«Nortel stufe ich als KMU-Lösung ein.»

Die Ende letzten Jahres gegründete All IP Tel ist eine Tochter der Dübendorfer All Com-Gruppe. Zwar kann der neue Player noch keine konkreten Aufträge vorweisen. Er wird aber — sollten die Aufträge im erhofften Mass eintrudeln — auf einen Pool von 80 Cisco-Engineers zurückgreifen können.Ein Gespräch mit Managing Director Lukas Gillioz.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/09

     

Die Dübendorfer All Com-Gruppe hat letztes Jahr eine eigene Firma, die All IP Tel gegründet, die sich nur mit VoIP-Lösungen beschäftigt. Laut Lukas Gillioz (Bild), CEO von All IP Tel, konnten bereits einige Zertifizierungen erreicht werden.
Die 100%-Tochter habe sich gut in die Gruppe integriert, denn die Kernkompetenzen seien klar adressiert und es gebe keine Überschneidungen zu den anderen Schwestergesellschaften. Gillioz habe vor allem das «familiäre Verhältnis untereinander» in allen Bereichen und Stufen der Gruppe beeindruckt.
Es hätte eine grosse Nachfrage von Personen bestanden, die bei All IP Tel hätten arbeiten wollten — in diesem ausgetrockneten Markt eher eine ungewöhnliche Sache. All IP Tel beschäftigt zur Zeit sieben Mitarbeitende, und kann für die Ausführung der Projekte auf einen Pool von 80 Cisco-Engineers der All Com-Gruppe zurückgreifen.

IT Reseller: Konnten Sie bereits erste Kunden gewinnen?

Lukas Gillioz: Wir haben schon mehrere Offerten erstellt und sind kurz vor Unterzeichnung von ersten interessanten Projekten. Leider kann ich zur Zeit daher nichts Näheres mitteilen.
ITR: Wie beurteilen Sie den VoIP-Markt in der Schweiz? Wie hoch schätzen Sie den Markt (Unternehmen, Carrier) in der Schweiz für die nächsten Jahre?
LG: Der Markt ist sehr gross, da wir nicht nur den klassischen Telefoniemarkt, sondern auch den CTI-Markt ansprechen. Es geht Also in erster Linie nicht darum, die klassischen PBXs zu ersetzen, sondern den grossen Bereich der Applikationen zu integrieren. Ich schätze den Markt in der Schweiz für dieses Jahr auf 5 Mio., für 2002 auf 20 Mio. und für 2003 auf rund 100 Mio. Franken.
ITR: Wie beurteilen Sie die Bereitschaft von Schweizer Unternehmen, auf IP-Telefonie umzusteigen?
LG: Generell sind viele KMUs und die Carrier «VoIP-Projekt-bereit», manche Enterprise-Kunden wollen bis Ende Jahr einen Pilot realisieren. Eine neue Technologie heisst aber neues Risiko. Viele grössere Firmen befürchten eine weitere Baustelle in ihrem Betrieb. Dass dem nicht so ist, müssen wir mit perfekten Projekten beweisen. Die Enterprise-Kunden sind sich aber häufig über den Aufwand und den Zeitbedarf eines VoIP-Piloten nicht bewusst.
Speziell im VoIP-Umfeld, wo eine neue Technologie und grosser Widerstand der «alten Welt» aufeinandertreffen, muss ein Pilot sehr genau und unbedingt fachmännisch betreut durchgeführt werden, um den Mehrnutzen wie TCO und Applikationsintegrationen aufzuzeigen! Also nicht einfach: hier ist das Equipment, in zwei Monaten holen wir es wieder. So erleiden VoIP-Projekte garantiert Schiffbruch.
ITR: Wie viele IP-Telefonie-Projekte sind Ihrer Meinung nach in der Schweiz bereits bei grossen oder kleinen Unternehmen am Laufen? Wieviele sind davon Pilotprojekte und wieviele tatsächliche Umsetzungen?
LG: Ich denke dass ca. 10 bis 20 echte Umsetzungen stattgefunden haben und ca. 40 bis 60 Pilotprojekte bei unterschiedlich grossen Unternehmungen am Laufen (oder gelaufen) sind. Was sicher ist: VoIP wird die traditionellen PBX Systeme ablösen, wie die CD die Schallplatten abgelöst hat!

ITR: Wie beurteilen Sie das neue Cisco-Partnerprogramm?

LG: Das neue Cisco-Partnerprogramm fördert Unternehmungen, die Lösungen anstatt nur reines Boxmoving anbieten. Es kommt es uns sehr entgegen, da wir ja als GU vor allem Dienstleistungen anbieten, mit welchen wir auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen.
ITR: Haben Sie bereits Produkte von Innovaphone verkauft und wie beurteilen Sie Innovaphone im Vergleich zu Cisco?
LG: Nein, bisher haben wir keine Produkte von Innovaphone verkauft. Die beiden Anbieter sind nicht im gleichen Segment tätig. Innovaphone skaliert in der heutigen Version im Vergleich zu Cisco zu wenig, ausserdem ist die CTI-Unterstützung leider erst ab diesem Sommer verfügbar. Innovaphone ist für KMUs bis ca. 50 User vom Preis/Leistungsverhältnis ideal, allerdings werden dieses Jahr auch Produkte von Cisco für dieses Segment erwartet.

ITR: Wie beurteilen Sie die Chancen von Nortel im Voice-Bereich?

LG: Nortel stufe ich mit seiner heutigen IP-Lösung als KMU-Lösung ein. Für komplexe Netzwerke bzw. Umgebungen ist eine reine IP-basierende PBX die Zukunft und da bin auch ich gespannt.
Cisco hat den Bogen raus, seit Januar dieses Jahres eine wirklich funktionierende VoIP-Lösung und daher die besten Voraussetzungen, um auch im VoIP-Enterprise-Bereich die Nummer 1 zu werden. Ich schätze den Technologie-Vorsprung von Cisco im Enterprise-VoIP-Markt auf etwa ein Jahr.
ITR: Was sagen Sie zur Attacke der Deutschen Telekom mit T-Systems und welches sind All IP Tels grösste Konkurrenten?
LG: T-Systems beschreibt einen Weg, der logisch ist und den auch wir anstreben, allerdings umgekehrt. Ein Angebot aus einer Hand macht grossen Sinn, die einzelnen Elemente müssen aber nicht nur zusammen funktionieren, sondern auch in sich «perfekt» sein. Daher sind gezielte Partnerschaften viel effizienter und erfolgreicher als Lösungen von einem Unternehmen. Getronics und Ascom sind unsere grössten Konkurrenten.
(Interview: mh)


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