Channel Insight: Guten Morgen, es darf gedruckt werden
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Channel Insight: Guten Morgen, es darf gedruckt werden


Artikel erschienen in Swiss IT Reseller 2011/06

     

Kaum eine Woche vergeht, in der nicht ein erfahrener Analyst die Geburt des papierlosen Büros prophezeit. Schliesslich sind wir alle global-medial-multilateral vernetzt, geschult im Umgang mit digitaler Technologie, und das ökologische Bewusstsein zählt zur soliden Soft-Skill-Ausstattung.
Doch ein Blick auf einen Büroflur offenbart eine andere Seite der Wahrheit. Dort treffen wir einen langjährigen Mitarbeiter, vielseitig talentiert, stets hilfsbereit und äusserst diskret. Die Firma kommt ohne ihn nicht aus, er gehört quasi zum Inventar. Wie viele Geschichten könnte er den Papierlos-Propheten aus seinem Leben erzählen! Aber man gibt ihm keine Stimme. Denn er ist ja nur der Kopierer. Pardon, Multifunktionskopierer – soviel Zeit muss sein.
Schauen wir genauer hin an einem, sagen wir, Montagmorgen: Unsanft wird unser Protagonist aus seinem energiesparenden Stand-by-Modus geweckt. Wieder einmal das digitale Bürozeitalter verschlafen? Mitnichten. Es gibt zu tun. Wie jeden Morgen herrscht emsiges Treiben. Routiniert und unbeachtet beginnt unser Multitalent sich aufzuwärmen und richtet sich aus. Ein schnelles Frühstück, 1000 Blatt Papier, das muss reichen bis zum Mittag. Viel Zeit bleibt nicht, er wird gebraucht. Die Realität schert sich nicht um Trends, Drucken und Kopieren ist angesagt, und bitte schön physisch. Der erste Auftrag ist gleich ein Klassiker: Ein Aussendienstmitarbeiter möchte einen Kalendereintrag drucken, damit er seinen Kundentermin nicht vergisst. Gibt es dafür nicht Apps und Reminder auf dem Smartphone? Sei’s drum, zum Philosophieren bleibt für ihn keine Zeit, die Warteliste drängt. Als nächstes folgt ein Druck­befehl aus der virtuellen Welt – jemandem reicht es offenbar nicht, Onlinebeiträge am Bildschirm zu lesen. Unverbesserlich, denkt sich unser Protagonist, und als kleinen Appell an das Öko-Gewissen gestaltet er die Seite etwas um und kürzt mal eben ein, zwei Zeilen heraus. Er weiss: Nach dem Lesen landet das Blatt mit Naturbaum-Label sowieso im Altpapier. Und solange man ihn nicht in den wohlverdienten Ruhestand schickt und durch ein Multifunktions­gerät der Generation 2.0 ersetzt, wird er sich diese Freiheit auch weiterhin nehmen! Langsam macht sich eine leichte Verspannung bemerkbar, denn seit einer gefühlten Ewigkeit lastet ein Stapel gedruckter Unterlagen auf ihm. «Vertraulich» steht darauf, aha. Das hat wohl jemand hier vergessen oder aus Versehen zu ihm geschickt. Aber er fragt sich schon lange nicht mehr, warum bei seiner Installation ausgerechnet am Follow-me-Printing gespart wurde. Offenbar wurde ganz auf die Zuverlässigkeit der arbeitenden Bevölkerung vertraut. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist sicherer. Ist ja längst kalter Kaffee.
Zugegeben, unser Protagonist ist nicht der Schönste. Auch seine Ausdünstung stösst nicht immer auf Gefallen. So wird er zwar rege in Anspruch genommen, aber ansonsten meist vernachlässigt. Das frustriert ihn manchmal so sehr, dass er einfach still steht, und voilà: Schon kommen sie händeringend herbeigelaufen und schenken ihm die gebührende Beachtung. Sein Selbstwertgefühl ist wieder hergestellt. Alle, alle brauchen sie ihn!
Aber nicht jeder kann mit seinen Fähigkeiten umgehen und weiss sein Potential zu schätzen. Stichwort digitale Ablage: Immer noch werden Massen von Dokumenten ausgedruckt und aufwendig in Ordnern verstaut. Dabei könnte man die schon seit Langem entwickelte Scan-Funktion ausführen und Unterlagen effizient, sicher und zentral elektronisch archivieren. Unser druckendes Multitalent weiss sich zu organisieren, er kennt alle IP-Adressen, Formate und Verschlüsselungen aus dem Eff-eff. Digital funktioniert! Doch der Mensch löst sich ungern von Gewohntem, und diese Tatsache macht der Vision vom papierlosen Büro endgültig den Garaus. What you get is what you see – Papier zum Anfassen ist eben doch schöner.
Das Fazit freut die Hersteller, und es freut uns Lösungsanbieter: Ein Ende des Druckers ist nicht in Sicht. Also machen wir etwas daraus! Geben wir ihm ein ästhetisches Design, produzieren wir ihn energieneutral und recyclebar, machen wir ihn Smartphone- und Web-tauglich. Hören wir auf, ihn mit Funktionen vollzustopfen, die nicht wirklich genutzt werden. Und schenken ihm endlich auch mal etwas Beachtung. (Petra Gianella)

Petra Gianella

Petra Gianella ist Marketing Communications Manager bei TA Triumph-Adler Visinfo. TA Triumph-Adler, ein etablierter Document-Management-Spezialist, denkt bei seinen Lösungs­ansätzen nach eigenen Angaben «auch gerne mal aus einem anderen Blickwinkel.» Das Unternehmen mit Hauptsitz in Deutsch­land ist weltweit in über 60 Ländern tätig. Der Schweizer Hauptsitz ist in Embrach, ausserdem finden sich Niederlassungen in Basel, Bern, St. Gallen und Lausanne.

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In der Rubrik «Channel Insight» lassen wir in jeder
Ausgabe von Swiss IT Reseller eine Persönlichkeit aus der Schweizer IT- beziehungsweise Channel-Szene zu Wort kommen.


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