Compaq möchte ein offenes Schlachtfeld

Die Märkte für SAN und NAS werden ab 2001 abheben, meint Compaq, und möchte sich mit seiner ENSA-Strategie standesgemäss das grösste Stück vom Kuchen abschneiden. Partnerschaften und Reseller sollen dabei eine Hauptrolle spielen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/06

     

«Wie verwalte ich möglichst viel Speicher mit möglichst wenig Personal?» Das ist die Hauptfrage, die sich Unternehmen stellen müssen, meint Olaf Swantee, der seit Anfang Jahr die Geschicke von Compaqs EMEA Enterprise Storage Group leitet.
In Zukunft werden die Hardwarekosten pro Speichereinheit weiter stark sinken, während die Management-Kosten kontinuierlich ansteigen. Die beste Antwort auf die Management-Kostenfrage glaubt Compaq mit seiner «Enterprise Networked Storage Architektur» (ENSA) auf Lager zu haben, deren gegenwärtiger Stand in Sevilla Anfangs März vorgestellt wurde.
Gemäss Mark Lewis, Vize-Präsident der Enterprise Storage Group, glauben 92% der Kunden, die von DAS auf SAN umgestiegen sind, dass sie so Geld sparen, und dass sie jetzt im Schnitt 3,7 mal mehr Daten mit den gleichen Ressourcen managen können. Sie schätzen auch, dass die Hardware lediglich etwa 10% der lebenslangen Kosten eines Speichersystems ausmacht.

Licht ins dunkle Zeitalter

Olaf Swantee wurde in seiner Rede in Sevilla beinahe etwas lyrisch. Aus dem gegenwärtigen «dunklen Zeitalter des Storage» soll es nun ins Licht der vernetzten Speicherressourcen und des offenen SANs gehen – natürlich unter der freundlichen Führung von Compaq. Mit dem dunklen Zeitalter meinte Swantee vor allem zwei Dinge.
Heute wird immer noch für jedes System durch einen Server einzeln eine Verbindung zum Speicher hergestellt, im Prinzip nicht anders als zu den Zeiten, als noch ein Operateur die Telefonverbindungen herstellte. «Networked Storage» hingegen steigert die Effizienz, da es gesamthaft verwaltet werden kann und keine Flaschenhälse entstehen.
Zweitens sind heute noch monolithische Systeme vorherrschend, und «proprietäre Hersteller» (Wer ist da wohl gemeint?) würden eine elf Jahre alte Technologie verkaufen. Ist die Architektur einmal wirklich offen, müssen sich die Kunden nicht mehr von einem einzelnen Hersteller abhängig machen, ausserdem soll die Konkurrenz die Preise fallen lassen und die Innovation fördern.
Auf einem solchen offenen Schlachtfeld, sagt Swantee, wird sich Compaq durch sein Preis/Leistungsverhältnis durchsetzen und, wie von anderen Bereichen gewohnt, klarer Marktführer werden. So etwa 20 bis 40 Prozent Marktanteil sollten es nach den Vorstellungen Compaqs schon sein.

Wir sind alle so offen

Vom eigenen offenen SAN reden viele Hersteller, und zweifeln an der wahrhaftigen Offenheit der jeweils anderen Konzepte. Als Beweis für seine Ernsthaftigkeit nennt Compaq den Fahrplan in Richtung Open SAN, der 1998 aufgestellt wurde, und der seither immer eingehalten worden sei. Gartner Groupe bestätigt: «Alle Hersteller verwenden proprietäre Elemente, aber Compaq hat die meisten Anstrengungen gezeigt, SANs zu kreieren, die Komponenten anderer Hersteller, inklusive Speicherkomponenten, einbinden können.»
Den Durchbruch zum Open SAN soll die SAN-Virtualisierung bringen. Grob vereinfacht gesagt werden alle verteilten Storage-Ressourcen in einem gemeinsamen Pool zusammengefasst und verwaltet werden. Den Servern werden nur noch virtuelle Disks präsentiert, sie müssen nicht mehr den physischen Speicher managen. Compaq wird ungefähr zum Jahreswechsel ein entsprechendes Produkt (Versastor) auf den Markt bringen.

