Gewichtige Verbände der Technologie- und Internetindustrie äusserten sich anlässlich des bevorstehenden Napster-Berufungsverfahrens erbittert über das Urteil der Vorinstanz, das der klagenden Musikindustrie weitgehend entgegengekommen ist. Das Urteil beeinflusse die Zukunft der gesamten Technologie-Branche, wird argumentiert.
Vernehmen liessen sich so einflussreiche Vereinigungen wie die Consumer Electronics Association (CEA), die Digital Media Association DiMA und die NetCoalition. Allerdings sind sie vorsichtig genug, nicht direkt Partei zu ergreifen. Die Argumente liegen aber klar auf der Linie von Napster. Der Grundtenor geht dahin, dass ein überstrapapziertes Copyright-Gesetz die Entwicklung der Unterhaltungselektronik behindere.
Gnadenfrist für Napster
Im letzten Monat hatte eine Richterin entschieden, dass Napster als Betreiber einer MP3-Tauschbörse zumindest teilweise für die Copyright-Verletzungen seiner Mitglieder verantwortlich sei, und angeordnet, Napster habe dafür zu sorgen, dass kein urheberrechtlich geschütztes Material mehr vermittelt werde.
Napster argumentierte, dass sich das nicht kontrollieren lasse, und das Unternehmen unter diesen Umständen aufgeben müsse. Die Berufung gab Napster bisher zumindest einen Aufschub.
Wer anderen eine Grube gräbt…
Die CEA, der Unternehmen wie
Sony Electronics,
Apple und
Cisco angehören, ist wie die Vertreterin der Online Musik-Branche DiMA, vor allem darüber empört, dass das Gericht die Gleichstellung von Software und Kassettenrekordern nicht akzeptieren wollte.
Doch die Richterin argumentierte, interne Papiere von Napster hätten gezeigt, dass die Software primär entwickelt worden sei, um das Copyright zu umgehen, und die Verantwortlichen sich darüber durchaus klar gewesen seien.
Für die NetCoalition, die in Washington für
Yahoo, America Online,
Amazon und andere lobbyiert, und die mit der Ad Hoc Copyright Coalition, der U.S. Internet Industry Association, der Information Technology Association of America, dem Commercial Internet Exchange, der United States Telephone Association, und der Computer and Communications Industry Association zusammenspannt, geht es vor allem um die Interpretation des Digital Millennium Copyright Act und die Verantwortung resp.
Nicht-Verantwortlichkeit von Napster als Vermittler. Die Argumentation des Gerichts setze ISPs und andere Online Service Provider massiven, rechtlichen Unsicherheiten aus, sagte der Anwalt dieser Gruppe.
Nichts gesehen, nichts gehört…
Die Verlautbarungen der Verbände könnte allerdings noch zu Spannungen mit einzelnen ihrer Mitglieder führen. AOL etwa ist Mitglied bei verschiedenen der involvierten Verbände, aber auch mit dem Musik-Giganten Time Warner verbandelt.
Sony Electronics gehört der Consumer Electronics Association an, während
Sony Music gleichzeitig einer
der Hauptprozessgegner von Napster ist. Keines der Unternehmen hat bisher ein eigenes Statement abgegeben, das Napster unterstützt. (fis)