Apple Webserver wird ins All geschmissen

Einen Satellitenbausatz mit Webserver zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen, dort zusammensetzen und aus einer Luftschleuse hinaus in den Weltraum schmeissen - So will Skycorp 2001 der erste Space-Webhoster werden.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/20

   

Schon nächstes Jahr will die Firma Skycorp einen Satelliten mit einem Apple-Webserver an Bord in eine erdnahe Umlaufbahn bringen. Ein entsprechendes «Space Act Agreement» mit der NASA wurde am 20. Oktober definitiv abgeschlossen.
Der erste Web-Satellit ist lediglich eine Testplattform, später sollen ihm nach den Plänen von Skycorp 544 grössere Brüder folgen, die eine lückenlose Abdeckung der Erde bieten werden. Sie sollen in einer Höhe von ca. 400 Kilometern operieren.
Der Server (eine Apache-Version) soll auf einem Power Macintosh G4 500 MHz unter OS X laufen und einige tausend Websites hosten. Für End-User auf der Erde soll eine Übertragungsrate von 56kbs erreicht werden - vorausgesetzt sie befinden sich gerade unter dem Satelliten. Als Übertragungsverfahren wird DSSS (Direct Sequence Spread Spectrum) nach der drahtlosen LAN Spezifikation 802.11 zum Einsatz kommen.
Der Clou: Der Empfang wird auf ganz normalen WAP-Handys und anderen Geräten mit drahtlosem Anschluss möglich sein. Dennis Wingo, CEO von Skycorp, wählte den Apple wegen seiner Einfachheit und Verlässlichkeit, und weil die U.S. Army NT- und Linux-basierte Server aus Sicherheitsgründen dezertifiziert hat.

Billig-Konzept

Die grössten Kostenfaktoren beim Start von Satelliten sind das Gewicht und die Höhe der zu erreichenden Umlaufbahn. Der Skycorp-Satellit wird weniger als 70 Kilo wiegen. Um Gewicht zu sparen wird er in Einzelteile zerlegt und in Schaumstoff verpackt an Bord eines Shuttles in die Umlaufbahn gebracht. Dort wird er zusammengesetzt und von einem Astronauten aus einer Serviceluke hinausgeworfen.
Muskelkraft und einige minimale Stösse aus den Bahnkorrekturjets sollen für den nötigen Impuls sorgen, um die Umlaufbahnen von Shuttle (später ISS) und Satellit zu trennen. Durch dieses Vorgehen muss der Satellit selber nicht die strukturellen Verstärkungen aufweisen, um den Belastungen des Starts zu widerstehen. Ausserdem spart man Mechanismen um im Weltraum Hüllen abzuwerfen und Antennen und Solar-Panels auszufahren. Der Start von der ISS aus wird bevorzugt, weil man von dort eine höhere Umlaufbahn erreichen und damit ein grösseres Gebiet abdecken kann.
Wingo hofft, dass man durch die geringen Kosten der Satelliten sehr schnell in die Gewinnzone kommen kann. Ein wichtiger Faktor auch für die NASA und die ISS, die dringend beweisen müssen, dass man im Weltraum Geld verdienen kann.
Ein Apple Werbe-Gag? Ein Kandidat für eine Milliarden-Schlappe à la Iridium? (Die Geister-Satellitenflotte des verunglückten Satelliten-Telefon-Projekts schwebt stillgelegt im All und wartet auf ihre baldige Zerstörung.) Oder eine gute und profitable Methode, um abgelegene Gebiete ins Internet einzubinden? Wie Mr. Spock von der Enterprise gesagt hätte: «Faszinierend!». (hjm)

Internet Space Race

Im Weltraum ist einiges los. Verschiedene Konsortien planen, in den nächsten Jahren globale Satelliten-Flotten aufzubauen. Sie sollen Breitband-Zugang zum Internet bieten und auch Uplink-fähig sein, so dass kein Umweg über das terrestrische Netz mehr nötig ist. Ein weiterer Weg, Zugang zur «letzten Meile» zu bekommen. Allen gemeinsam ist, dass der User (nach der gegenwärtigen Planung) spezielle Empfangsgeräte brauchen wird. Weitere Gemeinsamkeit: Viel, viel Geld wird es kosten.
Spaceway: Das Projekt der Hughes Network Systems, hinter der General Motors steht. Geplant ist vorerst die Abdeckung Nordamerikas mit zwei geosynchronen Satelliten und einem Ersatzsatellit Ende 2002. HNS ist eine Allianz mit AOL eingegangen. Vorteil der geosynchronen Satelliten: Das Zielgebiet ist immer direkt unter ihnen, die Satelliten müssen sich nicht ablösen. Viel weniger Satelliten werden gebraucht. Nachteile: Durch die hohe Umlaufbahn (etwa 35’000 km.) ergeben sich viel höhere Kosten pro Satellit. Ausserdem ist die Signalübertragung merklich verzögert (Eine halbe Sekunde Wartezeit).
Teledesic will ab 2005 ganze 288 Satelliten in eine erdnahe Umlaufbahn (etwa 1400 km) bringen. Vorteil: kleinere Antwortzeiten, weniger Startkosten, mehr Scalability des ganzen Systems. Nachteil: Viele Satelliten, viele Starts, die Satelliten müssen sich ablösen. Sie werden mit Lockheed Martins Proton M und Atlas V-Raketen abgeschossen. Investiert haben unter anderem Bill Gates, Motorola und Boeing.
Skybridge, von Alcatel kontrolliert, will seine Flotte von 80 Satelliten ab 2003 starten. Wie die Teledesic-Flotte soll sie in einer erdnahen Umlaufbahn (1469 km) operieren. Ein Abschussvertrag wurde mit dem französisch-russischen Starsem-Konsortium geschlossen, das Soyus ST-Fregat-Raketen verwenden wird. Weitere Partner sind unter anderem Mitsubishi, Toshiba und wieder Boeing. (hjm)


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