche Channel-
Partner ihre Geschäftsmöglichkeiten durch die Cloud massiv bedroht, vor allem auch hinsichtlich ihre Expertise bei der Installation und der Anpassung von Applikationen, da Cloud Computing die Erstellung und Nutzung neuer Lösungen erheblich vereinfacht. Vor allem langjährig tätige, traditionelle Value Added Reseller (VARs) und Systemintegratoren, die sich auf vor Ort betriebene Applikationslandschaften fokussieren, geraten durch flexible, kostengünstige und unkompliziert zu beziehende Cloud-Services unter Druck. Denn Software as a Service (SaaS) und Cloud Computing schränken die Möglichkeiten von Implementierungs- und Integrationsleistungen ein, mit denen VARs und Systemintegratoren bislang vorwiegend ihre Gewinne erzielten. Doch das ist eine teilweise stark vereinfachende Sicht der Dinge.
Die Herausforderungen für den Channel sind allerdings nicht wegzudiskutieren. Es ist nicht hilfreich, sie zu leugnen. Sie sollten vielmehr aktiv aufgegriffen werden, das heisst, Channel-Partner sollten frühzeitig die Weichen stellen, um von den strukturellen und technologischen Veränderungen in den Bereichen IT-Beschaffung und -Betrieb profitieren zu können.

Cloud-Expertise eröffnet neue Geschäftschancen


Reseller sollten die Cloud als Chance begreifen und entsprechende Cloud-Kompetenzen auf­bauen. Dadurch können sie sich relativ schnell ein zusätzliches Umsatzpotential erschliessen. Denn eines ist klar: Viele Unternehmen wollen heute schnell wachsen und suchen Unterstützung durch Cloud Computing, was kalkulier­bare IT-Kosten bietet und eine relativ schnelle Anpassung der IT-Architektur an die eigene Geschäftsentwicklung ermöglicht. Allerdings sind sie dabei auf Unterstützung bei der Implementierung von Lösungen angewiesen. An dieser Stelle kommen ihre IT-Partner ins Spiel – vorausgesetzt ihr Lösungsangebot umfasst auch Cloud-Services und -Integrationsleistungen.
Doch was macht einen Reseller zum Cloud-Experten? An dieser Stelle muss zunächst der Status quo der Cloud beleuchtet werden. In der Regel verbleibt heute zumindest ein Teil der Applikationen in der internen Infrastruktur oder einer Private Cloud. Dafür gibt es im Wesent­lichen zwei Gründe: Zum einen sind manche Anwendungen nicht für den Public-Cloud-Einsatz geeignet und zum anderen ist aus Compliance- oder datenschutzrechtlichen Gründen oft eine Public-Cloud-Nutzung nicht möglich. Sind diese Einschränkungen nicht vorhanden, bieten sich Public-Cloud-Lösungen an, die sich durch eine hohe Flexibilität und Kosteneffizienz auszeichnen. Generell hat sich aber gezeigt, dass für viele Unternehmen heute ein Open-Source-basiertes Hybrid-Cloud-Modell der ideale Einstieg ist, um die Potentiale privater und öffentlicher Clouds optimal zu nutzen.

So kann beispielsweise mit einer offenen, Anbieter-unabhängigen Lösung problemlos ein IT-as-a-Service-Modell, also die freie Wahl von IT-Ressourcen, umgesetzt werden – und zwar sowohl intern mit verschiedensten Virtualisierungslösungen beziehungsweise Infrastructure-­as-a-Services als auch in der Public Cloud wie mit Amazon Web Services oder Schweizer Anbietern wie Cloudlynx und Swisscom. Die ­Hybrid Cloud ist heute vielfach Realität, aber den Unternehmen fehlen noch geeignete Tools und Verfahren, die existierenden IT-Bereitstellungsprozesse auf diese neue Welt mit vielen verschiedenen Virtualisierungs- und Cloud-Lösungen anzupassen. Diese Aufgabe kann der Reseller übernehmen.
Unerlässlich dafür ist, dass Channel-Partner ein Verständnis entwickeln, wie eine Cloud-Computing-Infrastruktur und Cloud-Services im Sinne eines Open-Hybrid-Cloud-Ansatzes implementiert werden können, der offen ist für ein On-Premise- und Off-Premise-Deployment.
Mit einem flexiblen Open-Hybrid-Cloud-Ansatz können Anwender die Bausteine eines IT-Stacks individuell anpassen, beispielsweise dann, wenn ein besser geeigneter, umfang­reicherer oder kosteneffizienterer Service erhältlich ist. Durch das Open-Hybrid-Cloud-Modell erhalten Unternehmen eine sichere und zukunftsfähige Plattform, mit der die Vorteile des Cloud-­Konzepts nutzbar werden, ohne dass sie sich in unerwünschte Abhängigkeiten begeben. Für Channel-Partner bedeutet dies, dass sie bei ihren Angeboten mehrere, untereinander kom­patible Lösungsbausteine berücksichtigen können.

Offenes Fundament dank Openstack


Auch wenn Unternehmen befürchten, sie würden sich beim Cloud Computing zu stark an einen bestimmten Anbieter binden, können Channel-Partner diesen Einwand leicht entkräften. Wer als Fundament seiner Cloud-Infrastruktur eine Linux-basierte Openstack-Lösung verwendet, setzt ausschliesslich auf offene Standards und bleibt flexibel bei seiner Infrastruktur – das gilt für Channel-Partner wie für ihre Kunden gleichermassen.
Openstack, die Open-Source-Plattform für den Aufbau von Clouds, stellt alle Komponenten für die Implementierung einer Open Hybrid Cloud bereit, bei der bestimmte Applikationen und Daten im eigenen Rechenzentrum verbleiben und beispielsweise Standard-Services an einen zertifizierten Cloud-Provider ausgelagert werden. Unternehmen erhalten mit einer Open­stack-Infrastruktur und hybriden Clouds eine sichere und zukunftsfähige Plattform, die eine maximale Offenheit und Flexibilität bietet – und das macht letztlich auch den Kern von Open Source aus.

Generell ermöglichen Open-Source-Verfahren dem Channel eine problemlose und rasche Nutzung von Cloud-Technologien. Grundlage dafür bilden allgemein akzeptierte Standards. Dabei steht ihnen ein umfangreiches Angebot von SaaS-, PaaS (Platform as a Service)- und IaaS (Infrastructure as a Service)-Lösungen zur Verfügung, aus denen sie eine Auswahl treffen können. Zentrale Aufgabe des Channel-Partners mit Cloud-Know-how ist es dann, auf Kundenseite vorhandene Technologien und Prozesse in die neuen Services zu integrieren, etablierte Systeme aufzurüsten sowie Administratoren und gegebenenfalls Anwender zu schulen.
Und einen Punkt darf man dabei keinesfalls vergessen: Grössere Cloud-Provider bieten primär die Basistechnologie an, das Umsatzpotential im Bereich der Services kann aber vor allem auch ein VAR ausschöpfen – aufgrund von Branchen-Know-how und Kenntnis der Geschäftsprozesse seiner Kunden ist er dafür geradezu prädestiniert.

Die Differenzierung ist entscheidend


Wollen Channel-Partner Cloud-Lösungen verkaufen, müssen sie folglich verdeutlichen, welche Expertise sie zusätzlich zu den Lieferanten grundlegender Cloud-Technologien anbieten. Das bedeutet, sie müssen ihre Qualifikationen und ihre Kenntnisse ständig weiterentwickeln, um sich im Markt differenzieren zu können.
Im Gespräch mit der IT-Abteilung eines Unternehmens ist der wichtigste Punkt, die Ziele des Kunden zu ermitteln. Damit ändert sich auch die Rolle des Channel-Partners. Er ist jetzt nicht mehr darauf fixiert, Produkte zu verkaufen, er wird vielmehr zum Service-Provider, der aufgrund umfangreicher Kenntnisse vieler Produkte zusammen mit seinen Kunden die am besten geeignete Lösung entwickelt.
In seiner Funktion als Consultant kann ein Channel-Partner anhand einiger grundlegender Aspekte die «Cloud-Fähigkeit» eines Unternehmens beleuchten:

1. Ermittlung der eingesetzten Betriebssysteme und Virtualisierungsplattformen;


2. Bestimmung des Virtualisierungsgrades der Systemlandschaft;

3. Bestandsaufnahme der Standard- und Individual-Applikationen und Ermittlung ihrer Eignung für eine Migration in die Cloud;

4. Bewertung der Abhängigkeiten zwischen Applikationen;

5. Ermittlung der Datenschutzvorgaben und Compliance-Richtlinien.

Für viele Channel-Partner bedeutet die Cloud ein neues Geschäftsmodell. Eine ihrer Aufgaben besteht auf jeden Fall darin, Unternehmen zu beraten, wie sie flexibel und bedarfsorientiert in einem Open-Hybrid-Cloud-Modell interne und externe IT-Kapazitäten miteinander kombinieren können. Eine derartige Open-Source-
Cloud-Strategie eröffnet ihnen neue und zusätzliche Chancen.
Insgesamt gesehen hat Cloud Computing die IT-Landschaften bereits erheblich beeinflusst. Künftig werden sich im Zuge dessen auch die Channel-Landschaften deutlich verändern. Channel-Partner sollten ihre Geschäftsmodelle somit an die neuen Anforderungen anpassen, mögliche Lücken in ihrem Portfolio schliessen und die spezifischen Bedürfnisse ihrer Kunden aufgreifen. Mit der notwendigen Flexibilität und der Bereitschaft, sich neuen Entwicklungen zu stellen, haben Partner auch in Zukunft sehr gute Chancen im Markt. Denn viele Unternehmen werden beim Thema Cloud Computing Rat gerade bei ihren IT-Partnern und Systemintegratoren suchen.


Leonard Bodmer ist Country Manager & Sales Director bei Red Hat Switzerland.


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