Bericht von INTEL DEVELOPER FORUM: Absichten eines Chip-Giganten

Intels Developer Forum war von jeher nicht nur eine Gelegenheit, Neuigkeiten vorzustellen, es war immer auch ein Werkzeug, um die Konkurrenz in Schach zu halten. Welcher Zweck verbirgt sich hinter den Ankündigungen dieses Herbstes?

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/16

     

Schon vor dem offiziellen Start des Intel Developer Forum gab die Forschungsabteilung einen Einblick in ihr Schaffen. Steve Pawlowski präsentierte zunächst den Stand der Dinge bei «Radio Free Intel».
Schon seit einiger Zeit arbeitet man bei Intel daran, ein Stück Silizium zu fertigen, auf dem die verschiedenen Funkstandards die im Zusammenhang mit Wireless Computing verwendet werden, quasi als Applikation emuliert werden. Gelingt es Bluetooth, 802.11a, b, g und in zwei Jahren n über ein Interface mit lediglich verschiedenen intelligenten Antennen laufen zu lassen, wäre das Problem der Kompatibilität gelöst.
Deutlich futuristischer war das zweite vorgestellte Projekt, der «Personal Server». Auf der Suche nach der besten mobilen Lösung, einer, die den Formfaktor von PDAs mit der Bedienerfreundlichkeit eines Notebooks kombiniert, erfand man die funkende Festplatte.
Eigentlich ist es keine Festplatte, denn Intel setzt beim Speichermedium auf eine wie bisher zunehmende Kapazität bei Flashspeichern. Kombiniert man das mit einem WLAN-Interface und rüstet alle stationären PCs mit einer entsprechenden Schnittstelle aus, könnte man aus jedem PC «seinen PC» machen.
Vieles von dem Konzept erinnert fatal an die vollmundigen Versprechungen der Dotcom-Zeiten, als man so tat, als ob jede Pizzabude einen Webserver aufstellen würde, um Passanten mit einem Download der Speisekarte zur Einkehr zu bewegen.
Auch die Aussagen über die Möglichkeit, die Arbeit mit nach Hause zu nehmen, tragen deutlich die Spuren von Entwicklern, die zuviel Reinraumluft geatmet haben. Unternehmen werden sich bedanken, wenn sensible Daten permanent in einem Gerät transportiert werden, das so einfach zu stehlen ist wie ein Handy.

Hoffnung Heim

Praktischer war da schon das, was Paul Otellini in seiner Keynote ansprach. Das vernetzte Heim, mit WLAN oder Bluetooth und der nahtlosen Integration von PCs, Unterhaltungselektronikgeräten und digitalen Kameras, verspricht, wenn es eintritt, exponential wachsende Absätze. Allerdings ist man vorsichtiger geworden, was Videostreaming angeht.
Es entstand der Eindruck, als würde die IT-Industrie sich mit den großen Filmstudios einigen wollen, was die noch am selben Tag an prominenter Stelle präsentierte Digital Transmission Content Protection over IP (DTCPoIP), also der Schutz vor unerlaubter Verbreitung digital übertragener Daten, belegt.
Ausserdem stellte man mit Wireless Medium Area Network (WMAN) oder 802.16 eine Lösung für das Problem der letzten Meile vor. Mit einer Reichweite von bis zu 30 Kilometern soll es möglich sein, schon ab Ende des Jahres, drahtlos den Kontakt zum Endkunden herzustellen.

«LaGrande» wieder Thema

Wieder aus der Versenkung aufgetaucht und eines der In-Themen des IDFs war die
LaGrande-Technologie. Hardwarebasierender Schutz vor softwarebasierenden Angriffen ist das Ziel der Entwicklung. Kritische Applikationen und Daten sollen in einer geschützten Umgebung innerhalb des PCs laufen. Angriffe, die Keyboardeingaben erfassen, das Grafiksystem mit Screenshots angreifen oder die Arbeitsspeicher auslesen, sollen so unmöglich werden.
Wer der Sicherheit nicht traut kann sie auch komplett ausschalten. LaGrande, wenn sie denn in zwei bis drei Jahren kommt, ist optional. Die grösste Schwachstelle, die Unvorsicht des Users, ist damit allerdings nicht zu schliessen und ein Virus oder Trojaner, der erst einmal im protected Mode arbeitet, ist per Definition mit Software nicht zu entfernen.
P4 für Gamer
Völlig neu und unerwartet war die Ankündigung der Vanderpool-Technologie. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll hardwaregestützte Partitionierung Wirklichkeit werden. Das würde bedeuten, dass selbst ein Systemabsturz in einem «Teil» des Rechners den anderen Teil nicht beeinträchtigen würde. Vanderpool ist allerdings noch in einem so frühen Entwicklungsstadium, dass es noch Stoff für einige IDFs bieten wird.
Seit Wochen kursierten zudem Gerüchte um eine Neuigkeit beim Pentium 4. Was dann kam, hatte bis kurz vor der Keynote von Louis Burns niemand auch nur geahnt. In ein bis zwei Monaten wird es den «Pentium 4 HT Extreme Edition» geben. Seine Eckdaten: 3,20 GHz Taktfrequenz und zusätzlich 2MB L3 Cache on Board. Die Zielgruppe sollen Gamer und High-Performance-User sein, nicht gerade ein Massenmarkt.
Was verbirgt sich also hinter all dem? Schafft es Intel ein Ultrawideband-Silizium zu entwickeln, wird es die kostengünstigste Funkstandardlösung und somit ein Muss für alle Hersteller sein. Dann kann man auch getrost dem WLAN-Konsortium beitreten. Mit LaGrande und Vanderpool besetzt Intel Themengebiete, in denen AMD nicht einmal ansatzweise mitspielen kann.
Zum Schluss haut man noch einen Super-P4 mit ordentlich Cache raus, nur für den Fall, dass die 64bit Architektur der kommenden Hammer-Prozessoren einen zu grossen Leistungsvorsprung gegen über handelsüblichen P4s aufweist. Und schon tritt ein, was mehrfach auf dem IDF als Motto ausgegeben wurde: «Wir wollen Silizium verkaufen.» (tm)


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