Think Digital: Da war doch was mit Social Selling
Quelle: zVg

Kolumne

Think Digital: Da war doch was mit Social Selling


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2021/06

     

Klar, Covid beraubt uns zumindest im Moment weitestgehend der Möglichkeit, soziale Kontakte wahrzunehmen. Nicht nur privat, sondern auch im Geschäft eine durchaus einschneidende Veränderung, auf welche sich Firmen und insbesondere die Verkaufspersonen einstellen müssen. Einige greifen, um der Veränderung zu begegnen, zum Brief, Telefon oder E-Mail, um Kontakt zu halten oder diesen aufzubauen. Andere setzen auf modernere Varianten wie Teams, Zoom oder andere videogestützte digitale Werkzeuge. Längst haben aber viele gemerkt, dass sich langsam eine gewisse Müdigkeit in Bezug auf diese digitale Kommunikation einstellt.

Aber es gibt auch Personen, welche das Social Selling für sich entdecken. Nicht nur um Kontakt zu halten, sondern auch um aktive Akquise zu betreiben. An und für sich eine gute ergänzende Möglichkeit, doch einige verstehen das eher neue Instrument meiner Einschätzung nach grundsätzlich falsch.


Vermutlich kennen Sie es bereits aus eigener Erfahrung. Zuerst der Vernetzungswunsch einer unbekannten Person, die auch entfernt nicht mal in der gleichen Branche arbeitet. Schon bereits die Einladung quillt über von Information. Und kaum hat man zugesagt, folgt die erste lange Botschaft, gefüllt mit belanglosem Text oder Hilfsangeboten. Und genau in dieser Weise geht es weiter und gipfelt auch schon mal in frechen und beleidigenden Aussagen.
Erschwerend ist, dass Teile dieser Informationen automatisiert erstellt werden. Dies natürlich in grosser Menge, damit es sich angesichts der geringen Erfolgsrate auch lohnt. Man muss es bald als Spam bezeichnen.

Wir sind auf dem besten Wege, damit in rasendem Tempo die an sich guten sozialen Geschäftsnetzwerke ins Abseits zu führen. Über 3 Millionen Personen in der Schweiz sind auf einem geschäftlichen Netzwerk aktiv. Sie beziehen wertvolle Informationen aus diesem Netzwerk und pflegen ihre Kontakte. Es gelingt ihnen dadurch, Geschäfte auf natürliche Weise anzubahnen. Einige wenige, die denken, Social Selling ersetze die ungeliebten Cold Calls oder gar das Marketing unserer heutigen Zeit und es herrsche Goldgräberstimmung, nutzen diese Chance falsch und zu Ungunsten aller anderen.

Betreiben nur wenige Prozent aller Netzwerker aktives Social Selling und sprechen die anderen Netzwerker derart forsch, ohne Grund und direkt an, wird es bald unerträglich, sich in einem geschäftlichen Netzwerk aufzuhalten und den ursprünglichen Nutzen daraus zu ziehen. Die Aufmerksamkeit für die wichtigen Inhalte sinkt drastisch. Dabei lässt sich Social Selling auch als angenehme Inbound-Variante betreiben, indem man etwas Nützliches zur Diskussion im Netzwerk beiträgt und seine eigene Kompetenz auf diese Weise unter Beweis stellt. Wer dies nützlich findet, kann – wenn er denn möchte – den Hashtag, dich oder deine Firma abonnieren. Hier liegt die Betonung ganz klar auf «möchte».

Verstehen Sie mich nicht falsch, ich selbst liebe geschäftliche Netzwerke. Ich nutze sie oft und ich hoffe, es gelingt mir, zum Dialog im Netzwerk etwas wesentliches beizutragen. Fakt ist allerdings: Ich erhalte ein Hilfsangebot nach dem anderen und kann mir beim besten Willen nicht den ganzen Tag helfen lassen. Netzwerke sind für diese Art der Geschäftsanbahnung aus meiner Sicht ungeeignet. Zudem sorgt die aktuelle Entwicklung dazu, dass Social Selling die Netzwerke respektive deren Nutzen als Dialogmedium stark belastet.

Wie bei allem, was ohne Mass betrieben wird, liegt auch hier die Antwort an einem anderen Ort und sicherlich nicht in einem marktschreierischen Verhalten einiger weniger. Besser erscheint mir da die Inbound-orientierte Variante mit hochrelevanten Informationen im richtigen Moment der entsprechenden Bedarfsphase.

Joerg Schwenk
Joerg Schwenk verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Schweizer Fachhandel und ist spezialisiert auf Onlinemarketing sowie Digitalvertrieb. In seiner Kolumne vermittelt er seine Einschätzungen, Erfahrungen und Ansichten rund um den ICT-Channel und freut sich auf Ihre Kontaktnahme beziehungsweise die Vernetzung auf Linkedin (www.linkedin.com/in/joerg-schwenk/).


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Welche Farbe hatte Rotkäppchens Kappe?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER