Überrachend ist der Präsident des grössten Datenbank-Anbieters
Oracle, Ray Lane, zurückgetreten. Der als seriös und eher zurückaltend geltende Lane war 1992 zu Oracle gekomen und wurde 1996 COO und Präsident der Firma. Als Nummer zwei hinter dem quecksilbrigen Larry Ellison war er für das Tagesgeschäft zuständig. Ellison wird Lanes Aufgaben vorläufig übernehmen. Ein Nachfolger wurde bisher nicht ernannt. Lane wird, wie Oracle mitteilt, weiterhin dem Verwaltungsrat angehören.
«Wir wünschen alles Gute…»
In der kurzen Erklärung von
Oracle wurden keine Gründe für den Rücktritt genannt. Auch Lane hüllte sich in Schweigen. In der Branche ist aber bekannt, dass Lane und Ellison, was Geschäftsführung und -Stil betrifft, nicht immer einer Meinung waren. In letzter Zeit wurde zwar Lanes ohnehin schon fürstliches Gehalt erhöht, gleichzeitig jedoch seinen beiden Mit-COOs Gary Bloom und Jeff Henley immer mehr Kompetenzen zugesprochen und sein Einfluss zurück gebunden.
«Ich bin Ray für alle seine Bemühungen dankbar», liess sich Larry Ellison vernehmen, «wir werden ihn vermissen und wünschen ihm alles Gute.» Und er deutete an, Lane habe sich nach der Geburt seines Sohnes vermehrt seinem Privatleben widmen wollen. Tönt nicht gerade überzeugend. Besonders, wenn man Ellisons Worte gegenüber der «Wall Street Journal» im Ohr hat: «Lane legte immer Wert auf Selbständigkeit und wollte seine eigenene Show abziehen. Aber bei Oracle gibt es nur eine einzige Show.» Das allerdings glaubt man dem wirbligen Ellison aufs Wort. Nur mit der Oracle-Show, die in letzter Zeit am meisten zu reden gab, dem «Spionagefall Microsoft», soll der Rücktritt absolut nichts zu tun haben, darüber habe er mit Lane gar nie gesprochen.
Hinter den Fassaden
Oracle, einer der militantesten Microsoft-Gegner im Anti-Trust-Verfahren, hatte im letzten Herbst eine Detektivargentur beauftragt, die Beziehungen des Software-Giganten zu angeblich neutralen Organisationen zu untersuchen. Die Detektive wühlten sich daraufhin durch diverse Abfallsäcke, und wurden auch fündig. Als sie allrdings von einer Putzfrau den Müll der Association for Competitive Technology (Vereingung für Technologievergleiche, ACT) kaufen wollten, flog die Sache auf.
Die gefundenen Dokumente belegten immerhin, dass Institutionen wie die «National Tax Payers Union» und das «Independent Institute», die sich öffentlich gegen eine Teilung von
Microsoft aussprachen, von Gates Unternehmen Zuwendungen erhalten hatten. Wäre dies unentdeckt geblieben, rechtfertigte sich Ellison, hätten die Inseratekampagnen dieser Organisationen den Ausgang des Kartellverfahrens zweifellos beeinflusst.
Lane mochte das hemdsärmlige Vorgehen möglicherweise weniger goutiert haben. Was die Detektei tat, ist in den USA zwar nicht verboten, gilt aber gleichwohl nicht als des feinen Mannes Art, und zeigt, wie weit die Empfindlichkeit der beiden reichsten Männer der Branche, Bill Gates und Larry Ellison, unterdessen geht.
Dass die eher unappetitliche Angelegenheit aufgeflogen ist, dürfte das neue Image von
Oracle als Berater grosser Unternehmen nicht unbedingt gestärkt haben. Einmal mehr steht Oracle als neureicher Aufsteiger da, dem jedes Mittel recht ist. Ein hoher Microsoft- Manager höhnte nach dem aufgeflogenen Putzfrauern-Deal: «Glauben Sie wirklich, dass Sie Oracle als Technologie-Berater vertrauen können? Die sind ja nicht einmal in der Lage, den Dreck wegzuräumen.»
Nicht jeder ist ein Teflon-Typ wie Bill Clinton, an dem nichts hängen bleibt. In den USA, wo ein moralisch einwandfreies Image oft mindestens so wichtig ist wie technische Brillanz, dürfte Oracle den PR-Agenturen noch einiges zu verdienen geben, bis der Schaden behoben ist. (fis)