Breites Angebot als Pluspunkt

Als Hauptvorzug gegenüber der Konkurrenz wird die Breite des Angebots ins Feld geführt. Compaq liefert sowohl Hardware wie auch Software für Storage, kann für SANs sowohl im Disk- wie im Tape-Bereich konkurrenzfähige Produkte ins Rennen schicken, und Compaq kann natürlich auch gleich die passenden Server aus dem eigenen Stall mitliefern. Durch die OEM-Partnerschaft (Shark) mit IBM kann man jetzt auch Mainframe-Umgebungen unterstützen. Noch etwas soll für Compaq sprechen: Man hat viel investiert in «Feet On The Street», sowohl durch den Aufbau einer eigenen schlagkräftigen Sales-Mannschaft, als auch durch die Förderung von Channel-Partnern.

Und wo bleibt NAS?

Themen rund um SAN standen in Sevilla im Vordergrund. Im NAS Geschäft hat Compaq aber mit seinen Tasksmart Appliances auch ein Bein in der Tür. Mark Lewis charakterisiert NAS als ein signifikantes Nischenprodukt, das aber die Storage-Welt nicht sehr verändert, im Gegensatz zum revolutionären offenen SAN. Ideale Einsatzmöglichkeiten sieht Compaq vor allem bei ISPs, für verteilte Webserver-Architekturen und bei der Server-Konsolidation.
Wie wichtig der Storage-Markt für Compaq ist, sollen einige Zahle zum Schluss verdeutlichen: 2000 entfielen vom Compaq-Umsatz 18% auf den Consumer-Bereich, 30% auf Business-PCs, 16% auf Services und 36% auf den Enterprise-Bereich, davon 9,6% (5,2 Mrd. Dollar) auf Storage. Im Jahr 2001 sieht man ein Wachstum von 3% für PCs, 4% für Services, 7 bis 15% für Server und 31% für Storage voraus. (hjm)

Umkämpfte Compaq-Zertifizierung

Einige Channel-Player im Storage-Markt setzen grosse Hoffnungen auf die Compaqs Storage-Offensive. Vor allem die Zertifizierung als SAN System Integrator (SSI) durch Compaq wurde von einem Teil der Storage-VARs hervorgehoben. Noch hat Compaq nicht offiziell bekannt gegeben, welche Reseller die begehrte Zertifizierung erhalten.
Inoffiziell ist zu erfahren, dass Atag Debis, Bison, Dettwiler, Red IT und UDT/Tristar zu SSIs ernannt werden sollen. Dagegen habe sich, so hört man, Widerspruch von Seiten anderer, grosser Compaq-Partner erhoben, die ebenfalls den begehrten Status erhalten wollten. Dies wiederum würde aber den Storage Spezialisten keine Freude machen...

Olaf Swantee (Bild) zur Rolle der Compaq-Partner

IT Reseller: Compaq wolle mehr Speicher-Business durch den Channel abwickeln als je zuvor, hiess es in Sevilla. Wie soll das geschehen?
Olaf Swantee: Partner spielen eine wichtige Rolle in unserer Strategie. Wir glauben, dass SANs in Zukunft weniger komplex werden und sich der Channel noch mehr beteiligen kann. In einer selektiven Strategie werden wir mit qualifizierten, fokussierten Partnern zusammenarbeiten. Compaq wird von seinem exklusiven Storage-Partnermodell abrücken und mehr Partner als bisher akkreditieren. Neben der höchsten Partnerstufe, den SAN System Integrators, die ihren Kunden professionelle Services bieten können, wird es auch eine Akkreditierung als «Storageworks Reseller» geben.
ITR: Was raten Sie den Unternehmen, die sich noch am Storage-Boom beteiligen wollen?
OS: Wenn man investieren möchte, dann muss man es jetzt und heute tun. Mit Compaq findet man einen Partner, der sich schon immer zum Channel bekannt hat.
ITR: Die Schweiz ist ein KMU-Land. Wie sehen sie die Entwicklung des Speichermarktes in diesem Bereich?
OS: Auch kleinere Unternehmen werden teilweise grosse Storage-Bedürfnisse haben, aber es fehlt ihnen das Management-Personal. Ich sehe hier darum eine grosse Rolle für Storage Service Providers, die Speicher nach Bedarf liefern können. Im Moment gibt es aber noch ein Problem. Den vorhandenen SSPs fehlt der Kundenkontakt, den die Reseller haben. Sie sollten sich deshalb zusammentun. Compaq hat auch schon Produkte für kleinere SANs in Petto, die sich für mittelgrosse Unternehmen eignen, zum Beispiel den Raid Array RA 4100.
(Interview: hjm)


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