Portrait: Roland Brack - Abenteurer und Querdenker

Roland Brack, Gründer und Geschäftsführer von Brack Electronics, über seine Strategie, fremdländische Mentalitäten und katastrophale Geschäftsgebaren der Schweizer IT-Branche

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/13

     

Gegenüber dem Mägenwiler Pub «Frohsinn» steht ein gelbes Backsteinhaus. Hier residiert der Komponentendistributor Brack Electronics. In einem riesigen Büro, hinter einem riesigen Schreibtisch sitzt Roland Brack. Er ist der Chef. Nein, er ist nicht mit John Brack, dem Mr. Swiss Country, verwandt. Zumindest nicht, dass er wüsste, sagt Brack und grinst verschmitzt. Entlang der Fensterbank stehen 22 Pokale von Indoor-Cart-Rennen, die Brack, als er noch Jungunternehmer war, gewonnen hat. Heute fährt er grosse Jeeps, quer durch die Mongolei oder den Himalaya.

Die Anfänge

Roland Brack hatte eigentlich nie vor, etwas anderes zu werden, als das, was er jetzt ist. Keine Eisenbahner- oder Raumfahrer-Pläne gab es da. Militärpilot hätte er werden können, er hatte sogar schon die Fliegerschule absolviert. Doch Brack lässt sich nicht gern sagen, was er zu tun hat. Eine denkbar schlechte Voraussetzung also für eine Militärkarriere.
Genaugenommen begann seine Laufbahn bei der Kehrichtabfuhr, wo er sich in den Schulferien ein bisschen Taschengeld verdiente, um sich Computerzubehör kaufen zu können. Während der Lehre zum Elektromechaniker half Brack in einem Computershop aus, wo er PCs reparierte. «Das konnte ich eigentlich besser als der Besitzer», sagt Brack. An Samstagen stand er dann auch schon mal allein im Laden. Irgendwann begann Brack Preislisten von taiwanischen Firmen zu sammeln. Der Plan, zusammen mit dem Computershop PCs aus Fernost zu importieren, scheiterte. Am Geld. Vorerst.

Firmengründung

Während des Studiums – Elektrotechnik mit Fachrichtung Mikroelektro-
nik – ging er schon eifrig dem PC-Business nach. Die ersten Einkäufe wurden vom Zuschuss des Grossvaters realisiert. 1994 fiel der Startschuss für das Ein-Mann-Unternehmen Brack Consulting. Brack, Chef und einziger Angestellter, importierte erste PCs aus Taiwan, ca. fünf bis zehn Stück pro Flug, die er selbst mit dem Auto vom Flughafen abholte. Als Büro musste das Dachgeschoss des Elternhauses herhalten. Alle Warenlieferungen mussten in den 2. Stock getragen werden. Dort wurden PCs zusammengebaut, Pakete geschnürt, und alles wieder zwei Stockwerke hinuntergetragen.
Bereits kurz vor Ende des Studiums machte Brack einen monatlichen Umsatz von über 100’000 Franken. Im August 1996 wurde der erste Mitarbeiter eingestellt.
Mittlerweile hat Brack rund 70 Mitarbeitende und ein vollgestopftes Lager von 4000 Quadratmetern. Rund 4200 Artikel hat Brack Electronics, wie das Unternehmen seit der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft im Januar 2001 heisst, im Sortiment.

Anders als die anderen

Brack unterscheidet sich insofern von anderen Distributoren, da er sein Warensortiment ausschliesslich nach den Bedürfnissen seiner Kunden zusammenstellt. Er pickt sich von jedem Hersteller die Rosinen heraus und vertreibt keine Gesamt-Portfolios. Das Marketing und die Werbung übernimmt er gleich selbst.
Brack hat die Zeichen der Zeit immer recht früh erkannt. Schon 1999 gab es im Hause Brack einen Internet-Shop, über den damals 20 Prozent des Umsatzes (3,2 Mio. Franken) erwirtschaftet wurden.

Gespür für Trends

Brack war auch einer der ersten,
der beispielsweise GPS-Systeme oder Digicams ins Sortiment aufnahm. «Die Konvergenz von IT und CE ist bei uns schon lange Realität», sagt er und lehnt sich zufrieden zurück.
Ein wichtiger Geschäftsbereich für Brack ist die PC-Assemblierung – auch wenn die Erträge aus dem Assembling-Geschäft prozentual zum Umsatz verhältnismässig niedrig sind. Immerhin arbeiten in diesem Bereich aber inzwischen sechs Mitarbeiter.
Seit 2000 wurde zudem die Logistik immer wichtiger für das Unternehmen. Bereits damals wurden drei Viertel der Lieferungen per Post in die ganze Schweiz verschickt. Mittlerweile nimmt auch der Anteil an Lieferungen zu, die Brack im Namen seiner Reseller direkt an den Endkunden verschickt. Im November 2001 wurde der Resellershop – ein Meilenstein in der Firmengeschichte, wie es Brack selbst ausdrückt – in Betrieb genommen. Im Juni 2002 wird ein Büro in Taiwan eröffnet, woher Brack den Grossteil seiner Produkte bezieht. Von fremden Kulturen und Mentalitäten hätte er viel gelernt. Vieles, was hier funktioniere, gehe da drüben gar nicht, so Brack. Zu sehen, wie es andere anders machen, erweitere den Horizont.
Als die Branche schwächelt, geht es bei Brack antizyklisch zu und her, legt die Firma bei Umsatz und Gewinn zu und stellt neue Mitarbeiter ein.

Aktuelle Herausforderungen

Die grösste Herausforderung für Brack besteht momentan darin, sich und seiner Strategie treu zu bleiben und sich nicht von unlauteren Geschäftsgebahren beeinflussen zu lassen. «Was momentan in der Schweizer IT-Landschaft läuft, ist eine Katastrophe», sagt Brack. «Entweder wird einer bevorteilt oder einer verkauft ohne Marge – ohne Rücksicht auf die Qualität.» Man merke, wie verzweifelt alle seien, Hersteller, Distis und Händler gleichermassen. Man halte sich an jedem Grashalm fest. «Die überlegen gar nicht, was sie anrichten.»
Eine zweite Herausforderung für Brack sei es, ein Geschäft mit dieser Anzahl an Mitarbeitenden erfolgreich zu leiten, schliesslich sei er Techniker und kein Manager. (sk)

Roland Brack

Roland Brack, Jahrgang 1972, ist im Fricktal geboren und aufgewachsen. Er stammt aus eher bescheidenen Verhältnissen, wie er selbst sagt. Was er hat und ist, hat er sich selbst erarbeitet.
Brack ist begeisterter Motorsportler und nimmt regelmässig an Rallyes wie der «Croatia Trophy» (ähnlich der legendären Camel-Trophy) teil. Mehrmals im Jahr macht er sich mit Partnerin und Jeep zu Abenteuerreisen in die ganze Welt auf.

Wieviele Stunden
arbeiten Sie pro Woche?
Ich lebe für die Firma und von der Firma, da kann man keine klare Grenze zwischen Arbeitszeit und Freizeit ziehen. Hauptsache man hat Spass bei der Arbeit und ist zufrieden.


Welchen Führungsstil pflegen Sie?
Ich sehe mich nicht als Patriarch. Ich versuche mich in einem partnerschaftlichen, kollegialen Führungsstil. Bei wichtigen Entscheidungen sollen die Mitarbeiter, wenn möglich, mit einbezogen werden.

Haben Sie Vorbilder?
Eigentlich nicht. Ich bin kein Herdentier. Ich versuche es immer anders als die anderen zu machen – auch wenn’s aufwendig ist.

Welchen Traum – beruflich oder privat – möchten Sie noch verwirklichen?
Ich bin momentan vollumfänglich zufrieden und glücklich.


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