Wegschauen oder Rausschmeissen

Trotz Verboten surfen und mailen fast alle Mitarbeiter privat am Arbeitsplatz. Firmen reagieren mit blossem Wegschauen bis zum Rausschmiss.

Artikel erschienen in IT Reseller 2000/11

   

Wieviel Zeit verbringt ein Mitarbeiter mit privaten Tätigkeiten am Arbeitsplatz? Sind private E-Mails und surfen für eigene Zwecke ein Problem auch bei den Schweizer IT-Fachleuten. PC Guide hat für die letzte Ausgabe nachgefragt.

80% erledigen private Mails

Den privaten Mailverkehr erledigen praktisch alle Mitarbeiter während der Arbeitszeit. Über 80 Prozent benötigen dazu allerdings weniger als 15 Minuten pro Tag; länger als eine halbe Stunde sind keine fünf Prozent damit beschäftigt. Auch beim Instant-Messaging beschränken sich rund 70 Prozent auf wenige Minuten täglichen Gebrauch. Privat gesurft wird von rund 80 Prozent aller Angestellten, ungefähr 10 Prozent verbringen über eine halbe Stunde dabei. MP3 und Software wird auch am liebsten im Büro heruntergeladen, über die Hälfte der Mitarbeiter macht von den schnellen Leitungen im Geschäft Gebrauch. Damit kommen sie am ehesten in den Konflikt mit dem Arbeitgeber.

30% der Firmen kontrollieren die Mail-Server

Zwei Drittel der Firmen dulden privaten Mail-Verkehr und Internet-Recherchen. Instant-Messaging wird zwar nicht goutiert, aber immerhin von 43 Prozent toleriert. Der Besuch von Sex-Seiten und das Downloaden von MP3-Dateien und Software findet allerdings nur selten Gnade: Wer das tut, verletzt in den meisten Fällen die Firmen-Policy. Die Konsquenzen können schwerwiegend ausfallen, bei einem knappen Drittel der Firmen droht der Rausschmiss. Um nicht aufzufliegen, braucht es scheinbar oft einen gutmütigen Chef, denn die technischen Möglichkeiten werden ausgeschöpft: Jedes zweite Unternehmen errichtet Firewall-Sperren, jedes dritte kontrolliert die Mail-Server, jedes fünfte überwacht selbst die einzelnen Clients.

38% verletzen wissentlich Richtlinien

Über alles gesehen verletzen 38 Prozent der Mitarbeiter bewusst die Richtlinien, die ihnen auferlegt werden. Die Orwellsche Überwachung wird wohl nicht so ernst genommen oder auf die Datenschutzbestimmungen vertraut - etwas naiv allenfalls. Das Wirtschaftsmagazin Cash präsentierte kürzlich eine Software, die jeden Tastendruck des Mitarbeiters überwacht und pro Tag bis zu 9000 Files pro Überwachtem anlegt. Und kürzlich wurden Zürich-Versicherungs-Mitarbeiter in London entlassen, weil sie ein Mail mit anrüchigem Inhalt weitergeleitet hatten. Nichtsdestotrotz scheint der Arbeitsplatz als komfortables Web-Portal weiterzubestehen. (phk)



Das darf der Chef

Was in den USA auf der Festplatte liegt, darf der Chef anschauen, so die dortige Rechtssprechung. In der Schweiz sind private Daten auf Geschäfts-PCs besser geschützt.Grundsätzlich dürfen gelegentliche Telefonate oder Mails vom Büro aus erledigt werden. Auch Internet-Benützung in angemessenem Rahmen ist ok. Telefonüberwachung erlaubt das Gesetz nur, sofern sie zur Leistungskontrolle oder aus Sicherheitsgründen nötig ist.
Private Gespräche dürfen keinesfalls aufgezeichnet werden, wenn private Telefonate nicht grundsätzlich verboten sind. Und zur Kontrolle müssten in diesem Falle laut eidgenössischem Datenschutzbeauftragten andere Mittel eingesetzt werden. Dieselbe Regel gilt bei Computern: Zur Leistungskontrolle dürfen die Anzahl Anschläge registriert werden. Bei Verdacht auf Missbrauch darf er Stichproben anordnen, muss allerdings den Verdächtigten über diese Massnahme unterrichten. Private Mails unterliegen dem Fernmeldegeheimnis und sind damit ausser für Strafverfolgungs-Behörden tabu.


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER