Vertriebsflash: Schnelligkeit ist entscheidend


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/03

     

IT-Lösungsverkäufer Paul H. war intensiv auf Stellensuche und hatte soeben sein erstes Interview mit einem potentiellen neuen Arbeitgeber hinter sich gebracht. Begeistert schwärmte er seiner Frau anschliessend zu Hause vom sympathischen Chef und den guten Karrieremöglichkeiten vor. In den darauffolgenden Tagen sah er sich in Gedanken schon bei dieser neuen Firma und malte sich seine Zukunft dort in den buntesten Farben aus. Mit zunehmender Nervosität prüfte er seit jenem ersten Treffen anschliessend mehrmals am Tag seine privaten Mails. Der Verkaufsleiter hatte nämlich versprochen, ihm innerhalb von 48 Stunden einige Terminvorschläge für ein Folgegespräch zuzusenden. Nachdem er nach über einer Woche noch immer nichts gehört hatte, nahm Paul H. selbst den Hörer in die Hand und rief bei der Firma an.
Dort sagte man ihm, dass das Interesse an ihm nach wie vor hoch sei. Da die internen Prozesse nun jedoch ein Telefoninterview mit der nach Ungarn ausgelagerten HR-Abteilung vorsehen würden, müsse er sich noch etwas gedulden. Das zaghafte Aufbegehren von Paul H., man möge sich doch bitte beeilen, da er noch Ende dieses Monats kündigen wolle, blieb ungehört. Und so wartete Paul H. weiter, und seine anfängliche Euphorie begann sich in Luft aufzulösen.
Just in diesem Moment rief ein ehemaliger Arbeitskollege von Paul H. an und erwähnte, dass sein Chef dringend einen qualifizierten Verkäufer suche. «Das wäre genau der richtige Job für dich. Und die zahlen erst noch gut!», meinte sein Freund. Kurz entschlossen griff Paul H. zum Telefon und vereinbarte mit dem Sales Manager gleich einen Termin für den nächsten Morgen. Man war sich auf Anhieb sympathisch, weshalb man noch während des Meetings ein weiteres Gespräch auf Ende der Woche festlegte. Dort unterbreitete man Paul H. im Verlauf des Treffens eine Vertragsofferte, die so verlockend war, dass Paul H. ohne lange zu überlegen sofort zusagte.
Wer glaubt, diese Geschichte sei konstruiert, der irrt. Noch immer scheinen einige Firmen nicht kapiert zu haben, dass der Arbeitsmarkt sich in den letzten sechs Monaten grundlegend geändert hat. Wer glaubt, auch heute noch Kandidaten über Wochen hinhalten zu können, da die Mitarbeiter innert so kurzer Zeit sowieso keinen neuen Job fänden, der befindet sich auf dem Holzweg. Gute Kandidaten wollen heute wieder hofiert werden. Unnötige Wartezeiten, verursacht durch einen zu komplizierten internen Rekrutierungsprozess, sind hierfür wahre Motivationskiller und haben schon so manchen guten Kandidaten zur Konkurrenz getrieben. Ein Sprichwort besagt, dass man das Eisen schmieden müsse, solange es noch heiss sei. Diesen Satz gilt es zu beherzigen, wenn man einen Kandidaten für das eigene Unternehmen gewinnen möchte. Selbstverständlich ist ein seriöser Rekrutierungsprozess immer zwingend erforderlich. Wenn dieser jedoch dazu führt, dass einem die Konkurrenz laufend die besten Kandidaten vor der Nase wegschnappt, dann sollte man flexibler werden und dem Faktor Geschwindigkeit schnellstmöglich mehr Bedeutung beimessen.




Markus Schefer ist selbständiger Personal- und Unternehmensberater und Dozent an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Basel für das Fach
«Verkauf». markus@scheferpersonal.ch (ms)


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