Langenthal v.2: «Kontrolliertes Wachstum» als Alternative

Die 3W-publishing AG dürfte den wenigsten ein Begriff sein. Der Langenthaler Start-Up baut E-Commerce-Software und macht Systemintegration und Hosting.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/12

   

Im Juli 98 trafen sich Patrick Näf und Thomas Schüpfer eines Samstags an einem Seminar. Die beiden diskutierten über Mittag – noch recht unverbindlich – über die Chancen, die der Webmarkt jetzt bietet. Warum nicht eine Firma gründen? Schliesslich sassen ein Programmierer und ein Betriebswirtschafter an einem Tisch...
Zwei Wochen später folgten der Handelsregistereintrag und erste Projekte. «Wir hatten Glück», meint Näf, «denn wir waren noch recht blauäugig.» Kurz darauf musste sich Schüpfer zwischen seinem damaligen Arbeitgeber und seiner Neugründung entscheiden. Der Entscheid für die eigene Firma war schnell gefällt. Rasch war klar, dass das Gestalten von Webseiten nicht die Zukunft sein konnte. Im Winter folgte der Einstieg in E-Commerce mit einem ersten «handgestrickten» Shop.

Der Entscheid für das eigene Produkt

Die Probleme mit dem ersten Shop waren gross und die junge Firma stand vor dem Entscheid, ein weiteres, eigenes Produkt auf den Markt zu werfen, oder auf Standardsoftware zurückzugreifen. Schüpfer: «Wir beschlossen eine eigene Lösung von Grund auf zu entwickeln, denn wir hatten alles, was es braucht. Wir tauften das Kind ‘Flexishop’.»
Knapp ein Jahr später konnten Schüpfer und Näf eine erste Mitarbeiterin anstellen, ein halbes Jahr später nahmen sie einen Grafiker an Bord. Ende 99 folgte die Gründung der AG und heute beschäftigen die zwei Gründer vier Personen in Langenthal, eine in Zürich und greifen bei Bedarf auf weitere fünf Freelancer zurück.

Der nächste Schritt: Einbezug von Partnern

Jetzt steht 3W-publishing AG vor einem weiteren Sprung: der Suche nach Partnern. «Wir wollen nicht 100 Partner in der Schweiz, sondern starke Partner», meint Thomas Schüpfer. Partner sollen zum Beispiel in der Lage sein, Schnittstellen zu bauen. Doch noch macht der Verkauf von Lizenzen erst einen kleinen Teil des Umsatzes aus. Pro Monat setzt 3W-publishing AG zur Zeit erst zwei bis drei Lizenzen ab. Doch die ersten Partner, die übrigens an der IEX gefunden wurden, bringen bereits Lizenzumsätze.
Der nächste logische Schritt beim Aufbau ist die Expansion ins Ausland. Bis Ende 2001 wollen die beiden Gründer starke Partner in Deutschland und Österreich gefunden haben. Was heute noch fehlt, ist die Zusammenarbeit mit einem Hersteller betriebswirtschaftlicher Software. Man sei in Verhandlungen mit einem ERP-Hersteller, meint Schüpfer.
Doch aktuell ist das Thema erst jetzt geworden, denn Flexishop wird mit der neuen Version 2.5 Zahlungsverfahren unterstützen. Schüpfer: «In der neuen Version ist SET und Zahlung per Postcard integriert. Ausserdem haben wir jetzt Fremdwährungen, Mehrsprachigkeit und die MWSt berücksichtigt.» Erst jetzt also sieht sich 3W-publishing AG in der Lage, auf grössere Firmen als potentielle Partner zuzugehen.
Der Aufbau kostet Geld. Ist 3W-publishing AG auf der Suche nach Risikokapital? Näf: «Wir wollen nicht zu einer VC-Firma gehen. Uns ist wichtig, dass unsere Firma auch uns gehört. Wir wollen nicht reich werden, und am Schluss nichts mehr zu sagen haben. Der Preis dafür ist, dass unsere Firma halt viel langsamer wächst.»
Die beiden sind mutig und bereit für die totale Unabhängigkeit einen hohen Preis zu bezahlen. «Unsere Firma gibt es jetzt zwei Jahre und wir können ein Lied davon singen, was es heisst, praktisch nichts zu verdienen. Aber wir sehen, dass unser Unternehmen Erfolg hat. Bis in fünf, sieben Jahren wollen wir in Langenthal vielleicht 30 Mitarbeiter haben.»

«Mehr als noch ein Shop»

Shoplösungen gibt es bald wie Sand am Meer. Die Leute von 3W-publishing AG betonen, dass Ihre Lösung ausgesprochen flexibel sei. FlexiShop kann auch verwendet werden, um Internetprogramme zu entwickeln, die auf den ersten Blick nichts mit einem Shop zu tun haben, wie Occasionenbörsen. Aber auch ganze Shoppingmalls und Webauktionen lassen sich realisieren. Unter dem Label «Flexishop» segeln drei Produkte.
- Flexishop Professional kostet einmalig 2500 Franken. Dazu kommen 60 Franken pro Monat für das Hosting, sowie separate Kosten für das Design des Shops.
- Flexipage ist ein Content-Management-Tool. (Fr. 1750.- / Fr. 15.-/Mt.)
- FlexiShop Webapplication kostet einmalig 4500.– Franken und ist mit monatlichen Kosten ab Franken 80.– verbunden.
Module für Benutzerverwaltung, Staffelpreise und Datumsverwaltung kosten separat. In der nächsten Version (2.5) werden zusätzlich Kreditkarten-Zahlung (Saferpay von 3C-Systems), Zahlung mit Postcard, Fremdwährungen und Fremdsprachen angeboten. Im Hintergrund von Flexishop steht eine mySQL-Datenbank für Linux oder Unix. Kunden sowie Partner, die die Site auf einem eigenen Server laufen lassen wollen, müssen also eine Unix- oder Linux-Maschine haben. Programmiert wird mit C++ und Perl-Scripts. Gemäss Technikleiter Patrick Näf lassen sich mit Perl sehr schnell Erweiterungen programmieren.(hc)


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