'Wir wollen noch weitere Partner aufnehmen'
Quelle: Huawei

"Wir wollen noch weitere Partner aufnehmen"

Urs Schneebeli, ­Channel Director, Enterprise Business Group bei ­Huawei Schweiz, im Gespräch über die ­Folgen der US-Sanktionen für den Channel sowie die Bedeutung der hiesigen Partner.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2019/11

     

Huawei hat Mitte Oktober zum Mobile Broadband Forum (MBBF) 2019 in Zürich geladen, um rund 1500 Gäste aus der ganzen Welt über die Möglichkeiten und Entwicklungen rund um 5G zu informieren. Unter anderem wurde im Rahmen der Veranstaltung zusammen mit Sunrise auch das europäische 5G Joint Innovation Center (siehe Kasten) eröffnet. "Swiss IT Reseller" hat sich am Rande der Veranstaltung mit Urs Schneebeli, Channel Director von Huaweis Enterprise Business Group in der Schweiz, getroffen. Schneebeli ist seit 2012 bei Huawei und hat seine neue Position seit Mitte 2018 inne. Er war während der letzten Monate zuerst mit dem Aufbau seines Channel-Teams und dann mit der Umsetzung kleinerer und grösserer Anpassungen am Partnerprogramm von Huawei beschäftigt. Im Interview spricht er über diese Anpassungen, über die Bedeutung des Channels für Huawei, über sein erstes Jahr im Amt und auch über die Auswirkungen der US-Sanktionen gegen Huawei auf den Schweizer Channel.

"Swiss IT Reseller": Rund um Huawei machen aktuell primär die US-­Sanktionen Schlagzeilen. Spüren Ihre Schweizer Partner im Enterprise-Bereich diese Sanktionen?
Urs Schneebeli: ­Selbstverständlich spüren auch unsere Partner in der Schweiz die Sanktionen. Zum einen sind sie ein grosses Thema sowohl bei den Partnern wie auch den Endkunden, was auch positive Aspekte hat – Huawei ist im Gespräch, und die Wahrnehmung der Sanktionen ist durchaus differenziert. Zum anderen gibt es natürlich auch eine gewisse Verunsicherung, was das Produktportfolio angeht, da nicht von Beginn weg klar war, welche Folgen die Sanktionen auf die Produkte für unsere Unternehmenskunden hat.


Gibt es denn Produkte, die vom Channel nachgefragt werden, und die Huawei aufgrund der Sanktionen nicht liefern kann?
Eigentlich nicht. Es mag sein, dass für einzelne Produkte etwas früher ein Nachfolger in der Pipeline ist. Dass aber eine ganze Produktlinie nicht mehr geliefert wird, ist nicht passiert.
Können Sie ausführen, welche Bedeutung das Partnernetzwerk für Huawei in der Schweiz hat?
Die Partner haben für uns im Enterprise-Bereich eine sehr grosse Bedeutung. Der Enterprise-Bereich umfasst bei Huawei den Bereich der Geschäftskundenlösungen, mit denen wir vom Kleinstunternehmen bis hin zum Grosskonzern jede Unternehmensgrösse bedienen. Beim Vertrieb dieser Lösungen stützen wir uns mit unserem indirekten Business-Modell zu 100 Prozent auf unsere Partner ab. Wir haben dabei sowohl Tier-1- wie auch Tier-2-Partner, also Value-Added-Partner sowie Value-Added-Distributoren, die wiederum Value-Added-Reseller bedienen.

Und es gibt keine Endkunden, die direkt betreut werden?
Die Ausnahme bestätigt die Regel, aber selbst dann, wenn ein Endkunde direkte Betreuung verlangt, treten wir zusammen mit einem Partner auf, allein schon deshalb, weil wir keine Fulfillment-Ressourcen haben.


Ist der 100-prozentige Fokus eine Vorgabe des Konzerns oder ein Entscheid von Huawei in der Schweiz?
Das Channel-Commitment wird von ganz oben vorgegeben. Es gibt allerdings Länder, in denen noch viel Direktgeschäft gemacht wird und das Channel-Geschäft erst noch aufgebaut werden muss. In der Schweiz hat Huawei für den Enterprise-Bereich jedoch vom Start weg voll auf den Channel gesetzt. Und die meisten Partner, die vor sieben, acht Jahren mit uns gestartet sind, sind auch heute noch an Bord.
Wie ist das Team aufgebaut, mit dem der Schweizer Channel betreut wird?
Wir sind ein kleines Team, bestehend aus vier Leuten. Neben mir als Channel Director finden sich zwei Channel-Manager sowie ein Mitarbeitender, der fürs Channel-Marketing verantwortlich zeichnet und die Operations Tools betreut. Ich betreue in erster Linie unsere drei Distributionspartner, bringe ihnen unser Partnerprogramm näher und unterstütze sie dabei, möglichst erfolgreich weitere Reseller an Bord zu holen. Die beiden Channel-Manager sind derweil in erster Linie für unsere Value-Added-Partner und Reseller da, wobei wir auf rund 35 Partner fokussieren, die eng durch uns direkt betreut werden, während sich die Distribution um die restlichen Partner kümmert.

