Apple-Direkthändler wehren sich – mit Erfolg

Apple-Händler beklagen sich gern und lange über die Politik der US-Firmenzentrale, wie ITR im Gespräch feststellte. Manchmal sogar mit Erfolg. Die Stichworte: Umsatzvorgaben, Service, Produktepolitik.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/20

   

Einige Apple-Direkthändler haben grosse Augen gemacht, als ihnen die Umsatzvorgaben für das dritte Quartal 2000 einen Monat nach Anfang des besagten Quartals ins Haus flatterten. «Absolut unrealistisch» wurde IT Reseller zugetragen.
Beim Nachfragen hörten wir einiges über die Vorgaben, vom zurückhaltenden «recht hoch» über «neben den Schuhen» bis zu «Ich habe gedacht, sind die noch ganz beieinander?». Übereinstimmend meinten sie, dass die Ziele noch nie so übertrieben angesetzt worden seien. Immerhin ging es um ein Prozent der Marge, keine kleine Sache im heutigen IT-Geschäft.
Am Ende wurde die Suppe dann doch nicht so heiss gegessen. Nach verschiedenen Rückmeldungen an Apple Schweiz, etwa in der Art von «Gopferteli, spinnt ihr», wie es der vorher noch zurückhaltende Händler vermutete, sei man dort «weich geworden». Die Vorgaben wurden Ende Oktober wieder nach unten korrigiert, das Margenprozent doch zugestanden. Trotzdem, ein ungutes Gefühl bleibt zurück.
Einer vermisst die klare Linie, ein anderer vermutet, dass auch die reduzierten Ziele durch Aufstockung der Lager erreicht wurden, ein dritter ist einfach «hässig über die Art und Weise, wie das Ganze ablief». Und, das kam im Gespräch mit direkten und indirekten Apple-Resellern zum Ausdruck, im Apple-Lager fühlt man sich der Politik der US-Firmenzentrale auf Gedeih und Verderb ausgeliefert (Das Wort Monopolist fiel immer wieder). Man murrt, aber man versucht damit zu leben. Und auf die Produkte sind sowieso alle stolz.

Apple will Händler antreiben

Wie sieht man die Geschichte bei Apple Schweiz? Geschäftsleiter Martin Hagger erklärte IT Reseller: «Dass die Reseller erstmal leer schlucken, wenn sie die Targets sehen, ist ganz normal und richtig so».
Umsatzziele seien Mittel, um die Partner zum «vorwärtsmachen» zu bewegen. Keiner könne erwarten, einfach die gleichen Vorgaben wie letztes Jahr zu erreichen. Die Vorgaben seien gesenkt worden, als man bei Apple Schweiz feststellte, dass sich die Auslieferung verschiedener im Lauf des Sommers angekündigter Produkte (Powerbook, Cube) verzögert hatte. Auch sei es offensichtlich geworden, dass der Cube die hochgesteckten Umsatzerwartungen nicht erfüllen konnte.
Und trotz allem habe man schliesslich ein sensationelles Quartal geschafft. (Aber müsste ein sensationelles Quartal nicht die Erwartungen übertreffen, fragt sich der Schreiber?) Auf jeden Fall können sich die Reseller nicht darauf einstellen, dass jetzt routinemässig Umsatzziele korrigiert werden, meint Hagger.

Logistik unprofessionell

Keiner der angesprochenen Reseller (neben Direkthändlern auch Fachhändler die von Distis beziehen) ist zufrieden mit dem Niveau des Reparatur-Services von Apple. Seit sie die Reparaturen für die neueren Geräte nicht mehr selbst durchführen dürfen, gehe einiges schief. (Apple hat den Reparaturdienst der holländischen Firma ADT übergeben.)
Die Logistik des neuen Systems scheint sehr fehlerhaft zu funktionieren. Bis ein defektes Gerät wieder beim Kunden ist, dauert es manchmal vier bis sechs Wochen. Transportschachteln werden am falschen Ort oder zur Unzeit angeliefert, Geräte kommen unrepariert zurück, Auskünfte sind nicht zu erhalten. Kommentare: «Es läuft nicht rund», «Katastrophe», «unprofessionell». Kundenkontakte gehen verloren oder werden geschädigt.
Einige stellen aus eigenem Antrieb Ersatzgeräte zur Verfügung. Das Branding als Apple-Service-Center wird zerstört, und man fragt sich, wieso man zwei zertifizierte Techniker braucht und «ein Schweinegeld ausgeben» muss, um «Päckli zu verpacken».
Vor allem für Business- und High-End-Kunden würde man darum die Reparatur gerne wieder selbst übernehmen. «Wir könnten das nicht nur besser, sondern auch billiger für Apple selbst erledigen». Ein altgedienter Apple-Händler relativiert allerdings: «Seit 14 Jahren betreibe ich ein Apple-Center. In dieser Zeit wurde das System vier mal auf den Kopf gestellt. Die Probleme blieben immer die gleichen.»

Kein zurück

Martin Hagger sieht keine Chance für eine Änderung. Es sei ihm bewusst, dass die Händler die Reparaturen gerne selber ausführen würden. Und das neue System habe Anlaufschwierigkeiten, wie es sie überall gibt. Aber die Zentralisierung habe Vorrang, denn dezentrale Konzepte seien teurer. «Das Servicemodell muss weitergehen!»

Blutet Apple den Fachhandel aus?

Bei der Frage der Produktpolitik zeigt sich eine klare Differenz zwischen Direkthändlern und kleineren Fachhändlern. «Seit zwei Jahren blutet Apple den Fachhandel aus. Apple hätte im High-End-Bereich bleiben sollen. Jetzt haben so viele die billigen iMacs gekauft, dass in nächster Zeit nur noch 40% Upgrade-Potential übrigbleibt.
Die versprochenen Überläufer aus dem PC-Lager sind kaum eingetroffen. Viele meiner Kunden, zum Beispiel im grafischen Bereich, würden immer noch einen höheren Preis zahlen. Sie können schliesslich auch nicht so einfach das System wechseln.» Konkurrenziert fühlt man sich bei den kleineren Händlern auch durch den Apple-Direktverkauf auf dem Internet. «Apple kann doch nicht Dell werden, das funktioniert nicht.»
Die Direkthändler spüren noch kaum Konkurrenz durch den Web-Verkauf und finden die Produktpolitik richtig. Ein Kommentar: «Verkauft wird über den Preis». (hjm)

Swip: Software-Upgrades nur noch über Fachhandel


Um Konfliktsituationen zu vermeiden, will die Swip Handels AG Software-Upgrades in Zukunft nicht mehr direkt an Endkunden verkaufen., sondern diese Geschäfte nur noch über den Fachhandel abwickeln. Betroffen sind in einem ersten Schritt Produkte der Hersteller Adobe, Filemaker, Apple Software, CE Software, etc. Trotzdem betrachtet Swip das Geschäft mit Software-Lizenzen und -Upgrades weiterhin als wichtigen Geschäftsbereich und will seine Fachhandelspartner in Zukunft gezielter beraten.


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