Computer-Expo Lausanne im Umbruch

Die Lausanner Computer-Messe steht am Vorabend tiefgreifender Veränderungen. Die Ausgabe 2002 blieb noch im üblichen Rahmen, wenn auch mit einer klar kleineren Besucherzahl gerechnet werden muss.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/08

     

Seit 20 Jahren verfolgt die Lausanner IT-Messe «Computer-Expo» ihren bescheidenen Weg, ohne sich vom Auftauchen (und Untergang) von spezialisierten Messen in diesem Land beunruhigen zu lassen. Dieses Jahr wurde die Zahl der angepeilten Aussteller (200) wie auch der Co-Aussteller (300) erreicht und die verkaufte Nettofläche wurde auf 14’000 Quadratmeter ausgedehnt.
Mit Ausnahme von Oracle und SAP gab es keine wichtigen Abwesenden, wenn auch Apple wieder auf die Teilnahme an der Westschweizer Messe verzichtete. So war Hewlett-Packard, die letztes Jahr eine Sonderschau im Eisstadion von Malley durchzog, wieder an der Computer-Expo dabei.

Neue Richtung, neue Ziele

Patrick Lehner, der neue Generalsekretär des «Groupemont romand de l’informatique» (GRI), der dieses Jahr die Fackel der Messeorganisation trug, hat der Computer-Expo resolut eine neue Marschrichtung verpasst. Mittelfristig allerdings wird sich die Messe ganz in Frage stellen müssen. «In zehn Jahren gibt es vielleicht gar keine IT-Messen mehr», sagt Patrick Lehner dezidiert.
Als erste Revolution wurde der Sektor mit den Konferenzen für Profis aufgemotzt. Die Vorträge wurden direkt auf vier Grossbildschirme übertragen, um einerseits mehr Publikum zu erreichen und andererseits die Hinwendung zu einer professionellen Besucherschaft klar zu dokumentieren. Radio- und Fernsehsendungen bringen einen modernen, interaktiven Touch.
Die Betonung auf Fachleute als Besucher zeigte sich auch mit der Erhöhung des Eintrittspreises von 18 auf 30 Franken. Hingegen hat sich der Flächenpreis um kein Iota bewegt, auch wenn Patrick Lehner die Preise, die gewisse Aussteller ihren Co-Ausstellern verrechneten, ziemlich deplaziert findet. Auf der anderen Seite haben die Organisatoren alles unternommen, um den Komfort für Besucher (breitere Durchgänge) und Aussteller zu erhöhen. Den Ausstellern wurden Dienstleistungen wie separate Büros oder die bessere Verteilung der Stände geboten.

2003 wird’s kritisch

Trotz all dieser Massnahmen kennt Lehner die Limiten des Platzes Lausanne, der wohl besser zur Landwirtschaft als zum terrtiären Sektor (Dienstleistungen) passt, sehr wohl. Dass die Organisatoren der Comdex sich nicht in Lausanne niederliessen, sondern ihre Zelte in Basel aufgeschlagen haben, obwohl der damalige Sekräter des GRI grosse Anstrengungen unternahm, ist bezeichnend.
Und da der Vertrag zwischen den Gründern der Computer-Expo, dem GRI und dem Lausanner Palais de Beaulieu 2003 ausläuft, sind grosse Veränderungen sehr gut vorstellbar. Manche Tabuthemen kommen nun auf den Tisch.
Lehner hat da einige Ideen im Kopf. «Warum keine reine B2B-Veranstaltung in Genf und eine Publikumsmesse in Lausanne?», fragt er sich. Natürlich laufen aber auch Diskussionen mit anderen Veranstaltungen und Messeplätzen. Ist Lehners Projekt angesichts des Schicksals der Orbit Home, die für Zürich vorgesehen war, aber wegen Aussteller-Desinteresses abgeblasen wurde, utopisch?
«Die Veranstalter haben nicht verstanden, dass das traditionelle Messerezept – aneinandergereihte Stände – nicht mehr den Bedürfnissen der Leute entspricht», sagt Lehner. Heute müsse man Ereignisse kreieren. Eine unausweichliche Entwicklung, da in den grossen Elektronik-Supermärkten leicht das ganze Spektrum der Produkte angeschaut und verglichen werden kann.

Überzeugen können

Wenn sich auch Lehner im Klaren ist, dass die Computer-Expo verändert werden muss, so ist es eine andere Sache, auch das GRI davon zu überzeugen, dass es höchste Zeit ist, sich der Globalisierung zu stellen. «Die Teilnahme eines Weltkonzerns an einer Messe wird heute nicht mehr auf lokaler Ebene verhandelt.
Wie soll man also Quadratmeter für eine Schweizer Messe verkaufen, wenn der Konzern gerade mal 5% seines Umsatzes in der Schweiz macht? Dazu kommt, dass die Romandie von diesen 5% auch nur einen Bruchteil ausmacht.»
Für Lehner überzeugt aber die Option, alles in Basel stattfinden zu lassen (was sich wohl einige «ennet der Saane» wünschen), überhaupt nicht. Der GRI-«Übervater» Emil Jucker hatte immer dafür gekämpft, dass Firmen in Lausanne an die Romandie angepasste (Sprache!) Lösungen zeigen. Mit der Globalisierung und dem Internet hat sich dieses Bedürfnis noch verstärkt. Die User suchen heute den persönlichen Kontakt, und Consulting/Service sind gefragt. Ein Grund mehr, allen Sirenengesängen aus Basel zu widerstehen.
Tatsächlich erlaubt eine lokale Veranstaltung in der Romandie den Kunden, sich Know-how und persönlichen Kontakt zu geringeren Kosten zu verschaffen, als wenn sie sich dafür über die Saane oder gar über den Jura mühen müssten. Ausserdem weiss man ja nicht im Voraus, ob an einer fernen Messe tatsächlich lokalisierte und an den Markt angepasste Lösungen zu finden sind.
(Pierre-Henri Badel)


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