Vermisst

Es war einmal eine kleine japanische Digicam, die von Nippon übers Meer in meinen Schweizer Einkaufswagen reiste. Nachdem sie sich mit mir angefreundet hatte, ging sie letzten Sommer mit mir in die Ferien nach Kuba. Das Klima in Kuba ist nicht nur für Menschen ziemlich hart. Und ich spreche da nicht allein von der Wetterlage. Jedenfalls war es zu hart für meine kleine Digicam, sie machte schlapp und wurde krank. Nachdem sie ein paar Bilder geschossen hatte, gab sie auf, wollte nicht mehr knipsen, nicht mehr filmen, schaltete ihr Display einfach ab und fiel ins Koma.
Jedwede Wiederbelebungsversuche seitens eines kommunis­tischen Kaders schlugen fehl.

Ich machte mir echt Sorgen. Fluchtartig verliess ich Fidels Insel und brachte die kleine Digicam auf die Intensivstation nach Zürich. Dort konnte man ihr aber nicht helfen und überwies sie zu einem Spezialisten nach Hamburg. Seither ist sie verschwunden. Das ist nun schon
23 Wochen her und ich habe kein Lebenszeichen mehr von meiner kleinen Digicam erhalten. Wurde sie entführt, verschleppt und muss jetzt auf der Reeperbahn anschaffen gehen, auf dem ­Digicam-Babystrich den Rest ihres Daseins fristen? Oder ist sie gar gestorben, einem Kunstfehler zum Opfer gefallen? Ich weiss es nicht, mir sagt ja keiner was. Ich weiss nur eins: Ich vermisse meine kleine Digicam und kann mir ein Leben ohne sie einfach nicht vorstellen.


Darum bitte ich um Ihre Mithilfe. Wer sie gesehen hat oder ­etwas über ihren Verbleib und ihren gesundheitlichen Zustand weiss oder jemanden kennt, der etwas weiss, der soll sich doch bitte bei mir melden. Sie hört auf den Namen Kyo Mi und trug zuletzt ein silbernes Seidenkleidchen mit einem roten ­Zeichen auf der Schulter. Sachdienliche Hinweise nimmt auch jede Polizeistation entgegen. Ich appelliere an ihr Mitgefühl, auch eine Digicam ist schliesslich nur ein Mensch. Rettet ­meine Kleine, damit sie nicht im Hamburger Rotlichtviertel von japanischen Touristen missbraucht wird! Vielen Dank.