Oracle buhlt um die Wette

Am Partnertag in Stuttgart versuchten die Oracle-Oberen einmal mehr, Softwarehersteller und Systemintegratoren dafür zu motivieren, ausser in Datenbanken in die Bereiche Applikationen und Middleware vorzustossen.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2007/08

     

Rund 1000 Partnervertreter aus der Schweiz, Österreich und Deutschland haben vorletzte Woche den Weg nach Stuttgart gefunden, wo einer von insgesamt sieben europäischen OPN Days (Oracle Partner Network) stattfand. Nicht ohne Stolz verkündete der EMEA Vice President Alliances & Channels, Stein Surlien, dass der Oracle-Kanal Zuwachs erhalten hat. 19‘000 Partner habe das Unternehmen heute weltweit, im letzten Jahr seien es noch 16’000 gewesen. In der Region EMEA beträgt die Gesamtzahl der Partner 10’700. 45 Prozent des Lizenzumsatzes erwirtschaftet Oracle in dieser Region indirekt.
Dass der Channel insbesondere im attraktiven KMU-Segment oberste Prioriät hat, machte Surlien den Zuschauern einmal mehr mit fast schon pathetischen Liebesbekundungen deutlich: «Uns ist es todernst mit dem indirekten Vertrieb. Wenn Sie in eine Partnerschaft mit Oracle investieren und daraus keinen Return bekommen, dann lassen sie es mich und mein Team wissen.»

ISVs und SI am meisten willkommen

Die Partnertagung stand sinngemäss unter dem Motto «Discover More». In der Tat müssen viele Partner erst noch merken, dass aus dem früheren Datenbank-Hersteller im Zuge der Übernahmen von Siebel, Peoplesoft/JD Edwards, I-Flex, G-Log, Retek und vielen anderen der nach eigenen Angaben «weltweit grösste Anbieter von Unternehmenssoftware» geworden ist. Viele klassische Reseller-Partner sind nämlich immer noch auf die Datenbank fokussiert.
Dass diese Partner sich nur zögerlich in weitere Produktgruppen wie Middleware und Applikationen vorwagen, ist das grösste Problem: «Es ist ganz zentral, dass wir unser Produktwissen in die Partner-Community hineinbringen», sagt Silvia Kaske (Bild), Director Channel Sales & Alliances von Oracle Deutschland. Entsprechende Trainingsangebote für die Partner würden folglich weiter konsequent ausgebaut.
Höchste Priorität geniessen bei den Oracle-Oberen ISVs (Unabhängige Software-Entwickler) und Integratoren, die ihren Endkunden Komplettlösungen mit Datenbank, Middleware, Applikationen und Beratung verkaufen oder vertikale Branchenlösungen entwickeln. Bei diesen Partnergruppen wolle man die Anzahl maximieren, meinte Surlien. Anders hingegen sieht es bei den Datenbank-Resellern aus, die Surlien gegenüber IT Reseller die «Mc Donaldse» unter den Partnern nannte: «Dort müssen wir schauen, dass wir nicht zu viele haben, da sie sich sonst kannibalisieren und der Preisdruck zu gross wird».

Schweizer Partner gut vertreten

In der Schweiz liegt die Gesamtzahl der Partner laut Channel-Direktor Pier Paolo Battola leicht höher als im Vorjahr: «Wir hatten 40 neue Recruitments und einige Verluste von Partnern, die entweder fusionierten oder nicht besonders aktiv waren». Die Gesamtzahl betrage rund 470. Davon sei allerdings nur jeder Fünfte im Bereich Applikationen tätig. Das versucht Battola zu ändern: «Wir werden grosse Anstrengungen bei Middleware und bei vertikalen Lösungen unternehmen». Mit Stepwise und Kynergy würden bereits zwei Schweizer Partnerfirmen Accelerate-Lösungen entwickeln. Auch habe Oracle Schweiz im letzten Jahr einige gewichtige neue Kunden für Applikationen gewinnen können. Namen dürfe er allerdings keine nennen.

Hohes Interesse am Partnertag

Zugenommen hat auf alle Fälle das Interesse für den OPN Day: Im letzten Jahr waren es aus der Schweiz nur 15, heuer schon 40 Partnervertreter, die in Stuttgart anwesend waren. Bei ihnen gab es verschiedene Stimmen: «Oracle wird immer grösser. Das Wachstum bei den Applikationen hat der Firma ein ganz anderes Gesicht gegeben», meinte eher besorgt Urs Burkhard von Diso Solution, die seit vielen Jahren im Datenbankbereich aktiv ist.
Wie die Jungfrau zum Kinde zu einer Oracle-Partnerschaft kam hingegen der Integrator SQL: «Wir waren der einzige Schweizer Partner für
das Enterprise-Content-Management-­System von Stellent, bevor diese Firma von Oracle gekauft wurde», sagt Urs Tschudin zu IT Reseller. Der Vorteil des ehemaligen Stellent-Partners liege darin, dass er sich in einer Nische befinde und nicht durch viele andere konkurrenziert werde. «Wir sind zuversichtlich, unter dem Oracle-Dach jetzt mehr Möglichkeiten zu haben», so Tschudin. (bor)

«NO COMMENT»

Im Oktober des letzten Jahres waren bei Oracle Schweiz zwei Köpfe ­gerollt: Country Manager Joachim Asbrede und Marketingmann Miguel Bayo mussten den Hut nehmen. Die Gründe dafür blieben im Dunkeln. Selbst penetrantes Nachfragen bei den Oracle-Oberen am OPN Day in Stuttgart brachte keine klärenden Worte zu den Vorfällen. «No comment», hiess es. «Herr Asbrede wollte sich neu orientieren», meinte der Schweizer Channel-Boss Pier Paolo Battola lakonisch.
Bei den in Stuttgart anwesenden Oracle-Partnern hat man andere Theorien: Asbrede sei mit einem grösseren Kunden irgendwie verstrickt gewesen, weshalb man am Oracle-Europasitz reagiert und sich von ihm getrennt habe, wurde ­vielerorts gemunkelt.
Am 2. Mai tritt der frühere CSC-Boss Markus Gröninger als Country Manager von Oracle Schweiz an. «Herr Gröninger hat viel Erfahrung im Schweizer Markt, ein grosses Netzwerk und ist in der Branche sehr aktiv», meint Battola zu IT Reseller.


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