Kaum scheinen sich die B2B-Handelsplattformen im Internet zu etablieren, melden sich auch schon die Wettbewerbsbehörden dies- und jenseits des Atlantiks mit kartellrechtlichen Bedenken. In den USA trafen sich Ende Juni führende Betreiber wie Commerce One, Freemarkets und Metalsite mit Vertretern der staatlichen Federal Trade Commission (FTC) zu einem Workshop, um allfällige Regulationen zu besprechen. Allerdings mag sich das FTC noch nicht festlegen und will die weitere Entwicklung beobachten.
Die Aufmerksamkeit der Wettbewerbshüter hatte vor allem die von den drei Autogiganten Daimler Chrysler, Ford und General Motors zusammen mit Renault und Nissan lancierte B2B-Plattform «Convisint» erregt. Während die Autohersteller die zu erwartende Transparenz von Preisen und Lieferbedingungen für Autoteile und Dienstleistungen loben und sich Einsparungen von bis zu 2000 Franken pro Auto erhoffen, ist man auf Seiten der Zulieferfirmen eher skeptisch.
Rund um die Produktionsstätten der Konzerne hat sich oft eine Infrastruktur von kleineren und mittleren Firmen angesiedelt, die für die jeweiligen Unternehmen Teile liefern. Diese sind weitgehend vom jeweiligen Abnehmer abhängig, brauchten aber bislang die internationale Konkurrenz nicht zu fürchten und konnten auf die enge, lokale Anbindung pochen. Der virtuelle Marktplatz setzt solche Betriebe nun einem verschärften Kostendruck aus. Sprecher von Daimler-Chrysler, Ford und General Motors geben denn auch zu, dass der virtuelle Marktplatz Folgen für die engen Bindungen mittelständischer Zulieferer haben werde.
Laut einer Studie von Meryll Lynch fühlen sich die Zulieferer zudem schlecht informiert und befürchten – genau wie die Kartellbehörden – dass sie den Autoherstellern vertrauliche Preisinformationen überlassen müssen. Daher zeigen sich bisher viele vorsichtig und wollen zumindest abwarten, wie sich FTC und Convisint einigen, bevor sie sich an der Plattform beteiligen.
Europa vorerst zurückhaltend
In Deutschland wurden bereits früher Befürchtungen laut gegen die «Bündelung der Nachfragemacht gegen Zigtausende mittelständischer, europäischer Zulieferer», wie sich die CDU-Bundestagsfraktion ausdrückte. Ende Juli kündigte das Bundeskartellamt nun eine kartellamtliche Untersuchung an.
Anderseits hat die Europäische Wettbewerbskommission Anfang August erstmals die Bildung einer Internet-Handelsplattform – Myaircraft für die Flugzeugindustrie – gebilligt. Wettberwerbskommissar Mario Monti liess verlauten, die Kommission habe in diesem Fall keine Bedenken, da es genügend konkurrenzierende Plattformen für Flugzeugteile gebe. Gleichzeitig machte die Kommission aber auch deutlich, dass diese Entscheidung keine Präjudiz darstelle und jede weitere Plattform einzeln geprüft werde.
Grundsätzlich sind die Experten der Meinung, dass es für B2B-Plattformen keine neue Regelungen brauche und die bestehenden Kartellvorschriften genügten. Informationen über Geschäftsbeziehungen sowie Absprachen über Kreditvereinbarungen und Preisnachlässe wären demnach kartellrechtlich unwirksam und würden Bussen nach sich ziehen. Ausserdem muss nach Meinung der Wirtschaftswächter der freie Zugang zu den Plattformen gewährleistet sein. Ein besonderes Augenmerk wollen sie auch auf die Gewährleistung der Vertraulichkeit beim Datenaustausch legen und verhindern, dass mit einem aufeinander abgestimmten Vorgehen und der Bündelung der Nachfrage unzulässiger Druck auf die Teilnehmer ausgeübt oder deren rechtliche oder wirtschaftliche Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird. (fis)