Ein ASP-Prophet par Excellence

Roger Stadler (Bild) hat im Zürcher Oberland Cnet GmbH, eine kleine, aber feine Firma, aufgebaut. Für ihn ist Application Service Providing (ASP) «das kommende Ding». Cnet bietet u.a. Lösungen der deutschen HOB an, die bedeutend günstiger sind als Citrix.

Artikel erschienen in IT Reseller 2002/13

   

«Viele ASP-Anbieter sehen nicht ein, dass man den Markt nicht über eine Hochpreispolitik aufrollen kann», sagt Roger Stadler, Inhaber der Firma Cnet. «Man muss zu einem vernünftigen Gegenwert eine Lösung anbieten, die die Ansprüche von KMUs erfüllt.» Stadler war mit seiner Firma ursprünglich nur im traditionellen Netzwerkunterhalt tätig, merkte aber bald, dass auf Kundenseite ein steigender Bedarf an Connectivity-Lösungen besteht, z.B. im KMU-Um-
feld AS400 auf PCs laufenlassen zu können.
So machte sich Stadler vor vier Jahren auf die Suche nach einer Alternative zu Citrix, deren Produkte die Bedürfnisse von kleinen und mittleren Unternehmen seiner Ansicht nach überschreiten: «50 bis 60 Prozent der AS400-Anwender sind Kleinbetriebe mit fünf bis sechs Angestellten, die gleichzeitig noch auf PCs arbeiten. Citrix ist dafür aber viel zu teuer.»
Stadler wurde fündig bei der deutschen HOB, deren Produkte auch bei der Deutschen Bank und der Frankfurter Börse eingesetzt werden. Seit Anfang letzten Jahres ist Cnet Business-Partner und Competence Center von HOB. Seither hat Stadler Terminalserver-Lösungen zu seinem wichtigsten Geschäftsbereich erklärt.

Zwei ASP-Standbeine

Aus den Connectivity-Lösungen ergaben sich für Stadler neben dem Netzwerkunterhalt zwei neue Standbeine für seine Firma, die fünf Vollzeitangestellte beschäftigt und mit 15 Freelancern regelmässig zusammenarbeitet. Einerseits bietet Cnet Web-to-Host-Connectivity-Lösungen für Banken und Versicherungen an, andererseits ASP-Dienstleistungen für Software-Entwickler und Endkunden.
Die Produkte von HOB, die Cnet für seine Connectivity-Angebote einsetzt, laufen im Gegensatz zu Citrix auf allen Betriebssystemen (AS400, S390, VMS, Unix, Windows Terminal Server). Das Betriebssystem muss lediglich Java unterstützen, und es ist damit sogar möglich, Windows-Applikationen auf einem Mac auszuführen.
Stadler kann zwar erst 300 Lizenzen in der Schweiz vorweisen, durch die von HOB angebotenen Security-Packages verspricht er sich aber gute Chancen in der Finanz- und Versicherungsbranche. In diesem Bereich sind denn auch bereits einige Testprojekte im Gange, und schon bald soll ein Vertrag über 2500 Lizenzen abgeschlossen werden.
Stadler arbeitet zurzeit mit fünf weiteren Händlern zusammen und strebt ein kleines Händlernetz von rund 10 bis 20 Partnern an. Cnet bietet für Händler auch Ausbildungsworkshops und Zertifizierung auf HOB-Produkte an, ebenso schult man in Rüti Endkunden.

ASP-Dienstleistungen für Software-Entwickler

Das dritte Standbein sind ASP-Dienstleistungen für Software-Entwickler. Cnet hostet allerdings nicht nur die Branchenlösungen seiner Kunden und im Bedarfsfall die Daten der Kunden der Entwickler, das Angebot geht viel weiter und hat sich aus den Bedürfnissen der Software-Entwickler ergeben. Cnet hilft zunächst den Entwicklern, ihre Lösungen ASP-fähig zu machen. Weiter bietet man zusammen mit einer Marketing-Firma Corporate-Identity-Lösungen, Prospekte und Directmarketing an, je nach Wunsch des Kunden.
Cnet hat aber auch Security-Lösungen mit einem eigenen Thin Client im Angebot. Der Kunde des Software-Entwicklers kann also Hardware und Software mieten, Cnet macht die Service Level Agreements und verrechnet im Bedarfsfall direkt an den Endkunden. Grundsätzlich übernimmt der Software-Entwickler das Delcredere-Risiko, d.h. er bezahlt an Cnet sechs Monate im Voraus.
Stadler kann bisher vier Software-Kunden vorweisen: eine Zahnarztlösung, eine für Personalvermittlung, eine Verbandslösung und eine für Facility-Management. Dabei arbeitet Cnet jeweils eng mit den Software-Entwicklern und den Anwendern zusammen.

Die Akzeptanz fördern

Stadler ist überzeugt, dass diese Art von Lösungen Zukunft hat. Und zwar deshalb, weil er das anbietet, was ein KMU braucht, und nicht, was alles technisch möglich ist. Ein SAP sei für ein KMU viel zu teuer, andere billigere Lösungen seien zu komplex für den Benutzer: «Auch wenn man nur 450 Franken für eine Lizenz zahlt, dann aber mit Implementierung, Anpassung, Schulung etc. 3000 bis 4000 Franken ausgibt und die Zeit rechnet, in der man nicht zum Arbeiten kommt, ist das viel zu teuer.
Mit unserem Angebot bekommt man für 80 bis 200 Franken monatlich eine Lösung, die funktioniert, komplett eingerichtet ist und keine Unterhaltskosten verursacht.»
Eine PPS-Lösung bietet Cnet nicht an. «Aber die meisten KMUs brauchen das gar nicht. Sie wollen Rechnungen schreiben und einen Kunden-/Lieferantenstamm führen», sagt Stadler.
Dennoch ist ASP in der Schweiz noch längst nicht dort, wo man es gerne hätte. Wie sieht Stadler die Chancen für ASP in der Schweiz? «ASP ist das kommende Ding», sagt er begeistert. Allerdings gilt es nun noch, die Akzeptanz dafür zu fördern.» Man verfüge jetzt über die nötigen Bandbreiten, Hard- und Software und man habe die Security-Bedingungen gelöst. Doch die Akzeptanz fehlt noch, die Kunden müssen überzeugt werden, dass die Sicherheit gewährleistet ist.
Stadler bedient sich im Kundengespräch jeweils einer Metapher, dann verstünden die meisten, dass Daten auch sicher sind, wenn sie nicht im eigenen Hause lagern: «Legen Sie Ihr Geld unters Kopfkissen oder bringen Sie es zur Bank?» (mh)


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