Von Barebones und Building Blocks

Mit seinen Channel-Programmen scheint Intel den Geschmack seiner Partner getroffen zu haben. In der Schweiz fällt jedenfalls die Bilanz positiv aus.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/13

     

Ein Drittel der Umsätze von Intel werden über den Channel und die Assemblierer generiert, sagt Stefan Tritscher, Reseller- und Channel-Manager für die DACH-Region bei Intel, gegenüber IT Reseller. Deshalb liege Intel auch viel daran, gerade diese Kunden aktiv zu unterstützen. Und sie dazuzubringen, möchte man hinzufügen, nicht nur CPUs, sondern ganze Intel-Plattformen zu verbauen.
Die Intel-Programme umfassen Angebote für Distributoren, Assemblierer, Händler und Systemintegratoren. Darin integriert sind seit letztem Jahr auch die «Build Your Own»-Programme. BYOS (Build Your Own Server) ermöglicht es, Server aufgrund von vorgefertigten Komponenten, sogenannten Building Blocks, zu assemblieren. Damit sind auch kleinere Unternehmen in der Lage, kundenspezifisch ausgestattete Server zu bauen.
Ähnlich funktioniert das im letzten Herbst aufgegleiste Programm BYON (Build Your Own Notebook) für Centrino-Rechner. Tritscher meint dazu: «Im Notebook-Sektor stellen wir derzeit eine starke Nachfrage nach Eigenmarken fest. Parallel zum generell wachsenden Notebook-Markt steigt auch das Interesse an assemblierten Notebooks merklich.»

Die Komplexität verringern

Die Notebook-Assemblierung steht jedoch im Geruch besonderer Komplexität. Erleichterung bringen hier Barebones, die bereits Gehäuse, LC-Display sowie den Chipsatz und das Country Kit enthalten. Der Geschäftsführer von Micro Control, Eric Aslaksen: «Notebooks aufgrund eines Barebones zu fertigen, ist eigentlich fast einfacher als das Assemblieren eines Servers. Die Schwierigkeiten werden zu einem guten Teil mit den vorgefertigten Barebones aufgefangen. Dabei stellt Intel etwa sicher, dass die Kühlung, die gerade in einem Notebook nicht ganz einfach zu handhaben ist, bereits optimal angeordnet ist.»

Kontakte nach Asien

Intel und seine Distributoren – in der Schweiz sind dies Ingram Micro und Microtronica – schulen mit dem BYON-Programm nicht nur ihre Kunden im Bau von Centrino-basierenden Notebooks, sie vermitteln ihnen auch Kontakte zu Barebone-Herstellern in Fernost und beliefern kleinere Hersteller mit kleineren Stückzahlen, als sie die Barebone-Anbieter üblicherweise ausliefern. André Ihnenfeld, Teamleader Product Management bei Steg Computer, meint dazu, das BYOS-Programm vereinfache für ihn vor allem den Kontakt zu den asiatischen Lieferanten: «Das ist wichtig, da es zwischen uns und den Anbietern wesentliche Mentalitätsunterschiede gibt. Unser Design- und Anforderungsdenken ist anders als in Taiwan oder China. Da ist es gut, dass Intel die Konsistenz der Plattform sicherstellt und uns überdies via Distis ermöglicht, Barebones auch in kleinen Stückzahlen einzukaufen. Beides ist wohl nur mit der Marktmacht durchzusetzen, wie sie Intel hat.»

Wunsch-Systeme

Selbstverständlich möchte Intel mit BYON vor allem die Verbreitung der Centrino-Plattform fördern. Gleichzeitig wird aber auch das Built-to-order-Geschäft für die Assemblierer vereinfacht. Luzia Krieger, Marketingverantwortliche bei Littlebit: «Wir waren Launch-Partner für die Centrino-Plattform und somit von Anfang an dabei. Littlebit-Kunden können ihre Centrino-Notebooks im Internet selber konfigurieren. Dieses Tool wird unterdessen von 70 Prozent unserer Händler benutzt, so dass wir nur noch wenige Standardmodelle fertigen. BYON erwies sich damit als Schlüsselfaktor für unser Wachstum: Im letzten Jahr konnten wir beim Notebook-Umsatz um volle 42 Prozent zulegen.» Auch Aslaksen unterstreicht die Bedeutung, nach Auftrag und Nachfrage assemblieren zu können. Ebenso wichtig wie Wachstum sei dabei, dass man genau das liefern könne, was der Kunde benötige.

