Einkaufstour ohne Grenzen

Kurz vor den Sommerferien kam es zu einem erneuten Paukenschlag: Auf ihrer endlos scheinenden Einkaufstour übernimmt die Post nun Terreactive. Der Staatskonzern breitet seine Macht in der Privatwirtschaft aus – was ist davon zu halten?
2. September 2023

     

Was zunächst als harmlose Einzelakquisitionen zur «Arrondierung» der Dienstleistungen erschien, entpuppt sich heute als lange Einkaufsliste entlang einer kalkulierten Strategie: Die Post entwickelt sich abseits von ihrem Service-Public-­Auftrag zu einem mächtigen IT-Anbieter, und zwar unter dem Schirm eines staatlichen Monopols und mit dem Segen des Bundesrats. Über diese Strategie gibt es keine Transparenz, geschweige denn wurde sie vom Parlament abgesegnet.



Der Ursprung dieses Gebarens liegt in einem Problem, an der die Politik durchaus mitverantwortlich ist. Denn die Post soll einen Grund­versorgungsauftrag im Bereich Brief- und Paketversand erfüllen, der unabwendbar defizitär ist. Gleichzeitig soll sie selbsttragend sein. Somit können Defizite aus dem Post- und Paketbereich nur mittels Quersubventionierungen aus kommerziellen Tätigkeiten kompensiert werden. Im Vordergrund stehen dabei Erträge aus der Postfinance, für die in Vergangenheit ein Service-Public-­Bedürfnis geortet worden war. Hier ist das Parlament zum Ergebnis gekommen, dass der Ausweitung der Finanztätigkeiten der Post Schranken gesetzt werden und sie nicht beliebig in den Finanzbereich eindringen soll. Einen entsprechenden Vorschlag des Bundesrats hat es zurückgewiesen.
Anders bei der IT-Industrie: Hier pickt sich die Post fortlaufend Unternehmen aus diversen IT-Subindustrien und baut ihre Position am IT-Markt aus. Transparenz über die Kosten gibt es nicht, und kommuniziert werden stets vollendete Tatsachen. Nach aussen werden diese Akquisitionen als Erweiterung der Postdienstleistung in die digitale Welt verkauft. «Dort, wo sinnvoll, wächst die Post punktuell über Akquisitionen auch anorganisch», sagte die Post noch 2021. In einigen Bereichen ist das mit etwas Kreativität nachvollziehbar. Tatsächlich handelt es sich aber um einen eigentlichen Umbau des Postkonzerns zu einem Anbieter von vielfältigen IT-Dienstleistungen. Diese reichen von der digitalen Buchhaltung über gesundheitliche, behördliche und sogar Werbe­angebote – und mit dem Zukauf von Terreactive nun auch Cybersecurity.



Mit dieser Strategie mischt das Staatsunternehmen in einem privaten Markt mit, der ausreichend besiedelt ist und den Wettbewerb unter privaten Unternehmen sicherstellt. Es gibt genügend Firmen, die ein vielfältiges Angebot an IT-Produkten und -Dienstleistungen sowie Digitalisierungsprojekten anbieten. Es ist kein Marktversagen ersichtlich, das ein staatliches Eingreifen erforderlich macht oder ein Staatsunternehmen auf den Plan ruft, um einen Service Public sicherzustellen. Wenig überraschend stösst die Strategie der Post in der Branche auf Unverständnis.



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