Last-Mile-Tango


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2002/03

     

Böse Swisscom, böse, böse Comcom und allerbösestes Bundesgericht: So einfach präsentiert sich die Welt in den Statements diverser Telcos nach dem neuesten Entscheid der Comcom zur Entbündelung der letzten Meile.
Wenn’s doch nur so einfach wäre! Tatsächlich verhält sich Swisscom nur so wie sie muss – nämlich den Prinzipien der Gewinnmaximierung verpflichtet. Ähnliches gilt für die Comcom und das Bundesgericht – sie haben sich an die Gesetze zu halten. Die Kritik richtet sich an die falschen Adressaten.
Die Swisscom zur Entbündelung (zu deutsch: Verschenken der eigenen Infrastruktur an Konkurrenten) zwingen kann nur der Bundesrat oder allenfalls das Parlament. Diese aber sind vorsichtig – ein solcher Schritt müsste nämlich noch dem Wahlvolk verkauft werden. Das steht jedoch allem, was nach Privatisierung riecht, zunehmend skeptisch gegenüber.
Die Swisscom-Kritiker haben aber trotz allem durchsichtigen Eigennutz nicht nur Unrecht. Die exorbitanten Gewinne der Telefönler sind Monopolgewinne. Es lässt sich trefflich streiten, ob es richtig ist, diese Gewinne mit Aktienrückkäufen den Aktionären (dem Bund) auszuzahlen, für den Aufbau von weiteren Swisscom-Firmen (Swisscom IT Services) zu verwenden oder über Preissenkungen den Konsumenten weiterzugeben.
Letztlich ist es eine rein politische Frage, was Interkonnektion auf der letzten Meile und bei Mietleitungen kosten darf und welche Infrastruktur Swisscom den anderen Carriern zur Verfügung stellen muss. Den «Wert» der Swisscom-eigenen Infrastruktur berechnen kann man nicht.
Es gibt einen zweiten Monopolisten, von dem in letzter Zeit erstaunlich selten die Rede ist: Cablecom. Cablecom wurde von der US-Firma NTL zu teuer gekauft. In der Folge verzögerte Cablecom den Ausbau der eigenen Infrastruktur und versuchte die Preise für die Kabelfernsehkonsumenten zu erhöhen.
NTL ist unterdessen fast pleite und steht zumindest in Teilen zum Verkauf. Der Käufer (Microsoft?) wird genug Geld zum schnellen Aufbau einer Breitband-Infrastruktur haben. Das Swisscom-Monopol wankt eh.
Christoph Hugenschmidt
Chefredaktor


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER