Krimi aus der Cash-Burn-Szene

Wie dampft man 500 Millionen zu 20 Millionen (Dollar) ein?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2001/06

     

Marktforscher und Bankanalysten konnten vor nicht allzu langer Zeit gar nicht genug vom zukunftsträchtigen Markt für Spracherkennungssoftware fabulieren. Entsprechend hoch war der Wert, den die Börsen im Hightec-Fieber den Firmen, die sich auf Spracherkennung spezialisiert hatten, zumass. Der Börsenrausch ist ebenso vorbei wie sich Spracherkennung als technologisch äusserst komplexe Angelegenheit entpuppte.
In der Folge sind die einst führenden Firmen Lernout & Hauspie sowie Dragon Systems zu Juristenfutter geworden. Reich werden nun nur noch die Anwälte. Die Vorgeschichte: Lernout & Houspie übernahm letzten Juni für 500 Mio. Dollar in Aktien den Konkurrenten Dragon Systems von James und Janet Baker.
Das Ehepaar Baker – vor kurzem eben noch eine halbe Milliarde Dollar «schwer» – kann das Glück aber nicht so richtig geniessen, denn das Aktienpaket ist unterdessen nur gerade noch 20 Mio. Dollar wert und Lernout & Hauspie unter Gläubigerschutz nach dem US-Konkursverfahren.

Technologie böswillig verscherbelt?

Lernout & Hauspie plant jetzt die eigene Technologie an den US-Hersteller von Autobestandteilen Visteon zu verkaufen. Und zwar für lausige 13,1 Mio. Dollar. Dagegen wenden sich nun die ehemaligen Dragon-Besitzer, das Ehepaar Baker.
Sie verlangen vom Richter, dass ein Treuhänder die ehemalige Dragon Systems überwacht. usserdem versuchen sie juristisch den Deal zwischen L&H und Visteon zu verhindern, da sie befürchten, dass auch Technologie ihrer ehemaligen Firma verscherbelt wird.
Bekommen die Bakers recht, so gerät allerdings L&H tiefer in Schwierigkeiten. Die Firma muss nämlich bis zum 7. April den Gläubiger befriedigen, der das weiterarbeiten von L&H während des Konkursverfahrens vorfinanzierte.

Juristenfutter


Im Fall Lernout & Hauspie laufen noch eine Reihe von anderen Verfahren. So gibt es eine Reihe von Verantwortlichkeitsklagen gegen Verwaltungsräte und der belgische wie auch der amerikanische Staat untersuchen von sich aus die Buchhaltungs-Praktiken der Firma. 20 Prozent der Mitarbeitenden ist in einer ersten Restrukturierungs-Aktion schon mal gekündigt worden. (hc)


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