Channel Insight: Das ideale Partner-Ökosystem
Quelle: zVg

Channel Insight: Das ideale Partner-Ökosystem

von Maurizio Campagnaro

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/11

     

Beim indirekten Vertrieb ist es nicht ­damit getan, Jahr für Jahr ein neues Channel-­Programm zu konzipieren und die umsatzstärksten Partner zu belohnen. Die Herausforderung besteht darin, die jeweiligen Key-Partner im Markt als Mitspieler, wenn nicht gar «Fans» zu gewinnen. Dazu gehört, dass man als Hersteller versteht, wo bei ­jedem einzelnen Partnertyp der Schuh drückt. Nehmen wir als naheliegendes – und wichtigstes – Beispiel zunächst den ­Sales-Partner. In einem B2B-­Umfeld, in dem die Anforderungen in immer hetero­generen Infrastrukturen zunehmend komplexer werden und der Trend vom Produkt zur Lösung geht, steigen die Erwartungen an den Partner, neben dem Produkt auch dessen Implemen­ta­tion oder Services drum­herum anzubieten.
Kleine und mittlere Reseller stehen vor einem Dilemma. Ihre Ressourcen fliessen ins Tagesgeschäft und für eine neue Strategie hin zum Lösungs- oder Serviceanbieter fehlen oft die zeitlichen und personellen Ressourcen. Umso wichtiger ist für sie die Wahl des richtigen Herstellers, dessen Produkte sich hinsichtlich Qualität und Marktnachfrage optimal verkaufen und der seinem Partner die geeignetste Unterstützung für die Markterschliessung und -bedienung bietet. Gleichwohl braucht es seitens des Partners Investitionen. Will er skalieren in Richtung Services, muss er sich beizeiten für sein Service-Angebot fit machen, das heisst in die Ausbildung seiner Leute investieren, damit sie befähigt sind, das Produkt nicht nur zu verkaufen und zu implementieren, sondern im ­Managed Service auch zu betreiben. Ist ein Partner dafür auf ewig vom Hersteller abhängig, gelingt die Skalierung keinem von beiden. Die Inve­stitionen lohnen: Je mehr Know-how da und auf mehr Köpfe verteilt ist, desto mehr Support kann geboten werden, was zu zufriedeneren Kunden führt, wenn diese im Idealfall auf 1st-, 2nd- und 3rd-Level alles aus einer Hand erhalten. Parallel wachsen Umsatz und ­Business. Und je grösser ein Partner wird, desto besser kann er sich auf flankierende Dienst­leistungen fokussieren. Es gibt erfolgreiche Beispiele von Partnern, die Eigeninvestitionen aufgewendet ­haben, um einen Managed Service auf Herstellerplattformen und eine 360-­Grad-Skalierung aufzubauen. Weiterer Vorteil: Mit positiven Erfahrungen in einem Bereich im Projektgeschäft vom Verkauf über Installation bis hin zu Dienstleistungen ist es einfacher, dies auf andere Produkte auszudehnen – voraus­gesetzt, auch der Hersteller ist parat und bietet Hand dazu. Die Hebel reichen von Spezialrabatten bis hin zu eigenen Schulungs- und Zertifizierungs­programmen.

In diesem Kontext kommt eine neue Perspektive auf das Partnernetzwerk ins Spiel. Nicht nur die Reselling-Partner, die direkt Umsätze mit dem Hersteller erzielen, sind Teil des ganzen Ökosystems. Sondern es sind auch Learning-, Training- und weitere Partner einzubeziehen. Wird in der Berufs-, Aus- und Weiterbildung bereits die Grundlage gelegt – etwa mit der entsprechenden Hardware oder mit spezifischen Lernmodulen – kann ein Diplom oder eine Zertifizierung auf diesem Wege Türen öffnen beziehungsweise perfekt für den Praxiseinsatz befähigen.

Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer Kategorien, die auf die ideale Partnerlandkarte gehören: Consulting-Partner beispielsweise helfen, einen Markt für eine neue Technologie vorzubereiten und haben aufgrund ihrer neutralen Beraterperspektive hohe Glaubwürdigkeit. Ähnliches gilt für Industriepartner oder Branchenorganisationen, über die Bekanntheit im Markt geschaffen und auf neue Technologien und Trends hin sensibilisiert werden kann. Jeder Hersteller muss in seinem spezifischen Umfeld ein Ökosystem aufbauen, das seine Interessen und Präferenzen teilt und das die Journey eines Kunden vom ersten möglichen Touch Point bis zum Aftersales abbildet. Ein Hersteller muss hierfür eine umfassende Ökosystempflege betreiben, die alle an der Kaufentscheidung direkt und indirekt beteiligten Personen und Organisationen umfasst. So gewinnen alle – der Hersteller, die Partner und der Kunde.


In der Rubrik «Channel Insight» lassen wir in jeder Ausgabe von «Swiss IT Reseller» eine Persönlichkeit aus der Schweizer IT- beziehungsweise Channel-­Szene zu Wort kommen.
Maurizio Campagnaro
Maurizio Campagnaro ist Channel Director der Enterprise Business Group (EBG) von Huawei Techno­logies Switzerland. Der Wirtschafts­informatiker bringt langjährige Channel-Erfahrung auf Distributor- und Reseller-Seite mit. Er hat zahlreiche erfolgreiche Channel-Strategien mit verschiedensten Herstellern verantwortet. Berufliche Stationen des 54-jährigen Schweiz-italienischen Doppelbürgers waren unter anderem IBM, Deloitte, Avnet, ­Business IT oder Anixter.


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