David Bosshart (Bild), Leiter des Gottlieb- Duttweiler-Instituts, fragt sich immer häufiger: Wie viele Services braucht der Mensch? Häufig genug stellt er fest, dass im Grunde der Kunde die meisten Dienstleistungen bereits selbst ausführt. Der Trick bestehe nur darin, dem Kunden das Gefühl zu geben, selbst gewählt zu haben, wie viele Dienstleistungen er will.
Bosshart: «Unternehmen bieten heute das an, was gerade verfügbar ist. Nicht das, was die Kunden wollen. Man kümmert sich um Effizienzsteigerung und Modethemen – der Kunde selbst interessiert nicht wirklich.» Er setzt noch nach: «Kunden werden heut gerade noch als Störfaktoren und Manövriermasse behandelt. Man mutet Ihnen immer mehr Unannehmlichkeiten zu in der Hoffnung, dass sie es nicht merken.»
Produkte billiger, Services teurer
Produkte werden im Verhältnis zu den Kontext-Kosten wie Services immer billiger. Um so höher wird dagegen der Aufwand bis zum Kaufentscheid, schliesslich will aus der Menge der Angebote das beste ausgewählt werden. Das kostet Zeit und erheblichen Aufwand.
Wenn dann zu den erstandenen Produkten eifrig Services angeboten werden, bleibt Bosshart nur die schlichte Feststellung: «Zu viele Dienstleistungen weisen auf zu komplizierte Produkte hin. Der Kunde braucht nicht mehr Dienste, sondern einfachere, sich selbst erklärende Produkte.» Irgendwann stösst die Technikverliebtheit an ihre Grenzen. Bosshart sieht deshalb die Kluft zwischen einer «Produktivitätskommunikation» der Unternehmen und der «Lustkommunikation», die die Menschen eigentlich interessieren würde.
Die Leute wollen lieber Spass mit ihrem Handy oder ihrer Spielkonsole haben, statt die nur wenig überzeugenden rein kommerziellen E- und M-Commerce-Projekte zu nutzen, die sich fast überschlagen. Bosshart: «Wer pausenlos Neues angeboten bekommt, der ermüdet und erlebt eine Klaustrophobie des Überflusses. Es gibt von allem zu viel und alles ist schon dagewesen. So what?» Trocken meint er: «Bin Laden lehrt uns: Vorsprung ist auch ohne Technik möglich, wenn man die Systeme durchschaut.»
Das schlichte Fazit: Produkte sollten benutzerfreundlich sein. «Verständliche Bedienungsanleitungen sind schön – aber besser wäre doch, man bräuchte überhaupt keine», findet Bosshart. Übertriebene Produktfunktionalitäten führen nur vom Wesentlichen weg. Technologie sollte eben nicht den Menschen dominieren, «friendly tech» sollte es sein. Denn wer nutzt schon alle Möglichkeiten, die ihm beispielsweise sein E-Mail-Programm bietet? (ava)