«ASPs müssen jetzt Vertrauen aufbauen»

Für 62 Prozent der Schweizer Unternehmen ist ASP kein Thema. Dies ergab die aktuellste Untersuchung der Schaffhauser MSM Research zum Schweizer ASP-Markt.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/07

     

«Das ASP-Modell ist in der breiten Masse noch nicht gänzlich verstanden worden,» sagt der Schweizer Marktforscher Philipp Ziegler von MSM Research. IT Reseller unterhielt sich mit Ziegler über die Akzeptanz des ASP-Modells im Schweizer Markt.
IT Reseller: MSM Research hat eine Marktanalyse zum ASP-Markt in der Schweiz durchgeführt und dazu IT-Verantwortliche befragt. Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
Philipp Ziegler: Für 62 Prozent der Unternehmen ist ASP heute kein Thema. Aber immerhin etwa ein Drittel hat sich mit ASP beschäftigt. Das ASP-Modell ist also auf jeden Fall interessant. Doch heute ist das Konzept noch eine «Blackbox». Wenn man diese «Blackbox» aufmacht und genau schaut, was sich darin verbirgt, werden die Leute kritisch. Die IT-Verantwortlichen sehen, dass sich dahinter sehr viele Partnerschaften und unterschiedlichste Schnittstellen verbergen und sehen die vorprogrammierten Probleme.
Dass im ASP-Modell verschiedene Partner auftreten, ist eine Hemmschwelle für die Unternehmen. Es gibt die Provider der Infrastruktur, der Applikation und des Supports. Der Kunde fragt sich: «Wer hilft mir, wenn nur einer der Partner des ASPs umfällt?» Wenn ein Unternehmen eine eigene Infrastruktur betreibt, kann es das Risiko verteilen. Im ASP-Modell sieht er eine grössere Abhängigkeit.
ITR: Gibt es weitere Faktoren, die die CIOs gegenüber dem Modell skeptisch machen?
PZ: Die IT-Infrastruktur hat für Unternehmen strategische Bedeutung. Deshalb möchten die meisten ihre IT nicht auslagern. Zuerst dachte man doch, ASP sei besonders für den Mittelstand interessant. Doch da hat man sich geirrt.
Gerade mittelständische Firmen haben enorm viel in ihre IT investiert und haben heute oft eigene, funktionierende Lösungen. Diese Firmen glauben nicht, dass es ohne Customizing der Lösungen geht. Und unter dem Aspekt des Investitionsschutzes hinsichtlich der eigenen Lösung will man nun erst einmal abwarten, welche Erfahrungen andere Unternehmen mit dem ASP-Modell machen.
Zu diesem Thema gehört auch die Frage, was mit den Daten im Falle eines Konkurses des ASPs passiert und wie in einem solchen Fall der Betrieb aufrecht erhalten werden soll.
Zweitens sehen sie ihre Datensicherheit gefährdet. Sie wollen die Finger auf den Servern, dem Speicher und den Daten haben. Das ist nicht nur eine technische Frage. Bei ASPs stehen Server neben Server. Die Kunden fragen sich, wer denn da alles Zugriff auf ihre Daten hat.
Und drittens haben viele Angst vor zu hohen externen Kosten. Grundsätzlich haben wir festgestellt, dass das Vertrauen der Anwender in das Konzept ASP erst noch aufgebaut werden muss. Nach der vielerorts eingesetzten Ernüchterung bezüglich des E-Business ist man neuen Schlagwörtern gegenüber ohnehin sensibler geworden.
ITR: Ist es vorstellbar, dass sich ASP in den Markt einschleicht? Dass zum Beispiel Kunden erste Applikationen per ASP beziehen und so merken, dass es funktioniert?
PZ: Es fragt sich, in welchen Bereichen das passieren soll. Interessanterweise ist es ja nicht der Mittelstand, der sich zuerst für ASP interessiert, sondern das Modell ist eher für KMUs und Grosse interessant. KMUs haben zu wenig Leute, um ihre IT-Infrastruktur und Applikationen professionell zu betreuen und sie sehen laufend ihre Kosten aus dem Ruder laufen.
Für grössere KMUs werden mit ASP zum Beispiel auch ERP-Applikationen erschwinglich, die sie sich vorher nicht leisten konnten, zum Beispiel HR-Applikationen.
Auch bei Kleinstunternehmen könnte es einen interessanten Markt geben. Oft sind ja die Buchhaltungsdaten für Kleinstunternehmen bereits zu einem Treuhänder ausgelagert.
Für grosse Unternehmen könnten die Rollouts für neue Applikationen oder Releases beschleunigt und kosteneffektiver gestaltet werden.
ITR: ASP scheint als Schlagwort ausgedient zu haben. Man nennt sich heute «AIP» (Application Infrastructure Provider) oder «SSP» (Storage Service Provider) oder ...
PZ: Wir haben mit einigen Systemintegratoren und VARs gesprochen. Sollen wir in den ASP- oder eben xSP-Markt einsteigen? Diese Frage stellen sich viele. Aber es gibt in der Schweiz eben sehr viele Individuallösungen. ASP funktioniert nur in der Masse mit möglichst standardisierten Applikationen. Wenn ich für jeden Kunden Anpassungen machen muss, dann erreiche ich schwerlich die Gewinn-Zone.
Es gilt für jeden ASP nach dem Aufbau einer ersten Kunden-Referenzliste möglichst rasch durchzustarten und die kritische Masse zu erreichen. Das wird in der Schweiz mit dem hohen Grad an individualisierten Lösungen vorerst ein beschwerlicher Weg sein. Deshalb sprechen manche heute von «AMS», Application Management Service. VARs oder Integratoren, die Applikationen anpassen und implementieren, bieten den Kunden auch Hosting und das Management der Lösung an.
(Interview: hc)


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