Firmen wollen keine gebrauchte Hardware
Quelle: Gisler Systems

Firmen wollen keine gebrauchte Hardware

Schweizer Firmen haben nur selten Interesse daran, gebrauchte PCs oder Notebooks einzusetzen. Entsprechend schwierig gestaltet sich hier der Verkauf gebrauchter Hardware.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2019/03

     

Der Verkauf von gebrauchter Hardware ist ein eher schwieriges Pflaster – zumindest im Unternehmens­umfeld hierzulande. Adrian Egger, VP Purchase & Sales CH-D beim Urdorfer IT-Remarketing-Unternehmen Gisler Systems, über die Gründe: "Die Schweiz ist kein Land, in welchem viel gebrauchte Hardware wieder in den Einsatz kommt. Hauptsächlich werden unsere gebrauchten Geräte von Privatpersonen gekauft. Die neuen Geräte sind hierzulande und im Ausland etwa gleich teuer, allerdings ist die Kaufkraft im Ausland eine geringere." Entsprechend kommt eher ein günstiges Consumer-Gerät oder ein gebrauchtes Business-­Gerät in Frage. "Nebst dem Aspekt, dass Consumer-Geräte nicht auf Langlebigkeit ausgelegt sind, kommt hier auch ein ökologischer Gedanke ins Spiel: Durch den Kauf von gebrauchten Business-Geräten generiert man weniger Belastung für die Umwelt. Denn die Ressourcen, die man in die Produktion eines Geräts investieren muss, sind beachtlich. Vor allem wenn es nur eine Lebensdauer von zwei bis drei Jahren hat, entspricht dies nicht dem Green-IT-Gedanken", so Egger.


Aber auch wenn der Markt für gebrauchte Hardware im Unternehmenseinsatz in der Schweiz sehr klein ist, so gibt es ihn doch, erklärt Egger – zumindest für gewisse, sehr neuwertige Geräte. "Wenn wir die Geräte in der Schweiz weiterverkaufen, dann geben wir eine Gewährleistung und Garantie. Oft gilt bei diesen Produkten ohnehin noch die Herstellergarantie, weil sie so neu sind", so Egger. Und er räumt mit dem verbreiteten Mythos auf, dass gebrauchte Hardware gleichbedeutend mit alter Hardware ist. "Teilweise handelt es sich etwa um halbjährige Geräte, die zum Beispiel aufgrund eines eingestampften Projekts nicht mehr gebraucht werden. Für uns sind brandaktuelle bis neunjährige Geräte noch brauchbar, je nach Kundenbedürfnis", führt er aus.

Ankauf in der Schweiz

Während der Verkauf von gebrauchter Hardware vor allem im Ausland geschieht – hierzu setzt Gisler Systems auf die Zusammenarbeit mit Partnern in den verschiedenen europäischen Ländern –, passiert der Ankauf gebrauchter Geräte in der Schweiz. Zum einen über langjährige Partner, also IT-Dienstleister, "die ihren Kunden den gesamten Lifecycle anbieten wollen und daher mit uns Kontakt aufnehmen", sowie zum anderen direkt über Unternehmen, die ihre alte Hardware abstossen wollen. Unternehmen, die auf der Suche nach einer Firma für das IT-Remarketing sind, rät Egger, vorbeizugehen und zu sehen, wie die Prozesse ablaufen. "Papier ist geduldig, der persönliche Eindruck sagt mehr darüber aus, ob man es mit einem seriösen Partner zu tun hat."

Ein wichtiger Aspekt beim Geräte-Ankauf ist die Datenlöschung. Egger: "Dies ist eine unserer Kernkompetenzen und führen wir bei uns vor Ort aus. Das ist insbesondere in Bezug auf das Datenschutzgesetz relevant. Dabei wird der gesamte Prozess dokumentiert. Das Unternehmen, welches uns die Geräte verkauft, erhält am Ende des Projekts für jedes Gerät ein Zertifikat, das die Datenlöschung protokolliert", erklärt Egger. Doch nicht nur die Datenlöschung übernimmt Gisler Systems für die Unternehmen, sondern auch den gesamten Entsorgungsprozess. So organisiert das Unternehmen etwa die ganze Logistik, kümmert sich auf Wunsch des Kunden um die Verpackung der Geräte vor Ort und den Transport ins Gisler-eigene Datenlöschcenter. Entgegengenommen werden dabei alle gebrauchten Geräte. "Wir entscheiden dann, welche wir weitervermarkten können und welche nicht. Wenn wir etwas nicht weitervermarkten können, dann entsorgen wir das ordentlich und führen es dem Recyclingprozess hierzulande zu."


Gefragt sind aktuell vor allem Notebooks, PCs und Monitore. "Zudem nimmt die Zahl der Mobilgeräte, sprich Smartphones und Tablets, zu. Noch machen sie aber keinen grossen Teil des Umsatzes aus." Er gibt dabei zu bedenken, dass man als Händler von gebrauchter Hardware der aktuellen Entwicklung immer ein paar Jahre hinterherhinke.

600 Geräte parallel löschen

Nach dem Entgegennehmen der Geräte beginnt der Audit-Prozess mit der Datenlöschung. Adrian Egger erklärt: "Wir haben bei uns Produktionsstrassen für PCs und Notebooks, 600 Geräte können gleichzeitig an das interne Netzwerk geschlossen werden, über welches wir die Datenlöschsoftware verteilen." Dabei werden in einem ersten Schritt alle Konfigurationsdaten aus den Geräten ausgelesen, beispielsweise die Prozessor­art, Seriennummer, Typ, RAM oder die MAC-Adresse. Danach beginnt die Datenlöschung. "Hier gibt es verschiedene Normen, wobei bei der höchsten die HDDs vom ersten bis zum letzten Sektor mehrmals überschrieben werden. Wir können auch SSDs löschen." Geräte, die Gisler Systems etwa aufgrund eines mechanischen Defekts oder weil sich der Prozess aufgrund des sehr alten Geräts nicht mehr lohnt, nicht löschen kann, werden geschreddert. Zudem werden die Geräte während des ganzen Löschprozesses getestet, sprich alle Komponenten werden dabei relativ stark beansprucht, um zu sehen, ob das Gerät hält. Schliesslich erhält der Kunde eine Projektabrechnung. Diese setzt sich aus den wiederverwendbaren Geräten und ihrem geschätzten Marktpreis sowie den Kosten für die ordnungsgemäss entsorgten, weil nicht mehr weiterverkaufbaren Geräte zusammen.


Pro Jahr werden bei Gisler Systems so etwa 60’000 bis 70’000 Geräte gelöscht. Die Auftragsgrösse beginnt bei rund 20 Geräten und reicht hoch bis zu 10’000 Geräten.

Hersteller sind gelassen

Von Seiten Hersteller spürt man bei Gisler Systems keine Vorbehalte gegenüber dem Handel mit gebrauchter Hardware. Egger erklärt: "Unser Geschäftsmodell ist ja nicht wirklich ein kannibalisieren des Herstellergeschäfts. In der Schweiz wird nicht viel gebrauchte Hardware in Firmen reinverkauft, also schenken die Hersteller diesem kleinen Geschäftszweig nur geringe Beachtung." Zudem ist sich Egger sicher, dass der Schweizer Markt für den Verkauf von gebrauchter Hardware an Firmen auch künftig relativ klein bleiben wird. Denn Sinn macht der Einsatz von gebrauchter Hardware in Unternehmen vor allem dann, wenn man beispielsweise im dritten Jahr des ordentlichen Hardware-Lifecycle ist und aufgrund eines Unternehmenswachstums plötzlich 50 Geräte fehlen. "Entweder kaufe ich dann 50 neue Geräte, die aber nicht den anderen eingesetzten entsprechen, oder aber ich setze 50 identische, dafür gebrauchte Geräte ein und kann so die Zeit bis zum ordentlichen Ersatz aller Geräte überbrücken", nennt Egger ein Beispiel.


Was Gisler Systems in den letzten Jahren im Markt hingegen vor allem gespürt hat, sind die sinkenden Preise für Hardware. Sowohl für die Hersteller, aber auch für Gisler Systems, sind die Margen in den vergangenen Jahren immer kleiner geworden – auch wenn sich die Lage laut Einschätzung von Egger mittlerweile stabilisiert hat und die Geräte nicht mehr günstiger werden. Entsprechend erklärt Egger: "Wir verdienen Geld durch die reine Masse. Vor elf Jahren konnten wir 100 Geräte parallel löschen, jetzt sind wir bei den erwähnten 600 Geräten."
Gisler Systems
Das IT-Remarketing-Unternehmen mit Sitz in Urdorf und 15 Mitarbeitenden verfügt über 20 Jahre Erfahrung in der professionellen Wiedervermarktung von gebrauchtem IT-Equipment. In ganz Europa kauft und verkauft Gisler Systems IT-Hardware von PCs über Notebooks, Monitore, Drucker, Smartphones und Tablets bis hin zu Midrange- und Mainframe-Servern aller namhaften Hersteller.

"Eine grosszügige Garantieleistung unterstreicht die Seriosität eines Händlers"

Wieso ist der Handel mit gebrauchter Hardware für Sie ein spannendes Betätigungsfeld und ist in der Schweiz ein Markt für den Einsatz von gebrauchter Hardware in Unternehmen da?
Der Handel mit gebrauchter Hardware ist für uns seit der Gründung im Jahr 1996 interessant, weil wir damit dem Endkunden eine Alternative zu Neugeräten anbieten und gleichzeitig eine höhere Marge realisieren können. Die meisten unserer Kunden sind Privatpersonen, aber auch für Schulen und Unternehmen kann der Kauf von Occasionen interessant sein. Firmenkunden können damit beispielsweise vorhandene Hardware sehr günstig mit baugleichen Geräten ergänzen oder diese als preiswerte Ersatzteillager nutzen.

Woran erkennt man einen erfahrenen und seriösen Händler von gebrauchter Hardware? Welche Kriterien sind bei der Wahl des Händlers unbedingt zu berücksichtigen?
Wir sind der Meinung, dass eine grosszügige Garantieleistung die Seriosität eines Händlers unterstreicht. Wir legen selbst viel Wert darauf und gewähren zwölf Monate Garantie auf alle gebrauchten Geräte. Das schafft viel Vertrauen bei den Käufern. Ebenfalls von Vorteil ist, wenn die Hardware vor dem Kauf besichtigt und getestet werden kann. Wenn Ware nur online erhältlich ist, sollte die Beschreibung der technischen Daten und des optischen Zustands möglichst ausführlich sein.


Wie entwickelt sich der Markt für gebrauchte Hardware aus Ihrer Sicht, gerade auch in Hinblick auf As-a-Service-­Geschäftsmodelle?
Wir schätzen den Markt weiterhin positiv ein und erhalten laufend Angebote von Unternehmen, die sehr interessiert daran sind, ihre ausrangierte Hardware noch zu einem fairen Preis an uns weiterzugeben. Auch attraktiv sind damit verbundene Dienstleistungen wie sichere Datenlöschung. Die As-a-Service-Geschäftsmodelle könnten ebenfalls dazu beitragen, dass die an Kunden zur Verfügung gestellte Hardware nach Vertragsende wieder als preiswerte Occasion bei uns im Onlineshop landet.

"Die Nachfrage an günstiger gebrauchter Hardware ist klar wachsend"

Wieso ist der Handel mit gebrauchter Hardware für Sie ein spannendes Betätigungsfeld und ist in der Schweiz ein Markt für den Einsatz von gebrauchter Hardware in Unternehmen da?
Gebrauchte Hardware erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Unsere Kunden kommen aus allen Bereichen. Insbesondere Familien mit geringem Budget nutzen die bis zu 90 Prozent günstigeren Preise gegenüber Neuware. Auch öffentliche und private Schulen oder Gemeindeverwaltungen nutzen unser breites Angebot. Private und Unternehmen setzen vermehrt auf gebrauchte Hardware. Unternehmen, ob klein oder gross, profitieren von günstigen Preisen. Sie ergänzen oder ersetzen ihre bestehende IT mit gebrauchter Hardware.

Woran erkennt man einen erfahrenen und seriösen Händler von gebrauchter Hardware? Welche Kriterien sind bei der Wahl des Händlers unbedingt zu berücksichtigen?
Neben professionell wiederaufbereiteten Computern und Notebooks steht die Software im Vordergrund. Wiederaufbereitete PCs werden mit vorinstallierter Microsoft-Originalsoftware und Microsoft-Windows-Echtheitszertifikat, das Certificate of Authenticity (COA), angeboten. Seriöse Händler sind also Partner des Microsoft-Refurbisher-Programms. Gebrauchte Hardware mit vorinstalliertem, vorkonfiguriertem und vor allem aktiviertem Windows ist mit Misstrauen zu begegnen.


Wie entwickelt sich der Markt für gebrauchte Hardware aus Ihrer Sicht, gerade auch in Hinblick auf As-a-Service-Geschäftsmodelle?
Die Nachfrage an günstiger gebrauchter Hardware ist klar wachsend. As-a-Service-Geschäftsmodelle hingegen sind bei gebrauchter Hardware wenig gefragt. Überwiegend ist der Kauf der gebrauchten Hardware günstiger als die Vermietung. (abr)


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