Sorgenkind Internet-Händler

Jeder CE-Hersteller geht anders mit dem Handel im Internet um – die meisten jedoch sehr selektiv.

Artikel erschienen in IT Reseller 2006/09

   

Der wachsende Erfolg von Internet-Händlern und der damit einhergehende Preis- und Margenzerfall stellen die Hersteller und Importeure von CE-Produkten vor Probleme: Beliefern oder nicht beliefern? Heinz Häner, Sprecher von JVC Schweiz, bringt es auf den Punkt: «Manchmal ist es cleverer, mit jemandem auf kleiner Flamme zusammenzuarbeiten als überhaupt nicht. Denn nur wer mit am Tisch sitzt, kann mitreden, wie getischt wird.» Klar ist auch: Wer jeden Internet-Händler uneingeschränkt beliefert, kommt mit dem Fachhandel in Konflikt. Denn dieser fürchtet zu Recht um seine Felle, wenn dasselbe Produkt, das er im Laden ausstellt, als Preisbrecher im Internet auftaucht.

Top-Produkte nur für Fachhandel

«Die Preistreiberei wird tatsächlich immer akuter», sagt Sacom-Sprecherin Rosmarie Saner. Darum habe man den Vertrieb von Pioneer kürzlich neu geregelt: «Highend-Produkte sind nur über den Fachhandel, andere auch über das Internet erhältlich», sagt sie. Auf diese Weise könne man dem Internet-Händler etwas anbieten und der Fachhandel habe sein hochpreisiges Produkt, bei dem er Beratung und Services mitverkaufen könne. Die Idee mag gut sein, funktionieren tut sie in der Praxis aber nicht immer: Top-Produkte tauchen zuhauf im Internet auf. Der Grund dafür liegt darin, dass viele Fachhändler, die solche Produkte geliefert bekommen, nebenbei Web-Shops betreiben. Oder darin, dass Web-Händler diese Produkte aus dem Ausland importieren: «Ohne europaweite Preis- und Distributionspolitik der Hersteller wird immer grau importiert werden», klagt Saner.

Einige ja, einige nein

Auch John Lay liefert dem Internet-Handel nur selektiv Panasonic-Produkte: «Für uns ist wichtig, dass im Garantie- oder Reparaturfall die Prozesse stimmen und ein Kundendienst vorhanden ist. Jeder Händler durchläuft ein Antragsverfahren», sagt Pressesprecher Christian Hermle. Doch auch Händler, die von John Lay einen Konditionsrahmen erhalten haben, ziehen unter Umständen den Parallelimport vor. So etwa die Betreiber von Netto24, Markus und Lukas Thoma. «Der von uns unterbreitete Konditionsrahmen entspricht offenbar nicht den Vorstellungen von Preisinsel, weshalb wir von diesem Händler momentan keine Bestellungen erhalten», sagt Hermle
trocken. Allerdings könne John Lay dem Internet-Handel nicht mit generell besseren Konditionen begegnen, da sonst das Preis- und Konditionensystem durchbrochen, der Fachhandel benachteiligt und dem Preisdumping Vorschub geleistet würde.
Auch Sony legt Wert auf Mehrwert: «Wir erwarten vom Web-Shop ein Dienstleistungspaket, um den Ansprüchen der Endkonsumenten an die Marke Sony gerecht zu werden», sagt Marketingdirektor Marco Di Piazza. Vertrauenswürdige Händler würden deshalb mit dem Gütesiegel «Sony Authorized Internet Dealer» gekennzeichnet. Von solchen Web-Shops könne der Konsument Leistungen erwarten, die jenen des Fachhandels ähneln würden, so Di Piazza.

Philips: No comment!

Philips teilt auf Anfrage mit, dass das Unternehmen keine qualitative Produktdifferenzierung innerhalb einer Produktkategorie betreibe. Der Hersteller unterscheidet im Vertrieb also nicht nach Kanälen wie Fachhandel oder Internet. Interessant wäre allerdings ein Einblick in die Konditionenpolitik von Philips gewesen. Tatsache ist nämlich, dass viele Web-Händler die von Philips Schweiz erhaltenen Konditionen als lächerlich bezeichnen: «Wenn ich für mehr als 1 Million Franken Jahresumsatz mit Philips-Produkten die gleichen Konditionen erhalte wie ein keiner Tetora-Dorfladen, der gerade mal ein Dutzend Fernseher im Jahr verkauft, dann muss ich die Waren ja aus Holland importieren», beschwert sich ein unzufriedener Shop-Betreiber. Doch Philips Schweiz schweigt eisern: «Was die Gestaltung der Konditionenpolitik mit unseren Vertriebspartnern angeht, so ist diese eine unternehmensinterne Entscheidung. Weder zur Kondi­tionen- noch zur Vertriebspolitik äussern wir uns in der Öffentlichkeit», sagt Pressesprecher Raphael Wermuth trocken. (bor)


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