Smartphone als beliebte Game-Plattform

Der PC hat die Game-Konsole als bevorzugte Spielplattform abgelöst und mobile Endgeräte werden als Game-System immer beliebter. Die Hoffnungen ruhen auf PS4 und Xbox One.

Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2013/11

     

Tablets und Smartphones sind daran, die Gaming-Branche auf den Kopf zu stellen. Denn wie eine aktuelle Untersuchung von Superdata Research zeigt, spielen bereits 13 Prozent der Gamer bevorzugt auf einem solchen mobilen Gerät. 2008 lag dieser Anteil noch bei 5 Prozent. Diese Entwicklung beobachtet man auch bei diversen Schweizer Händlern, wie eine Anfrage von «Swiss IT Reseller» zeigt. So erklärt etwa Patrick Kuhn, Group Product Manager/Entertainment bei Media Markt Schweiz: «Diesen Trend verspüren auch wir, da der Markt im klassischen Gaming zweistellig rückläufig ist. Titel wie Angry Birds haben gezeigt, dass man auf Smartphones und Tablets tolle Spiele spielen und auch für wenig Geld grossen Spass haben kann. Für kurze Unterhaltung oder eine kleine Ablenkung sind diese mobilen Geräte ideal. Sie haben aber eher einen negativen Einfluss auf die Gameboys und PSPs.» Ähnlich schätzt die Lage Peter Späni, Leiter Beschaffung bei Interdiscount, ein: «Für mobile Geräte gibt es mittlerweile ein riesiges Angebot an günstigen und kostenlosen Spielen. Die Nutzer sind in erster Linie so genannte Casual Gamer, die einfach gerne und gelegentlich ihren Spieltrieb ausleben.»

Konsole hat Beliebtheit eingebüsst

Wer gedacht hat, dass die Konsole nach wie vor das beliebteste Gerät zum Gamen ist, der irrt sich. Denn waren es 2008 noch 42 Prozent, die auf einer Konsole spielten, so sind es aktuell nur 30 Prozent. Während also vor fünf Jahren die Konsole noch das beliebteste Gaming-Instrument war, hat ihr der PC inzwischen den Rang abgelaufen. In der aktuellen Untersuchung, für die 1105 US-Gamer befragt wurden, zeigt sich, dass 51 Prozent der Gamer auf dem PC spielen, während es vor fünf Jahren 37 Prozent waren. Bei Digitec beobachtet man einen ähnlichen Trend, wie PR-Managerin Stefanie Hynek erklärt: «Insbesondere bei grafikintensiven Spielen hat der PC wieder an Bedeutung gewonnen. Dies schlägt sich auch in den Verkäufen nieder.» So sei bei Digitec der Verkauf von Konsolen in den letzten zwölf Monaten etwas zurück gegangen. Hynek betont aber auch: «Es gibt jedoch auch Einflussfaktoren, die den Verkauf spürbar angeregt haben.» Dabei spricht sie beispielsweise vom kürzlich lancierten Game-Klassiker GTA 5.
Nach seiner Einschätzung gefragt, meint Späni von Interdiscount: «Gemäss unseren Erfahrungen unterscheiden sich die beiden Bereiche Konsolen-Gaming und PC-Gaming stark voneinander und stehen in keiner direkten Beziehung. Spricht man vom Konsolenmarkt, so ist dieser in der Schweiz aktuell rückläufig. Der Bereich PC-Gaming hat nur leicht abgenommen.» Bei Steg Electronics fokussiert man sich derweil bereits seit längerer Zeit auf die Desktop-PCs und hat nur wenige Spielkonsolen im Sortiment, wie Reto Stöckli, Einkaufsleiter und CPO, erklärt. Und er ergänzt: «Wir bemerken eine steigende Nachfrage nach leistungsstarken Gamer-Desktops.»
Media Markt betrifft diese Entwicklung derweil wenig. Man habe das Konsolen-Gaming seit der ersten Stunde begleitet und entsprechend die Kundenklientel aufgebaut. «Daher haben wir immer noch sehr grosse Anteile an Konsolenspielern, die bei uns einkaufen. Dies zeigt auch der aktuelle Top Titel GTA 5, den es zurzeit nicht auf PC gibt. Es war schon immer so, dass Konsolen und PC sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten. In der Regel waren es Strategiespiele und Ego-Shooter, die auf PC besser vertreten waren als auf Konsolen. Hingegen wurden Sportspiele und «Jump and Run»-Spiele eher auf Konsolen gespielt», so Kuhn.

Multifunktionalität als Plus

Des weiteren offenbart die Studie, dass die Spieler vermehrt dazu tendieren, auf Geräten zu gamen, die mehr können als nur Spiele oder Filme abzuspielen. Für Stöckli von Steg Electronics ist die Multifunktionalität von PCs, Tablets und Smartphones denn auch einer der Gründe, wieso diese Geräte bei Gamern immer beliebter werden. «Mit einem PC, Smartphone und Tablet können sie neben gamen auch andere Funktionen ausüben. Zum anderen wird das mobile Gamen immer beliebter – diese Bedürfnisse werden mit einer Gaming-Konsole nicht abgedeckt», führt Stöckli aus. Auch Daniel Rei, PR-Manager bei Brack Electronics, ist der Ansicht, dass Smartphones und Tablets vieles besser können als mobile Spielkonsolen, da sie «nicht nur den Part der mobilen Konsole, sondern auch den des MP3-Players, des E-Book-Readers und vieler Geräte mehr» übernehmen.

