Gütesiegel sollen Online-Shopper besser schlafen lassen

Wie vertrauenswürdig Online-Anbieter sind, lässt sich nicht immer auf den ersten Blick erkennen. Sony Overseas trennt deshalb die Spreu vom Weizen und zertifiziert seriöse Shopbetreiber mit einem Gütesiegel.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2005/02

     

Einkaufen im Netz gilt als mehr oder weniger sicher, ist bequem und spart erst noch Zeit. Dass die angebotenen Produkte vielleicht ihren Weg vom Schwarzmarkt in die virtuellen Regale gefunden haben, ohne ausreichende Garantieleistungen und im schlechtesten Fall defekt geliefert werden, erkennt der Konsument nicht auf den ersten Blick. Das böse Erwachen erfolgt bei der Auslieferung oder spätestens bei der Einforderung der Garantieleistungen. Die Anonymität des World Wide Web lockt viele dubiose Anbieter an, zum Leidwesen der Shopbetreiber, die nicht mit einem bekannten Brand glänzen können, aber trotzdem seriös arbeiten. Auch Hersteller bleiben nicht verschont, so landen Reklamationen verärgerter Kunden oftmals auf deren Tisch.

Das Gütesiegel soll’s richten

Eindämmen lassen sich solch suspekte Geschäftspraktiken auch in Zukunft nicht –, nicht zuletzt deshalb, weil es an spezifischen Gesetzen für den Online-Handel fehlt (siehe Kasten). Abgrenzungen und Transparenz gegenüber zweifelhaften Anbietern lässt sich aber erzielen. Sony Overseas zertifiziert deshalb seit Anfang Jahr ausgewählte Shopbetreiber in der Schweiz mit einem Gütesiegel, um Konsumenten mehr Qualitätssicherheit zu bieten. Händler, welche Anforderungskriterien wie beispielsweise Zahlungsmodalitäten, Verfügbarkeit, Support, Service- und Garantieleistung erfüllen, dürfen ihre Homepage fortan mit dem Logo «Sony Authorized Internet Dealer» (S.A.I.D.) schmücken. Sie verpflichten sich, beim Erwerb und Vertrieb von Sony-Produkten die volle Integrität sicherzustellen und geniessen im Gegenzug das volle Vertrauen des japanischen Herstellers. Unter den derzeit zertifizierten neun Firmen in der Schweiz finden sich u.a. Interdiscount, Fust, azone.ch, Media Discount oder Fischer HiFi –, und es sollen noch mehr werden, so Matthias Graf, Leiter Corporate Communications bei Sony Overseas Schweiz.

Transparenz im Dschungel der Anbieter

Die von Sony zertifizierten Online-Anbieter sprechen sich für das Siegel aus, möchten dies aber als zusätzliche Dienstleistung zu ihrem bisherigen Angebot für ihre Kunden sehen. Den seriösen Handel im Netz betreiben sie ja nicht erst seit der Einführung des Gütesiegels. Wie Bettina Höhener, Assistentin des Unternehmensleiters von Fust, gegenüber IT Reseller verlauten liess, steht Fust hinter den von Sony definierten Kriterien für den Online-Handel. Fust sieht den eigenen Webauftritt als zusätzliche Dienstleistung für Kunden, sich über Sortiment, Tagestiefstpreise, Occasionen oder Restposten zu informieren. «Wir gehen aber nach wie vor davon aus, dass 95 Prozent unserer Kunden weiterhin eine Fust-Filiale aufsuchen werden, um vom Verkauf direkt vor Ort zu profitieren», so Höhener. Philipp Wirz, Marketingleiter von Fischer HiFi, meint: «Ich verspreche mir mit dieser Lösung eine Aufwertung unserer Homepage, erhöhtes Kundenvertrauen und somit mehr Bestellungen.» Auch Andreas Cramer von Media Discount freut sich über das Zertifikat und sieht darin eine Bestätigung, als Online-Anbieter den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. Cramer: «Wir hoffen, dass das Sony-Gütesiegel bald einen grossen Bekanntheitsgrad haben wird und andere Firmen auch nachziehen werden.»

Verbraucherschutz ist gefordert

Güte- oder Qualitätssiegel sind keine Neuerfindungen, geniessen aber immer noch zuwenig Vertrauen. Die Gründe reichen von dubiosen Trägerschaften über nicht nachvollziehbare Prüfungskriterien bis hin zu nicht transparenten Vergabeprozessen. Mit der Verleihung eines Gütesiegels gehört Sony einer Minderheit unter den Herstellern an. Doch auch über unabhängige Instanzen wie z.B. der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und Management-Systeme (SQS) können Qualitätszertifikate für den E-Commerce erworben werden. SQS prüft die elektronischen Angebote und stattet den Anbieter bei der Erfüllung bestimmter Kriterien mit einem Gütesiegel aus. Mit einem Label alleine ist es aber nicht getan. Weitere Aufklärungsarbeiten und die Schaffung von E-Commerce-Leitfäden sind nötig, um Kunden wie Anbieter auf Gefahren und Lösungsansätze aufmerksam zu machen. (pbr)

Schweizer Rechtsgrundlage im E-Commerce

In der Schweiz ist der E-Commerce gesetzlich nicht spezifisch geregelt. Bei Rechtsstreitigkeiten konnten sich Verbraucher bisher nur auf die Erlasse im Obligationenrecht (OR), auf das Bundesgesetzt zum unlauteren Wettbewerb (UWG), das Bundesgesetz über Datenschutz (DSG) oder das Bundesgesetz über die Information der Konsumentinnen und Konsumenten (KIG) stützen. So räumt beispielsweise das Gesetz dem Konsumenten kein Widerrufsrecht ein, und auch die Vorgaben für den Datenschutz sind nicht klar geregelt. Seit dem 1. Januar 2005 ist zudem die elektronische Signatur der eigenständigen Unterschrift gleichgestellt und mit den neuen Bestimmungen ist es auch möglich, ordentliche Verträge am Computer abzuschliessen. Handlungsbedarf
ist also dringend angezeigt. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates (GPK) fordert einen besseren Schutz der Konsumenten beim E-Commerce und eine Anpassung der geltenden Bestimmungen. Im kommenden Frühjahr wird sich deshalb der Nationalrat mit der Revision des Datenschutzgesetzes befassen sowie über den Gesetzesentwurf «Teilrevision des Obligationenrechts und des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb» verhandeln.


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