Microsoft umarmt Navision Schweiz

Vorsichtig, sehr vorsichtig integriert Microsoft Navision Schweiz. Offensichtlich haben die fusionsungewohnten Microsoft-Leute Respekt vor der Aufgabe.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2003/05

     

«Wenn eine Software-Firma übernommen wird, stirbt die Software», sagte Abacus-Chefvisionär Claudio Hintermann letzten Herbst an einem Roundtable ganz entschieden. Bei Microsoft scheint man sich dieser Gefahr bewusst zu sein und will die Integration von Navision Schweiz nur ganz vorsichtig vorwärtstreiben. Navision soll zwar per 1. Juli in Microsoft Schweiz integriert werden, doch will man Mitarbeitende und Partner offensichtlich nicht vergraulen.
So soll der Standort Alpnach zumindest für ein Jahr erhalten bleiben, und Abgänge gibt es bei Navision Schweiz keine zu verzeichnen. Mit einer gewichtigen Ausnahme. Die beiden bisherigen Geschäftsführer, die wohl mitverantwortlich für den relativ grossen Erfolg von Navision in der Schweiz sind, sind ab 1. Juli nicht mehr dabei. Fritz Fischer und Thomas Meseck scheiden aber in Frieden und werden den Übergang «mitgestalten», betont Microsoft-Sprecher Holger Rungwerth.
Ihre Nachfolger werden nicht von aussen aufgepfropft: Mit Benno Kurmann (Technologie, links im Bild) und Adrian Krummenacher (Marketing und Vertrieb, rechts im Bild) übernehmen zwei langjährige Navision-Leute die Führungsposten in Alpnach. Der Chef von Microsoft Schweiz himself, Alexander Stüger, wird Navision Schweiz bis zur juristischen Integration leiten.

Channel-Konflikt ante portas

So weit so gut: Die Navision-Leute bleiben, und alle Verträge mit Partnern und Kunden laufen unverändert weiter. Trotzdem rasselt Microsoft zum ersten Mal in seiner Geschichte in einen massiven Channel-Konflikt. Navision wird ab 1.7. Teil der gewichtigen Microsoft-Abteilung SMSP (Small and Medium Market, Solutions and Partners).
Neben der nunmehr hauseigenen Software betreut diese Abteilung unter der ebenfalls neuen Leitung von Fred Kampermann auch die Microsoft-Softwarepartner – direkte Navision-Konkurrenten also. Der Produktname von Navision wird beibehalten, wird aber in Zukunft nur einer von vielen unter dem grossen Microsoft-Dach sein.
Kampermanns SMSP wird in Zukunft nicht nur die KMU-Lösung vertreiben, sondern auch für Microsoft CRM und ähnliche Produkte zuständig sein und eben die Software-Partner betreuen.
Bei Microsoft scheint man sich des potentiellen Channel-Konflikts durchaus bewusst zu sein und begriffen zu haben, dass KMU-Business-Software ein zersplitterter und sehr lokaler Markt ist. Rungwerth: «Lokale Software-Hersteller sollten die Situation als Chance begreifen. Die Herausforderung wird sein, den lokalen Charakter zu behalten und gleichzeitig die nächste technologische Welle mitzumachen.»

Schweigen zur langfristigen Strategie

Seit fast einem Jahr schwirren Informationen durch die Branche, Microsoft plane langfristig, den KMU-Markt mit einer Art Business-Plattform mit vordefinierten Funktionen und Objekten anzugehen. Dass es in diese Richtung gehe, wird von Microsoft-Leuten zwar nicht abgestritten, aber niemand will etwas Genaueres sagen. So sind wir denn auf Spekulationen angewiesen:
Microsoft wird das Geschäft mit Geschäftsanwendungen in Zukunft auf drei Beinen angehen. Erstens mit «fertigen» Lösungen wie Navision, Apertum und Axapta, zweitens mit eigenen, nicht lokalisierten Produkten wie Microsoft CRM oder Software für Supply-Chain-Management und drittens mit einer Entwicklungsplattform für unabhängige, lokale Software-Hersteller. Wir hätten auch schon einen Namen für dieses Produkt der Zukunft: «.Biz». (hc)


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