Für Späni von Interdiscount steht bei Smartphones und Tablets derweil vor allem Zeitvertreib und Spass im Vordergrund: «Vor allem Smartphones sind mobil, man hat sie immer dabei und Spiele sind einfach und günstig zu downloaden.» Den günstigen Preis und die Einfachheit der Bedienung führt auch Kuhn von Media Markt als Hauptgründe für die Popularität von Tablets und Smartphones an. Und auch Rei von Brack nennt unter anderem den Preis als Grund für die aktuelle Entwicklung im Gaming-Markt. Zudem ergänzt er: «Nicht nur traditionelle Handygames-Anbieter wie Gameloft, sondern auch grosse Videospielhersteller wie EA, Konami, Square Enix und Sega entwickeln inzwischen für iOS und Android.» Zudem sei die aktuelle Konsolengeneration mittlerweile relativ betagt – «Grafikwunder sind eher auf dem PC zu geniessen».

Erwartungen an PS4 und Xbox One

Die Lancierung der neuen Konsolen von Sony und Nintendo, die bevorsteht, könnte den Trend weg von der Konsole hin zum PC eventuell wieder umdrehen. Dieser Meinung ist auch Späni von Interdiscount: «Wir gehen davon aus, dass sich der Trend mit der Lancierung der neuen Playstation 4 und der neuen Xbox One wendet und der Konsolenmarkt wieder zulegen kann.» Ins selbe Horn bläst Kuhn von Media Markt Schweiz: «Der Trend wird sich etwas abschwächen und ändern, da ab November die neuen Konsolen auf den Markt kommen. Es wird eine Verschmelzung von Entertainment geben. TV, Gaming und Kommunikation werden sich mehr verbinden und im Wohnzimmer Einzug halten. Apps werden sicher im portablen Bereich weiter dem Gameboy und den PSP-Plattformen den Platz streitig machen.» Bei Digitec erwartet man derweil, dass der Trend in Richtung PC-Gaming und weg von der Konsole weitergehen wird, wenn auch verlangsamt. «Kommende Konsolengenerationen könnten dem aber durchaus entgegenwirken und die Konsolen als Spielplattform stärken», erklärt Hynek. Der Erfolg kommender Konsolen hängt dabei laut der PR-Managerin nicht zuletzt davon ab, wie erfolgreich die Hersteller neue Funktionen in ihr Ökosystem einbauen. Bei Digitec selbst erhofft man sich von der Playstation 4 und der Xbox One einen positiven Einfluss aufs Geschäft – «auf Gaming im Allgemeinen, aber auch auf Zubehör und Spiele».

Auch Rei von Brack ist der Ansicht, das Geräte wie etwa die Playstation 4 oder die Xbox One immer noch in der Lage sind, zum Start einen Hype auszulösen – «es sei denn, die Hersteller vergraulen die Vorbesteller mit viel zu wenig lieferbaren Grundgeräten oder mit schlicht irrelevanten Fortsetzungen kom­­merziell erfolgreicher Spielserien». Längerfristig werden sich Rei zufolge diejenigen Systeme durchsetzen, die die besten Spielerlebnisse bieten. Bei Steg sind die Erwartungen an die neuen Konsolen gering, da dieses Geschäft nur eine kleine Bedeutung hat. Stöckli weiss aber: «Es besteht allgemein eine sehr grosse Nachfrage bei diesen Produkten, welche gemäss meiner Einschätzung in den ersten Tagen und Wochen nicht abgedeckt werden kann.»

Inhalte auch wichtig

Späni von Interdiscount gibt des weiteren zu Bedenken, dass es nicht nur auf die Konsolen ankommt, sondern auch auf die verfügbaren Inhalte. «So haben Top-Titel wie GTA5 und Fifa 14 bei Interdiscount nicht nur zu einem extrem starken Software-Absatz geführt, sondern sind auch nach wie vor gute Gründe, sich die neueste Konsolengeneration zuzulegen», ergänzt der Leiter Beschaffung. Entsprechend hoch sind bei Interdiscount denn auch die Erwartungen an die beiden neuen Konsolen. «Wir haben bereits viele Vorreservationen seitens Kundschaft erhalten und hoffen, dass wir die Kundennachfragen in der Startphase abdecken können», so Späni. Bei Media Markt Schweiz registriert man ebenso eine grosse Nachfrage nach der PS4. Aber auch Kuhn betont: «Eine Plattform ist immer so stark wie die Inhalte der Spiele und die Beliebtheit der Figuren.»
(abr)


Artikel kommentieren
Kommentare werden vor der Freischaltung durch die Redaktion geprüft.

Anti-Spam-Frage: Vor wem mussten die sieben Geisslein aufpassen?
GOLD SPONSOREN
SPONSOREN & PARTNER