Um zwei Applikationen miteinander zu verknüpfen, mussten bis vor wenigen Jahren in mühsamer Programmierarbeit Schnittstellen erstellt werden. Mit einer steigenden Anzahl Applikationen wurde dieser «Spaghetti-Ansatz» immer mehr zur Hypothek wenn es darum ging, neue Geschäftsprozesse einzuführen und bestehende abzuändern. Hinzu kommen die hohen Kosten der ewigen Flickerei: Laut einer Studie der Metagroup verschlingt allein die Integration von Anwendungspaketen in eine heterogene Landschaft mittels der althergebrachten Punkt-zu-Punkt-Integration rund 70 Prozent des IT-Gesamtbudgets
EAI-Landschaft verändert sich
Diese Problematik wurde von vielen Unternehmen erkannt. Sie brachten eigentliche «Werkzeug-Kästen» auf den Markt, womit sich Applikationen einfacher und über die Betriebsgrenzen hinweg verknüpfen sowie teilweise auch Geschäftsprozesse in der Business-Logik definieren lassen. Bis zum Jahr 2000 war der Markt für die sogenannte Enterprise Application Integration (EAI) fest in der Hand von Spezialisten wie
Webmethods,
Tibco, Seebeyond, Mercator und
Vitria. Zur Grundausstattung von EAI-Tools gehören Schnittstellentechniken, Adapter, Modellierungs-Tools, Integrationsserver, Messaging-Software sowie zentrale Überwachungsfunktionen und Stammdatenpflege. Wie die Metagroup in einer Studie schreibt, hat sich der Markt in den letzten Jahren allerdings stark verändert: Proprietäre Integrationssuiten haben Standards wie XML und Web Services Platz machen müssen. Und während
IBM im Jahr 2000 der einzige Infrastruktur-Player war, der den EAI-Markt aufmischte, sind in jüngster Zeit weitere grosse Software-Unternehmen auf den Integrationszug aufgesprungen:
BEA Systems mit Weblogic Integration,
Oracle mit dem um einen Integrationsserver erweiterten Applikationsserver 10g und
Microsoft mit dem Biztalk Server 2002, der einen integralen Bestandteil der Dotnet-Strategie darstellt.
Neue Konkurrenz erwächst den amerikanischen EAI-Anbietern auch aus Deutschland: Mit der Netweaver-Komponente
SAP XI (Exchange Infrastructure) schneidet sich auch der Waldorfer Business-Software-Riese ein Stück vom Kuchen ab. Und die «Neuen» sind gut in Form: Bis ins Jahr 2006 sollen nämlich laut der Metagroup die Infrastruktur-Anbieter am meisten Integrations-Dollars garnieren, während sich die Anzahl der EAI-Spezialisten konsolidieren dürfte.
Integration wird immer
mehr zur Commodity
Der Hintergrund dieser Entwicklung ist technischer Natur: Standardisierte Web Services stellen heute viele Integrationsfunktionalitäten zur Verfügung. «Vieles wird zur Commodity», bestätigt Frank Hüther, Consulting Manager für Systemintegration beim Beratungsunternehmen IMG, «Messaging-Middleware und Applikationsserver sind keine USP mehr». Nischenanbieter werde es weiter geben, so Hüther, doch die Zukunft gehöre den grossen Infrastruktur-Anbietern.
Das gleiche Bild vermittelt auch ein Blick auf die aktuellen Zahlen zum EAI-Markt von Gartner Dataquest: Europaweit haben die Ausgaben für Applikationsserver zwischen 2001 und 2003 von 406 Millionen auf 327 Millionen Dollar abgenommen. Die Gartner Group rechnet sogar damit, dass sich im Jahr 2006 lediglich noch drei Hersteller 85 Prozent des Marktes für Applikationsserver teilen werden. Auch die Ausgaben für Transaction Processing Monitors (TPM) sanken seit der Blütezeit im Jahr 1999 von 417 Millionen auf 362 Millionen Dollar. Zugelegt haben hingegen Integrationssuiten und Portalprodukte. Dennoch ist der Gesamtmarkt – in den Gartner auch Portale einrechnet – zwischen 2001 und 2003 nur noch geringfügig von 1,85 Milliarden auf 1,87 Milliarden gewachsen. In der Schweiz war er seit 2001 sogar nur noch rückläufig (siehe Tabelle).
Die «Grossen» holen auf
In einer aufwendigen Untersuchung der wichtigsten EAI-Marktteilnehmer hat die Metagroup zudem eine Einteilung in Leaders, Challengers und Followers vorgenommen: In die Top-Kategorie fallen neben den Innovatoren
Tibco und
Webmethods auch
IBM und
Microsoft. Zu den Marktführern rechnet die Metagroup die beiden letzten deshalb, weil sie über eine «genug gute» Technologie gepaart mit hohen Finanz- und Personalresourcen verfügen. Bei den Herausforderern in der nächsttieferen Kategorie finden sich
SAP,
BEA Systems, Seebeyond, Magic Software, Sterling Commerce, Iway sowie
Oracle und Sybase. In die unterste Kategorie der Nachfolger schliesslich fallen
Sonic Software,
Vitria und
Sun Microsystems.
Den Unternehmen, die vor Integrationsaufgaben stehen, empfiehlt die Metagroup zudem, sich vor allem anderen über die langfristigen Integrationsziele klar zu werden. Dabei sei die Wahl der richtigen Integrationsarchitektur, der Applikationsarchitektur sowie des Interface Designs weit wichtiger als die Festlegung auf einen bestimmten Hersteller. Der Markt sowie die darin verkauften und eingesetzten Technologien befänden sich nach wie vor in einem starken Umbruch und es sei deshalb schwierig, über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre nach vorne zu blicken, meinen die Marktforscher. (bor)