Internethandel wird erwachsen


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 1999/01

     

Der Handel im Internet entwickelt sich schneller, als selbst Optimisten erwartet haben. Das Marktvolumen übersteigt die Voraussagen deutlich, die Einkünfte stiegen 1998 um 200 Prozent auf 13 Mrd. Dollar.
Insbesondere der Weihnachtsverkauf brachte es an den Tag: E-Commerce wird erwachsen. Die Käufer haben – zumindest in den USA – Vertrauen gefasst. Dies geht aus einer Studie der Marktforschungsfirma Zona Research hervor, bei der mehr als 1000 Personen zu ihren Gewohnheiten und Erfahrungen beim Internet-Shopping befragt wurden.
Die amerikanischen User waren bereit, durchschnittlich 629 Dollar ihrer Weihnachtseinkäufe im Netz zu investieren, gegenüber gerade mal 216 Dollar im Jahr zuvor. Interessanterweise sind es die über Fünfundfünfzigjährigen, die am meisten ausgeben. Tätigte diese Gruppe 1997 noch Internet-Einkäufe im Wert von 281 Dollar, so stiegen ihre Zahlungen jetzt um sagenhafte 547 Prozent auf 1819 Dollar pro Kopf. 58 Prozent der Befragten hatten dieses Jahr erstmals etwas im Internet bestellt. 61 Prozent der Online-Käufer sagen, dass sie im laufenden Jahr noch mehr Geld im Netz ausgeben wollen. «Unsere Zahlen zeigen, dass das Web-Shopping zu einer ernst zu nehmenden Grösse in der US-Volkswirtschaft geworden ist», kommentiert der Chef-Ökonom von Zona, Jack Staff, die Ergebnisse der Untersuchung.
Die Anbieter sind optimistisch, dass der Trend über das laufende Jahr anhalten wird. Vielversprechende Anzeichen für das Vertrauen der Kunden sind die von vielen E-Commerce-Anbietern gemachten Beobachtungen, dass mehr Kunden als früher Aufträge in letzter Minute erteilten. In der Zeit vor Weihnachten wurden vermehrt Spielzeuge, Modeartikel und andere Produkte bestellt, deren Verkaufszahlen im Netz bis dahin deutlich hinter Büchern, CDs und Software zurück geblieben waren. Ausserdem haben mehr Benutzer als früher, die eine Site besuchten, dort auch tatsächlich etwas bestellt. Beim Internet-Klassiker Amazon.com tätigten über die Weihnachtszeit eine Million neuer Kunden einen Kauf. Amazon verschickte über die Feiertage mehr als 7,5 Mio Pakete.
Andere Institute bestätigen diesen Trend. Die Internet Research Group (IPG) etwa berichtet, dass die 15 Mio. Mitglieder von America Online zwischen dem 26. November und dem 27. Dezember 1998 für 1,2 Mrd. Dollar Ware bestellten. Während 1997 erstmals ein Tagesrekord-umsatz von einer Million Dollar erreicht wurde, waren es heuer am 17. Dezember, dem mit den höchsten Umsätzen, 36 Mio. Dollar.
Bei solchen Zahlen mag manchem Schweizer Internet-Anbieter schwindlig werden. Zwar nimmt die Internet-Nutzung auch hierzulande immer noch markant zu, wie eine Studie der Werbemedienforschung WEMF vom letzten Jahr belegt. Die Zahl der Personen, die sich mindestens einmal pro Tag ins Internet einloggt, hat sich 1998 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Der Anteil der Frauen ist dabei im Steigen begriffen. Dennoch sind laut WEMF unter den Surfern jüngere, gut ausgebildete Männer aus städtischen Verhältnissen und mit überdurchschnittlichem Einkommen immer noch massiv übervertreten. Benutzt wird das Internet hierzulande überwiegend zur Informationsbeschaffung und als Transportmedium für elektronische Post benutzt. Die Einkaufsmöglichkeiten hingegen werden eher zurückhaltend genutzt. Gerade neun Prozent der Anwender machen davon einigermassen regelmässig Gebrauch. Schweizer Anbieter geben denn auch zu verstehen, dass sich der Anteil von Internet-Bestellungen an ihrem Gesamtumsatz eher bescheiden ausnimmt und sich mit den Umsätzen, die in den USA erzielt werden, in keiner Weise vergleichen lässt. Oder zumindest noch nicht. (fis)


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