Anspruchsvolle Schweizer Kunden

Zum BYON-Programm gehört eine Software, mit der die einzelnen Komponenten und deren Zusammenspiel überprüft werden können. Ist dieser Test bestanden, dürfen das «Intel inside»- und das «Centrino»-Label angebracht werden – ein wichtiges Verkaufsargument, wie Aslaksen betont: «Die Zertifizierungen ersparen uns bei unseren Händlern und bei deren Kunden viel zusätzliche Überzeugungsarbeit.» Und Krieger stellt für Littlebit fest: «Die Zertifizierung lohnt sich für uns eindeutig.» Bei Littlebit und Micro Control geht der grösste Teil der Geräte an Händler, die im Business-Bereich tätig sind und oft vertikale Lösungen anbieten. Seine bestverkauften Notebooks liegen gemäss Aslaksen im Preissegment zwischen 1500 und 2000 Franken: «Im Gegensatz etwa zu Deutschland gibt es in der Schweiz immer noch die Tendenz, dass der Kunde das Beste will.» Er beeilt sich jedoch hinzuzufügen: «Allerdings nicht mehr zu jedem Preis.»

Testmarkt für Highend-Produkte

Den Herstellern ist aber klar, dass sie, selbst wenn sie wollten, nicht in der Lage wären, mit den Billigangeboten der Retailer zu konkurrieren. Das Wort Quersubventionierung bei grossen Herstellern wie Acer oder HP fällt in diesem Zusammenhang in jedem Gespräch. «Aber», meint Aslaksen, «dass hierzulande nicht ausschliesslich auf den Preis geschaut wird, macht die Schweiz auch für Anbieter wie Intel als Testmarkt für Highend-Produkte interessant.»
Aslaksen betont darüber hinaus die Vorteile der Zusammenarbeit mit Intel für den Service: «Komponenten werden innerhalb von 24 Stunden geliefert, ohne dass wir das kaputte Teil einschicken müssen. Das ist auch für unsere Händler eine Chance. Bei den meisten grossen Anbietern werden kaputte Teile zwar ebenfalls vor Ort ausgewechselt. Die Konsequenzen, etwa bei der Software, werden dabei jedoch ausser acht gelassen, und allfällige Probleme müssen dann vom Software-Lieferanten separat behoben werden. Mit uns zusammen können die Händler das ganze Servicespektrum abdecken.»

Gierig auf neue Technologien

Steg Computer beliefert hauptsächlich Endkunden. Doch Ihnenfeld spricht auch hier von einem deutlichen Wachstum, vor allem im oberen Notebook-Segment: «Das beginnt so ab 1800 Franken, wo wir besseres Material, mehr Komponenten und schnellere sowie grössere Festplatten verbauen.» Privatkunden seien meist sehr gut informiert und würden im Gegensatz zum Corporate-Markt ständig nach dem neuesten lechzen: «BYON ermöglicht uns, immer die neueste Technologie einzusetzen.»
Steg liefert aber im Gegensatz zu anderen befragten Unternehmen nicht «built-to-order», sondern beobachtet, wie Ihnenfeld sagt, was im Markt gefragt ist und welche Teile lieferbar sind, um dann die entsprechenden Modelle auf Vorrat zu bauen: «So kommen wir jeweils auf eine Vorlaufzeit von etwa sechs Wochen und liegen damit eigentlich nicht schlecht.» (fis)

BYON und BYOS

Build Your Own Notebook und Server sind Bestandteil der Intel Partnerprogramme und bringen Ausbildung und Unterstützung für Assemblierer und Händler sowie Hilfe bei der Barebone-Beschaffung für Anbieter, die keine direkten Kontakte zu Herstellern in Asien haben.
Beim Server-Programm wird der Server aus sogenannten Intel Building Blocks aufgebaut. Das Notebook-Programm basiert in ähnlicher Weise auf vorgefertigten Barebones, bei denen neben dem Gehäuse und dem Bildschirm auch der Chipsatz und das Country Kit bereits eingebaut sind. Der Assemblierer montiert dann nach Kundenwunsch CPU und Wireless-Modul von Intel sowie weitere Komponenten wie Speicher und Laufwerke von Drittherstellern. Mit einer Software werden die Komponenten und ihr Zusammenspiel für die Zertifizierungen getestet. Ist diese Prüfung bestanden, dürfen die «Intel-Inside»- und «Centrino»-Labels angebracht werden.


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