Postenlauf der Hoffnung

Die Roadshow «Fit in IT» der Hasler-Stiftung hat Anfang Juni in Aarau gestoppt. Wie wird die iPod-Generation für IT fit trainiert und wie werden junge Maturanden speziell für Informatik begeistert? Die Neue Kantonsschule öffnet ihre Tore.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2008/12

     

Die Vögel zwitschern an diesem sonnigen Juni-Tag. Diese grüne Insel der Stadt befindet sich nur ein paar Schritte hinter den Blöcken von Kanzleien und Verwaltungen rund um den Bahnhof. Überall ginge ohne Informatik- und Kommunikationstechnologie nichts mehr. Gemäss einer Studie der Hasler-Stiftung interessieren sich lausige drei Prozent aller Lernenden in Gymnasien für ein Informatikstu­dium, genauso viel wollen Sportwissenschaften studieren.

Rad der Geschichte

Durch die Idylle des schönsten Aarauer Quartiers folgt die Strasse zur Neuen Kantonsschule Aarau. Seit dem 17. Jahrhundert, der Zeit frühester öffentlicher Schulbildung in Aarau, dreht sich hier das Rad der Geschichte. Die ehemalige Töchterschule bildet bis heute Lehrerinnen aus und seit den 1980er-Jahren sind die Klassen gemischt. Nichts Aussergewöhnliches, wäre da nicht das Projekt «Infocom.ch». Hier wird seit zwei Jahren eine Informatik-Klasse in Programmierung und Datenbanken ausgebildet. Lehrer Michel Hauswirth hat sich als Winkelried des Bildungssystems gegen den schleichenden Verfall des Faches Informatik an Mittelschulen gestemmt und das Projekt ins Leben gerufen.

Interesse der Universitäten

An der Neuen Kantonsschule Aarau treibt heute die Hasler-Initiative «Fit in IT» ihre Blüten. Erstes Anzeichen ist ein ETH-Minibus vor dem Eingang. «Guten Tag! Schreiben Sie einen Bericht?» Eine Bekannte und Vertreterin der ETH Zürich steckt voller Erwartungen. Sie zeigt den Lernenden hier 3-D-Filme aus Studentenhand. Weitere Vertreter der Universitäten Basel und Zürich sind im hellen Eingangsbereich mit ihren Ständen im Fördereinsatz. Um Nachwuchs werben sie mit Errungenschaften der Spracheingabe, mit Augmented Reality und Peer-to-Peer-Netzen: Ein Jahrmarkt der Innovation. Zukunftstechnologien auf dem Gang zwischen Kantine, Toilette und Klassenzimmer. «Passion Informatik», heisst es auf einer der grünen, innen begehbaren Infosäulen der «Fit in IT»-Initiative, die im Trio in der gläsernen Eingangshalle stehen. Mit der Pausenglocke schlendern auffallend viele junge Frauen um die PCs und zwischen den Säulen umher.

IT in der Geschlechterfalle

«Ist das dein Herz?», fragt eine Schülerin scherzhaft ihre Kollegin vor dem Monitor. Die medizinische Visualisierung der ETH Lausanne hat eine Gruppe junger Schülerinnen angezogen. «Frauen brauchen mehr Sicherheit und ein Gefühl des Aufgehobenseins», kommentiert die Mitarbeiterin der Uni Zürich. «Wir getrauen uns sonst nicht.» Wie recht sie hat: In der Ausstellung währt das Interesse der Schülerinnen an den Ständen genauso lange, wie sie sich nicht beobachtet fühlen. Mit der Fotokamera im Anschlag verscheucht man fast jede Gymnasiastin. Zahlenmässig sind Frauen im Verhältnis 2 zu 1 den männlichen Lernenden überlegen - hier wie gesamtschweizerisch. Der Aarauer Informatiklehrer Michel Hauswirth stimmt der Beobachtung zu: «Männer gehen mutiger auf Neues zu.» Seine jetzige Klasse besteht aus 16 Lernenden, davon sind vier Frauen.

Flash als trojanisches Pferd

Hauswirth nutzt im ersten Semester die Animationsprogrammierung. «Das ist mein trojanisches Pferd, um das Interesse und die Motivation am Unterricht zu wecken», sagt Hauswirth. In jeder Klasse befänden sich zwei Cracks, die mit ihrem Wissen und Können allen andern weit überlegen seien. «Das ist für viele der potentiell geeigneten Informatik-Schüler frustrierend.» Hauswith arbeitet für die Animationen mit Flash-Programmierung. «Die Schüler verlieren ihre Angst vor Programmcodes, wenn sie einmal sehen: Das kann ich auch», so Hauswirth.


Mit der gleichen Tour will auch die Initiative der Haslerstiftung Nachwuchs für Informatik ansprechen. Ein Beispiel ist die Schnitzeljagd mit mobilen GPS-Geräten. Alles Nötige ist kurz erklärt und ausgehändigt. «Männer und Technik», empört sich eine Teilnehmerin. Die Gruppe ist von nun an mit dem GPS-Empfänger auf sich allein gestellt. «Ich verlaufe mich auch ohne GPS», spottet die eine, eine andere will bloss auf die Schokolade als Belohnung aus. Es findet sich ein Kundiger und gibt der Gruppe die Richtung rund um die Schulhäuser vor. «Ich will Informatik studieren», bestätigt er danach. Ob das vor dem Lauf schon so war?

Roadshow: «Fit in IT»

In der Wanderausstellung «Fit in IT» sollen sich Lernende von Gymnasien mit den Inhalten der Informatik auseinandersetzen, sollen erkennen, wie die Informatik unsere Gesellschaft prägt. Sie lernen die Gründe kennen, die für ein Informatikstudium sprechen und erfahren, wie vielfältig und faszinierend die Tätigkeitsbereiche von Informatikerinnen und Informatikern sind. Die Roadshow findet im Rahmen der Informatica 08 statt, jeweils mit Eröffnungsevent und Aktionstagen. (Marco Rohner)


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