Das ist abhängig vom Partner-Status?
Nicht unbedingt. Das ist vielmehr von der Art und Weise abhängig, wie der Partner mit uns zusammenarbeiten möchte und kann.


Können Sie trotzdem die verschiedenen Partner-Status bei Huawei ausführen?
Bei uns beginnen alle Partner mit dem Status als Authorized Partner. Dazu sind eine Registrierung und eine Zertifizierung auf dem ersten Level nötig. Erfüllen sie dann gewisse Anforderungen, können sie sich zum Silber- und dann auch zum Gold-Partner weiterentwickeln. Das sind unsere drei Tier-2-Partnerstufen.
Und wie viele Partner zählen Sie in welchem Status?
Wir arbeiten noch an der Optimierung der klassischen Partner-Pyramide. Aktuell stehen wir bei knapp zehn Gold-Partnern und bei rund 15 Silber-Partnern. Dahinter gibt es eine stark wachsende Zahl an Authorized-Partnern, und wir wollen und können noch weitere Partner aufnehmen – wir sind noch lange nicht überdistribuiert. Das hängt auch damit zusammen, dass wir ein sehr breites Lösungsportfolio anbieten, von Storage- und Server-Produkten über Netzwerk- und WiFi-Lösungen bis hin zu kompletten Datacenter-Lösungen. Damit sprechen wir auch eine breite Palette an Partnern an, denn längst nicht alle Partner verkaufen unser gesamtes Portfolio. Wobei ich festhalten möchte, dass sich zahlreiche Partner, die klassisch aus dem IT-Umfeld kamen und mit IP lange nichts am Hut hatten, zuletzt in diese Richtung entwickelt haben und so ihren Umsatz pro Kunde vergrössern konnten, indem sie ihm eine komplette ICT-Lösung anbieten können.

Gibt es spezifische Bereiche, in denen Huawei gerne weitere Partner gewinnen würde?
Die gibt es. Der Netzwerk-Bereich, wo ein Marktbegleiter dominiert, gehört hier dazu. Hier bieten wir den potenziellen neuen Partnern mit unseren Produkten eine spannende Möglichkeit, sich zu differenzieren. Auch im Bereich Firewall, Notstrom-Versorgung, Rack-Ausrüstung und Datacenter ganz generell stehen wir bezüglich Partner-Netzwerk eher am Anfang und wünschen uns weitere Reseller.
Und was muss ein potenzieller Partner grundsätzlich mitbringen, damit er für Huawei spannend ist?
Er muss in erster Linie engagiert sein, sich für unsere Lösungen interessieren, bereit sein, Kompetenzen aufzubauen, und er muss mit uns zusammenarbeiten wollen. Wenn diese Punkte gegeben sind, macht die Zusammenarbeit Spass und ist erfolgreich.

Und was kann Huawei im Gegenzug einem potenziellen Partner bieten, abgesehen vom breiten Produktportfolio, über das wir schon gesprochen haben?
Wir beschäftigen eine eigene Crew von Account-­Executives, die Partner in der Neukundenakquise mit Lead-Generierung unterstützt, unsere Lösungen am Markt positioniert und auch mit dem Partner zusammen Opportunitäten bearbeitet. Das wird seitens der Partner sehr geschätzt. Was rund um das Produktportfolio häufig vergessen wird ,sind die Service-Leistungen. Huawei bildet die Partner aus, damit diese selbst Service-Leistungen erbringen können, anstatt dass sie Maintenance-­Services des Herstellers verkaufen müssen. Sie können dank Ausbildungen und entsprechender Zertifizierung eigene Service-Leistungen zu unseren Lösungen entwickeln und anbieten.


Können Sie hierzu ein Beispiel machen?
Nehmen wir das Storage-Umfeld. In der IT ist es heute noch Usanz, dass ein Reseller eine Storage-Lösung zwar verkauft und installiert, wenn die Lösung im Lifecycle aber ein Problem verursacht, sich der Hersteller darum kümmert. Wir hingegen bieten dem Reseller die Möglichkeit, sich zum Certified Service Partner (CSP) zu entwickeln und seine technische Kompetenz durch Zertifizierung unter Beweis zu stellen, um dem Endkunden dann seinen 24/7-Service nach seinem Gusto anzubieten und sich durch seine Service-Leistungen zu differenzieren. Wir stehen ihm dabei mit unserem Technical Assistant Center – sprich unserem internationalen Supportdienst, der rund um die Uhr 24/7 auch in Deutsch bereitsteht und von den Partnern aufgrund seiner Kompetenz sehr geschätzt wird – unterstützend zur Verfügung.
Und wenn nun ein Partner Unterstützung vor Ort braucht?
Für solche Fälle beschäftigen wir in der Schweiz ein kleines Service Team, das in erster Linie Professional Services erbringt, also bei hochkomplexen oder ganz neuen Lösungen Hilfe leistet und unterstützend in Projekten tätig ist – auch vor Ort beim Kunden.

Auf Seite Distribution arbeitet Huawei in der Schweiz mit Alltron, Also sowie Absolut Distribution zusammen. Sind Sie diesbezüglich zufrieden?
Ja, ich bin grundsätzlich froh darüber, diese drei unterschiedlich gelagerten Distributoren an Bord zu haben. Ich habe mit Also einen multinationalen Disti, mit Alltron den stärksten rein nationalen Player und mit Absolut Distribution einen sehr fokussierten, dedizierten Distributor im Angebot. Reseller können somit wählen, mit welchem Partner sie sich am wohlsten fühlen.


Trainings und Zertifizierungen werden via Distributoren angeboten?
Grundsätzlich kümmern wir uns als Hersteller eigentlich direkt um die Trainings. Absolut Distribution allerdings ist seit Mitte 2018 Trainings-Partner, respektive besitzt einen sogenannten HALP-Status als Huawei Authorized Learning Partner. Dazu hat Absolut Distribution investiert, einen Trainer zertifiziert und ist heute in der Lage, in Teilbereichen offizielle Trainings selbst anzubieten. Daneben kommen unsere Trainings-Partner primär aus dem Ausland, von wo wir Trainer bei Bedarf einfliegen lassen, um hier vor Ort Trainings zu veranstalten.
Sie selbst sind seit gut einem Jahr in Ihrer jetzigen Position. Worauf haben Sie in dieser Anfangsphase den Fokus gelegt?
Zuerst ging es darum, das Channel-­Team zu rekrutieren und zu etablieren, was uns rasch gelungen ist. Danach mussten die Veränderungen im Partnerprogramm, die um den Jahreswechsel beschlossen wurden, kommuniziert werden. Unter anderem wurden Ende 2018 Back-end-Rabatte und Performance-Incentives auch für Tier-2-Partner eingeführt, was komplexer ist, als es tönt. Es brauchte hierzu einige Anpassungen bei den Partner-Tools, und einiges an Kommunikation mit den Partnern, damit sie sehen, wie es um ihre Perfomance und ihre Rabatt-Möglichkeiten steht.

In welchem Umfang können Sie solche Punkte des Partnerprogramms auf die Schweiz adaptieren? Etwa was Umsatzziele angeht?
Die Anpassungsmöglichkeiten sind bescheiden. Im Moment gelten dieselben Regeln für alle Länder der Region Westeuropa.


Hätten Sie hier gerne mehr Spielraum?
Gegenwärtig funktionieren die Vorgaben auch für die Schweiz. Ich habe aber in der Tat den Wunsch geäussert, hier gewisse Freiheiten zu bekommen, um auf die lokalen Gegebenheiten einzugehen, etwa was Umsätze angeht. Handkehrum hat ein harmonisiertes Programm mit den Nachbarländern auch gewisse Vorteile – so entsteht keine Übervorteilung von Partnern, die vom Ausland in die Schweiz verkaufen wollen.

Abschliessend noch: Worauf wollen Sie in den kommenden Monaten fokussieren?
Wesentliche Veränderungen stehen nicht an. Es geht vorerst primär darum, die bestehenden Partner weiterzuentwickeln. Zudem wollen wir die verschiedenen Partner-Tools, die wir erst vor einem Jahr in einem Partnerportal zusammengefasst haben, weiter optimieren und aufeinander abstimmen. Für kommendes Jahr hoffe ich, eine zusätzliche Personalressource für die Westschweiz zu bekommen. Und dann wollen wir wie bereits erwähnt neue Partner an Bord holen können.

5G Joint Innovation Center

Sunrise und Huawei haben im Rahmen des MBBF 2019 die Eröffnung ihres europäischen 5G Joint Innovation Center am Hauptsitz von Sunrise in Opfikon im Kanton Zürich verkündet. Das erklärte Ziel der Initiative ist es, 5G-Anwendungen im Privat- und Geschäftskundenbereich zu entwickeln und zu fördern. Das 5G Joint Innovation Center soll den Aufbau eines schweizerischen 5G-Ökosystems unterstützen, indem Sunrise und Huawei in einem Showroom 5G-Anwendungen vorstellen, die bereits lanciert wurden oder vor der Kommerzialisierung stehen. So sollen im Showroom etwa Anwendungen aus den Bereichen Smart Farming, Smart Manufacturing, Cloud Gaming sowie AR- und VR-Applikationen live gezeigt werden.


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