MEHR ERFOLG IM MARKETING UND VERKAUF (FOLGE 8/12): Praxistip: Marktforschung selbstgemacht und fast gratis

Den Markt verstehen und das Handeln des eigenen Unternehmens darauf ausrichten sind Schlüsseldisziplinen jedes Unternehmens. Nebst meist teuren Studien gibt es eine kostengünstige Alternative: Fragen Sie mal Ihre Kunden.

Artikel erschienen in IT Reseller 2004/21

   

Die klassische Marktforschung wird rasch als teurer, nicht finanzierbarer Luxus abgetan, den sich ein IT-KMU ohnehin nicht leisten kann. Wenn es um kostspielige und für die Schweiz oftmals auch zu unspezifische, allgemeine Studien geht, ist diese Aussage wohl auch richtig. Das Wissen um Wachstumszahlen über die nächsten fünf Jahre auf dem Halbleitermarkt ist zwar interessant und nicht grundsätzlich unnütz, jedoch für die meisten Unternehmensverantwortlichen in IT-KMU zu wenig aussagekräftig, zu mittelbar. Untersuchungen, die beispielsweise in Deutschland gemacht wurden, können auch nicht immer mit dem Faktor 10:1 auf die Schweiz adaptiert werden, schon gar nicht wenn es um Dinge wie Kaufverhalten, CIO-Agenda oder Verbreitung von Technologien geht.

Warum in die Ferne schweifen…

Es gäbe viel naheliegendere Informationen darüber, was Ihre Kunden wirklich wünschen: von Ihren Kunden selbst. Aber haben Sie Ihre Kunden schon einmal auf eine strukturierte, auswertbare Art und Weise gefragt? Nichts gegen persönliche Beziehungspflege, damit erfährt man sehr viel – aber nicht alles. Und vor allem bleiben solche Feedbacks immer Einzelaussagen und sind eher vom Tagesgeschehen geprägt und bieten keine Basis, um künftige Produkt- und Dienstleistungsangebote zu entwickeln. Die eigenen, bestehenden Kunden zu befragen, hat einen wichtigen Vorteil: Diese geben in aller Regel bereitwillig und gerne Auskunft, denn man pflegt ja bereits eine Geschäftsbeziehung. Einem Lieferanten mitteilen zu können, was man sich in der Zukunft von ihm wünscht, welchen Nutzen man sich von seiner künftigen Leistung erhofft, liegt durchaus im eigenen Interesse. Das eine oder andere wird vielleicht (oder hoffentlich) verwirklicht. Das freut den Kunden und erhöht aus Sicht des IT-KMU die Kundenbindung, da schlicht die Kundenzufriedenheit gesteigert werden kann.

Kundenzufriedenheit – das Mass der Dinge

Wie bereits schon in einigen der letzten Artikel dieser Serie in verschiedenen Zusammenhängen erwähnt, geht es im Kern der Sache immer um
das Gleiche: die Kundenzufriedenheit. Ohne Kundenzufriedenheit läuft gar nichts im Business. Natürlich hat Kundenzufriedenheit viele Gesichter und wird durch viele Faktoren beeinflusst, die Basis dazu bildet aber sicherlich die Leistung, die ein IT-KMU anbietet. Das beginnt bereits vor dem Kauf, wenn es in der Phase der Vertrauensbildung darum geht, den Interessenten als Kunde zu gewinnen. Erst recht aber später, damit der Kunde auch Kunde bleibt und erneut kauft. Aber was sind oder waren diese Schlüsselfaktoren? Weshalb kaufen unsere Kunden tatsächlich bei uns? Und vor allem: Werden sie dies auch in Zukunft tun? Wichtig und nützlich wäre es also herauszufinden, womit man bei den bestehenden Kunden besonders gut ankommt. Die Antwort auf diese Frage ist nicht immer ganz offensichtlich. Der Zweck der Sache: Beibehaltung bzw. Replizierung dessen, was das Business positiv unterstützt.
Ziel einer strukturierten Umfrage unter den bestehenden Kunden ist es, herauszufinden, weshalb diese sich gerade für Sie als Anbieter entschieden hatte, was am eigenen Angebot (Produkte und Dienstleistungen), dessen Lieferung und Ausführung (Umsetzung), den Konditionen, der Betreuung nach dem Kauf und vielem mehr als besonders gut empfunden wurde und noch wird. Schon viele Unternehmen glaubten, dies vom Gefühl her schon zu wissen und wurden – im positiven wie auch im negativen Sinn – durch eine strukturierte Erhebung von solchen Informationen eines Besseren belehrt. Dadurch waren sie in der Lage, ihr Verhalten anzupassen und damit auch den Umsatz zu steigern.

Unzufriedenheit als Chance

Empfinden Sie unzufriedene Kunden als ein Ärgernis? Sie sollten sie als Chance verstehen! Im Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema Marktforschung geht es denn auch darum, herauszufinden, wo man sich verbessern kann. Gemeint sind nicht bloss die ohnehin selbstverständlichen Dinge wie Freundlichkeit am Telefon, Art der Rechnungsstellung oder die Reaktionszeit Ihres Kundendienstes. Viel mehr geht es darum, herauszufinden, welche Leistungen – noch besser: welche Kundennutzen – künftig gefragt sein werden. Wenn sie keine Kunden mehr haben, brauchen Sie auch keinen schnellen Kundendienst mehr.
Mit dem eigenen, kleinen Market Research im Umfeld der bestehenden Kunden und eventuell bei Schlüsselinteressenten kann man relativ kostengünstig und elegant herausfinden, welche Produkte und Dienstleistungen morgen gefragt sein werden – zumindest erhalten Sie statistisch relevante Hinweise dazu. Für den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens ist es schlicht vital zu wissen, wo ihre Performance heute noch den Wünschen ihre Kunden enspricht, welches Angebot Ihnen heute noch fehlt oder welche Leistung Ihre Kunden bei Ihnen und nicht von einem anderen Unternehmen (Konkurrent?) beziehen würden, wenn Sie es denn nur anbieten würden. Auch hier gilt: Ihre Kunden werden Ihnen gerne Feedback geben – und das ist ja der Sinn und Zweck.

Offene vs. geschlossene Fragen

Um von einer eigenen Kundenbefragung tatsächlich einen Zusatznutzen zu den Aussagen aus der persönlichen (Kunden-)Beziehungspflege zu erhalten, ist das Augenmerk auf deren Aufbau und die Ausgestaltung zu legen. Zuerst einmal geht es darum, die richtigen Fragen zu stellen. Dabei spielt natürlich das Ziel der Umfrage eine wesentliche Rolle. Schliesslich möchten Sie mit der einmal ausgewerteten Befragung etwas anfangen können: nämlich Entscheide treffen bezüglich Ihrem künftigen Angebot und einigem mehr.
Um die Auswertbarkeit zu erhöhen, ist deshalb möglichst oft mit vorgegebenen Antworten zu arbeiten, zwischen denen sich die oder der Befragte entscheiden muss. Diese Antworten sind ebenfalls so zu entwickeln, dass Sie diejenigen Informationen erhalten, die Sie zwecks Entscheidungsfindung brauchen. Ohne Fragen mit offener Antwortmöglichkeit geht es allerdings nicht, doch halten Sie diese zwecks Begrenzung des Befragungsaufwandes auf einem eher geringen Mass. Auch die statistische Auswertung von Prosa-Antworten ist schwierig und manchmal irreführend. Schliesslich ist die Anzahl Fragen auf ein für die Zielperson erträgliches Mass zu begrenzen – bewährt hat sich eine Dauer von etwa 10–20 Minuten.

Was kostet die eigene Kundenbefragung?

Etwas Aufwand (Zeit) ist bereits vor der eigentlichen Umfrage sicherlich in die Punkte Umfrageziele (Entscheidungsgrundlagen) und die Entwicklung der dazu notwendigen Fragen und Antwortmöglichkeiten zu investieren. Je nach Anzahl der zu befragenden Kunden kann es sich auch anbieten, statt mit einem Papierfragebogen eine kleine Datenbank-Applikation dafür zu entwickeln, hierzu bietet sich z.B. Microsoft Access sehr gut an. Wer es lieber moderner hat, bemüht seinen Web-Entwickler und baut die Umfrage gleich als browserbasierende Applikation ins Intranet. Rechnet man nun noch die Zeit für die effektiven Telefoninterviews und die Erstellung der Auswertung(en) dazu und geht man davon aus, dass eine (ausgewählte) Gruppe von 100 Kunden befragt werden soll, reden wir von einem internen Stundenaufwand von 90–120 Stunden (zu multiplizieren mit Ihrem internen Stundensatz). Sind intern zu wenig Ressourcen dafür vorhanden, kann damit eine externe Agentur beauftragt werden.

Zusammenfassung

Im Vergleich zu den Beschaffungs-, Bearbeitungs- und Nutzungskosten von Studien, die v.a. durch die weltweit bekannten Marktforschungsfirmen angeboten werden und die die hiesigen, lokalen Marktverhältnisse oftmals nur ungenügend berücksichtigen, kommt der eigene Market Research in Punkto Kosten äusserst gut weg. Und vor allem: Die Resultate sind unmittelbar, beziehen sich direkt auf den eigenen Kundenkreis (Marktsegment) und das eigene Unternehmen. Und das Allerbeste: Ihre Konkurrenz kann die gleiche Studie nicht kaufen – es besteht also ein echtes Potential zum Auf- oder Ausbau des Konkurrenzvorsprungs!

Kundenbefragung

Weshalb die eigene Kundenbefragung nützlich ist:

Strukturiertes Feedback von eigenen Kunden
Ideale Ergänzung zur persönlichen Beziehungspflege
Auswertbare Ergebnisse als Entscheidungsgrundlage
Wertschätzung der Kunden: Deren Meinung interessiert tatsächlich
Direkteste, unmittelbarste Art von Market Research
Gewissheit über die vitale Frage: Weshalb kaufen Kunden (künftig)?
Massiv höherer Nutzen im Vgl. zu eingekauften lokalen oder internationalen Studien
Echte Möglichkeit, einen Konkurrenzvorsprung zu erreichen
Verhältnismässig kostengünstig

Mitmachen erwünscht!

Während dieser Serie haben Sie die Möglichkeit, per E-Mail Fragen zu stellen oder Wunschthemen für einen künftigen Artikel anzubringen. Der Autor wird versuchen, die Wünsche zu berücksichtigen. Auch Kritik oder Lob sind sehr willkommen. Die am meisten gestellten Fragen und Antworten werden im letzten Artikel der Serie zusammengefasst. Senden Sie Ihr Feedback bitte an erfolg@itreseller.ch. IT Reseller und Autor freuen sich auf eine interaktive Fachserie.

Der Autor

Dietmar R. Schulz ist Geschäftsleiter der Business Factory GmbH. Der diplomierte Betriebsökonom arbeitet seit 20 Jahren erfolgreich in der
IT-Branche. www.businessfactory.ch


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